Die Bürger müssten bereit sein, mit Tatkraft und Entschlossenheit die freiheitliche Demokratie gegen ihre Feinde im Inneren und Äußeren zu verteidigen. Das hat Bürgermeister Mario Paul beim ersten Neujahrsempfang nach drei Jahren Corona-Pause vor rund 300 Gästen in der Stadthalle gefordert. Klinikreferent René A. Bostelaar sprach als Gastredner über die Zukunft der Gesundheitsversorgung im Kreis.
Beim Neujahrswunsch nach Frieden denkt man nach Pauls Worten im Besonderen an die Menschen in der Ukraine, die nach dem russischen Angriff "das Elend und den Schrecken des Krieges aufs Bitterste erleiden müssen". Sein Wunsch nach Frieden sei jedoch keiner um des bloßen Friedens willen, womöglich auf Kosten der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine.
Wunsch nach Solidarität
Vielmehr fuße dieser Wunsch nach Solidarität und Zusammenhalt "innerhalb unserer Gesellschaft, aber auch und insbesondere darüber hinaus". Denn in diesen Tagen werde deutlich, dass es Kräfte im Inneren wie im Äußeren gebe, "denen eine freiheitliche, demokratische, vielfältige Gesellschaft ein Dorn im Auge ist".
Je stärker der Westen sei, je mehr die Menschen in Solidarität zusammenhielten, "desto weniger wird die schreckliche Saat von Krieg, Unterdrückung und Autoritarismus aufgehen". Eine der größten Errungenschaften der Demokratien sei der friedliche Machtwechsel nach Wahlen. Der Sturm aufs Kapitol in Washington 2021 und ähnliche Szenen vor einigen Tagen in Brasilia sind laut Paul "eine echte Gefahr für die Demokratie".
Der Bürgermeister forderte aber auch dazu auf, "in der politischen Debatte wieder deutlich rhetorisch abzurüsten". Nicht jede Überzeugung sei gleich eine Ideologie und nicht jede Meinungsverschiedenheit ein Kulturkampf. Das wollten verschiedene politische Akteure weismachen, um Konflikte zu schüren. Eine Demokratie lebe gerade von einem "offenen, respektvollen Diskurs auf Augenhöhe", so Paul.

"Jahrhundert-Investition"
2023 wird nach den Worten von Klinikreferent René A. Bostelaar einen "großen Meilenstein bei der Gesundheitsversorgung des Kreises" bringen. Genau 60 Jahre nach Eröffnung des Lohrer Krankenhauses werde der Bau des Zentralklinikums Main-Spessart am Lohrer Sommerberg beginnen. Diese "Jahrhundert-Investition" von etwa 160 Millionen Euro werde zusammen mit dem Bezirkskrankenhaus einen Gesundheitscampus aufbauen. Der Bezirk investiere circa 40 Millionen Euro in eine neue Gerontopsychiatrie.
Für die Stadt Lohr werde das 2000 dauerhaft krisensichere, hoch qualifizierte Arbeitsplätze bringen, stellte Bostelaar in Aussicht. Sie führten dazu, dass auch die Menschen im ländlichen Raum gut versorgt würden. Der Gesundheitscampus werde ein Magnet für Patienten, Arbeitskräfte und Investoren. Mit ihm sei der Kreis "optimal aufgestellt". Nachdem die fachliche Billigung des Neubaus vorliege, werde 2023 der Grundstein für das Zentralklinikum gesetzt. Zunächst müsse aber eine 800 Meter lange Erschließungsstraße am Sommerberg gebaut werden. Als Bauzeit fürs Zentralklinikum seien drei bis vier Jahre veranschlagt. "Natürlich schaffen wir das", war sich Bostelaar sicher.
Nur eine Seite der Medaille
Der Neubau des Zentralklinikums sei aber nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen stehe die Versorgung durch niedergelassene Ärzte. In den nächsten fünf Jahren gehe ein erheblicher Teil von ihnen in den Ruhestand. Einen Ausweg zeige die Nachnutzung des Klinikgebäudes in Karlstadt mit der Mischung aus niedergelassenen und Fachärzten auf. Dieses Modell müsse auch auf die anderen ehemaligen Kreisstädte übertragen werden.
Bürgermeister Paul holte auch den Lohrer Feuerwehr-Kommandanten Sebastian Mademann auf die Bühne, um seine Leistung bei der Rettung einer Frau aus dem Main im Dezember vorigen Jahres zu würdigen. Für den musikalischen Rahmen des Neujahrsempfangs sorgte die Inklusionsband Mippies, ein Gemeinschaftsprojekt der Sing- und Musikschule Lohr und der Musikkapelle Ruppertshütten.