Im Prozess um die illegale Beschäftigung von Ukrainern und Moldauern bei einem Gemündener metallverarbeitenden Betrieb gaben zwei angeklagte leitende Angestellte aus Gemünden nun ausführliche Einlassungen ab. Sie gingen von einer legalen Beschäftigung der Arbeiter aus, so der Tenor. Dagegen beschuldigten sie den zwischenzeitlich verstorbenen, damaligen Geschäftsführer aus Ravensburg schwer. Vor dem Würzburger Landgericht sind knapp 50 Fälle angeklagt. Der Kopf einer nur zum Schein gegründeten Leiharbeitsfirma, ein Mann aus Lauda, verband seine Aussage mit einem Geständnis.

Im Mittelpunkt standen die Aussagen der beiden Gemündener Angeklagten, 49 und 48 Jahre alt. Der 49-Jährige hat um 2000 den Vorgängerbetrieb als Ausgründung von Mannesmann Rexroth ins Leben gerufen. Die junge Firma wächst rasch, siedelt auf der Suche nach einem zweiten Standort von Lohr nach Gemünden über, wo sie Hallen und ein Bürogebäude erwirbt. Bis zu 200 Personen arbeiteten für die aufstrebende Firma, darunter schon damals viele russisch-sprachige Spätaussiedler, berichtete er. Zu ihnen habe man immer einen "guten Kontakt" gehabt. "Wir waren eine Vorzeigefirma, haben sehr gut verdient und mit jedem großen Autoproduzenten in Europa zusammengearbeitet."
2011 gab es eine erste große Durchsuchung des Betriebs
Die Erfolgsgeschichte fand ein abruptes Ende: 2011 kommt es zu einer anonymen Anzeige. Ein Großaufgebot an Polizisten durchsucht den Betrieb. Dies sei in der Stadt wie ein Lauffeuer herumgegangen, die Banken stoppten ihre Kreditvergabe. Im Oktober 2012 dann das bittere Ende, die Insolvenz. Vor Gericht bestätigten sich die Vorwürfe um illegale Geschäfte mit Werkstücken nicht. Doch: "Danach sind wir nie wieder richtig in die Pötte gekommen."

Der Betrieb läuft unter anderem Namen weiter. An den früheren Erfolg kann sie nicht anknüpfen. Neue Hoffnung kommt auf, als ein Investor auftaucht, der 2017 den Betrieb übernimmt. Er gibt an, kräftig in die Firma investieren und sie wieder hochziehen zu wollen, "ganz so wie es früher war". Bis er merkte, was der Ravensburger Geschäftsmann wirklich vorgehabt habe, sei es zu spät gewesen.
Das turbulente Vorleben eines der beiden Angeklagten
Sein 48-Jähriger früherer Kollege, bestätigte dies. Statt der versprochenen Investitionen von einer halben Million Euro in den Maschinenpark kommt es zu Einsparungen, Arbeitsmaterial sei billigst eingekauft worden. "Ich sah ihn anfangs als Investor an, der die Firma voranbringen wollte, rückblickend aber als Heuschrecke", stellte der gelernte Heizungsbauer und Elektroinstallateur fest. In den 2000er Jahren hatte er ein turbulentes Vorleben als selbstständiger IT-Experte, Bauarbeiter und Gastronom. Die Gemündener Firma habe ihm die Chance auf ein "geordnetes, strukturiertes Leben" geboten. Von Ende 2014 bis 2017 ist er dort Geschäftsführer. Dann übernimmt der Ravensburger.

Seine Schilderungen zeigen, dass der Betrieb schon früh unter Facharbeitermangel leidet. Unter dem Ravensburger Geschäftsführer habe er – inzwischen zweifacher Familienvater – als Produktionsleiter mit "sehr vielschichtigen Aufgaben", die ihn an die Grenzen seiner Belastbarkeit führten, gearbeitet. Er sei kaum aus der Produktionshalle rausgekommen, wo er die Mitarbeiter einarbeitete. Zu ihnen will er ein sehr gutes Verhältnis gehabt haben.
"Das Wohl der Mitarbeiter lag mir immer am Herzen, ebenso die Arbeitssicherheit, diese Philosophie gab es bei der Firma schon immer." Die Bezeichnung "Chef" sei als Anerkennung gemeint gewesen. Schließlich habe der Ravensburger Geschäftsmann ihm mitgeteilt, dass er eine Lösung für die Personalprobleme gefunden habe: Nun habe die illegale Beschäftigung der Osteuropäer mit gefälschten Papieren begonnen.