Rieneck hat einen. Lohrhaupten hat einen. Stadtprozelten auch. Bald könnte auch Steinfeld einen haben: einen Naturfriedhof mitten im Wald. Die Vorbereitungen nehmen immer konkretere Züge an. Die Bäume im Gemeindewald unweit der Wallfahrtskirche Mariabuchen sind bereits nummeriert und eingemessen.
Gemeindeförster rannte mit Idee beim Bürgermeister offene Türen ein
Bürgermeister Günter Koser und Gemeindeförster Martin Volkmann-Gebhardt hoffen, dass schon Ende 2017 die ersten Urnen unter Eichen, Buchen, Lärchen oder Douglasien in die Erde gelassen werden können.
Mit der Idee, einen Naturfriedhof im Steinfelder Forst zu schaffen, rannte der Gemeindeförster 2014 beim damals gerade erst ins Amt gewählten Bürgermeister offene Türen ein. Dessen Ehefrau war wenige Monate zuvor gestorben. Schon zu Lebzeiten hatte sie sich gegen den örtlichen Friedhof und für den Wald als letzte Ruhestätte entschieden. Ihre Urne wurde im Friedwald in Rieneck bestattet. Die räumliche Distanz zwischen Wohn- und Bestattungsort hat Koser als unschön empfunden.
Ziel: Naturnahe Beerdigungsmöglichkeit in Heimatnähe
Da der Trend zur Urnenbestattung und auch zu Naturfriedhöfen anhalte, wolle man den Bürgern aus der Gemeinde und dem Umland die Möglichkeit einer wohnortnahen Waldbestattung bieten, sagt er. „So kann jeder die Gewissheit haben, in Heimatnähe beerdigt zu werden.“
Auf der Suche nach einem geeigneten Waldstück war man recht schnell fündig geworden, passenderweise in der Abteilung „Alteruh“. Sie liegt nur wenige hundert Meter von der Wallfahrtskirche Mariabuchen entfernt unweit des großen Waldparkplatzes und direkt an der Gemarkungsgrenze zu Lohr. Der Naturfriedhof sei daher „nicht nur ein Angebot für unsere Bürger, sondern auch für Lohrer“ und andere, so der Steinfelder Bürgermeister.
Gemeinderat stimmt zu, Kirchen zeigen sich aufgeschlossen Nachdem der Steinfelder Gemeinderat mit großer Mehrheit zugestimmt hatte, die Resonanz aus der Bevölkerung sehr positiv war und sich auch die Kirchen aufgeschlossen gezeigt hatten, begann die Planung. Um aus dem Wald einem Friedhof zu machen, muss der Flächennutzungsplan geändert werden. Dieses Verfahren läuft derzeit noch. Die Gemeinde musste laut Koser gegenüber dem Landratsamt beispielsweise den Bedarf für einen solchen Friedhof begründen und den Nachweis erbringen, dass die gemeindliche Trinkwasserversorgung nicht beeinträchtigt wird.
930 Bestattungsbäume im ersten Abschnitt
Das für den Naturfriedhof vorgesehene Areal umfasst insgesamt 35 Hektar, wobei der erste Abschnitt auf 7,5 Hektar beschränkt ist. Rund 930 Bäume stehen auf dieser Fläche. Sie alle sind mittlerweile erfasst, kartiert und anhand von Ästhetik sowie Dimension in drei Kategorien eingeteilt. Daran wird später der Preis der Ruhestätten bemessen. Er soll sich laut Koser am Marktüblichen orientieren und wird pro „Familienbaum“, an dem bis zu zehn Urnen bestattet werden können, zwischen 4000 und 5000 Euro liegen. Einzelgräber sind entsprechend günstiger.
Forstwirtschaft werde in dem künftigen Naturfriedhof selbstverständlich keine mehr betrieben, erklärt Koser. „Der Wald soll so bleiben, wie er ist. Wir wollen nicht, dass er aussieht wie ein Friedhof“.“ Lediglich dann, wenn Bäume zu einem Sicherheitsrisiko würden, müsse man eingreifen, ergänzt Förster Volkmann-Gebhardt.
Betreibermodell noch offen
Ob die Gemeinde selbst oder aber ein auf derlei Einrichtung spezialisiertes Unternehmen den Steinfelder Naturfriedhof betreiben wird, ist noch offen. Das müsse der Gemeinderat entscheiden, sagt Koser, der es persönlich aber offenbar favorisiert, die Erfahrung eines externen Betreibers zu nutzen.
Bis dahin freilich muss die Gemeinde noch einiges an Vorarbeit leisten. Nach der Änderung des Flächennutzungsplanes muss sie noch ein Bebauungsplan aufstellen, auch wenn keine größere Bebauung vorgesehen ist. Allerdings ist vorgeschrieben, dass der Naturfriedhof eingezäunt wird, wobei laut Koser jedoch bereits eine optische Abgrenzung durch eine ganz niedrige Holzumfriedung genügt.
„So kann jeder die Gewissheit haben, in Heimatnähe beerdigt zu werden.“
Günter Koser, Bürgermeister
Direkt an der Fläche wird es einen Behindertenparkplatz geben. Als Hauptparkplatz soll jedoch der bestehende an der Straße zwischen Lohr und Mariabuchen dienen. Von dort solle abseits des bestehenden Forstweges ein nur mit Hackschnitzeln bedeckter „Weg der Besinnung“ zur Friedhofsfläche führen, erklärt Förster Volkmann-Gebhardt.
Am Friedhof selbst wird es einen mit christlichen Symbolen ausgestatten Andachtsplatz geben, flankiert von zwei kleinen Tümpeln. Ein Unterstand, eine Holzhütte, mobile Toiletten und Ruhebänke komplettieren das Investitionspaket, das Koser auf rund 100 000 Euro schätzt.
Einee Investition, die sich amortisieren wird. Erfahrungswerte zeigten, dass ein Naturfriedhof mehr Ertrag abwerfe als die forstwirtschaftliche Nutzung einer Fläche, sagt Koser. Allerdings, so betont der Bürgermeister, stehe der finanzielle Aspekt für die Gemeinde nicht im Vordergrund.
Die ersten Bäume sind schon reserviert
Vielmehr wolle man dem in der Bevölkerung wachsenden Bedürfnis nach einer letzten Ruhestätte im heimatnahen Wald Rechnung tragen. Allein durch die bisherigen Anfragen von Ortsbürgern ebenso wie von Lohrern sehen sich Koser und Volkmann-Gebhardt schon bestätigt. Die ersten Bestattungsbäume sind bereits reserviert.
Und wie werden es der Bürgermeister und der Förster halten? „Für mich wird es der Ort meiner letzten Ruhe sein, für meine Familie auch“, sagt Volkmann Gebhardt über die Waldabteilung „Alteruh“. Koser hat die gleichen Pläne: „Ich muss jetzt nur noch sehen, wie ich die Asche meiner Frau aus Rieneck heimhole.“