„Eine große Bilanz über 18 Jahre interessiert keinen Menschen mehr“, wehrt Paul Diener ab, als er zum Gespräch in die Redaktion kommt. „Was der Gemeinderat und ich in 18 Jahren gemacht haben, das kann jeder sehen, wenn er durch Erlenbach läuft.“ Er selbst hat inzwischen seine Dienststunden bei der Polizeiinspektion in Marktheidenfeld aufgestockt.
Diener fängt beim Rückblick mit dem Ende an: Zu seiner letzten Bürgermeistersprechstunde seien zwei Bürger gekommen und haben mit ihm angestoßen. „Weißt Du, was heute vor zehn Jahren war?“, haben sie ihn gefragt. Er musste passen. „Damals hat sich in Gesprächen mit Innenstaatssekretär Sauter in München eine Lösung für die Erlenbacher Umgehung abgezeichnet.“ Dazu fällt CSU-Mann Diener ein, dass ihn damals der „alte Fuchs“ Heinz Mehrlich (SPD) aus Partenstein überflügelt hat. Noch bevor Diener die gute Nachricht weitergeben konnte, hatte Mehrlich sie verbreitet. „Er war einen Tick schneller“, sieht Diener das heute schmunzelnd.
Abgesehen von solchen Anekdoten war ihm jeder Tag im Amt gleich wichtig. Das habe auch seine Familie zu spüren bekommen, wenn er mal wieder zu Hause etwas liegen ließ, weil die Gemeinde Vorrang hatte. Gefreut hat ihn besonders, dass der „Weinort mit Herz“ zwischen 1990 und 2000 „die Nummer 1 unter den Weinorten in Franken war“, wie er sagt. Dies habe für die Winzer im Dorf positive Folgen gehabt. Dennoch sei es ihm nicht gelungen, die vier Weingüter unter einen Hut zu bringen. „Als Vorsitzender des Weinbauvereins habe ich noch nicht erreicht, was ich mir vorgenommen habe“, gibt Diener zu. Aber diesen „Weinberg“ beackert er weiter. Er wünscht sich andere Strukturen, vielleicht einen gemeinsamen Verband. Außerdem möchte er gern das Weinfest beleben. „Aber dazu braucht es Geld; das kann der Weinbauverein nicht allein.“
Der Kommunalpolitik bleibt der 52-Jährige im Kreistag treu. Dort will er sich für mehr Einsparungen stark machen. Der Kreistag verliere manchmal den Bezug zum Geld, weil er es nicht selbst erwirtschaften müsse, sondern den Gemeinden über die Kreisumlage abnehme. Aber auch geringe Erhöhungen täten einer kleiner Kommune weh, hat Diener in der Vergangenheit erfahren.
„Fast mein halbes Leben“
Außerdem möchte er auf Landkreisebene über die Strukturen der Schullandschaft nachdenken. Kindergarten und Schule am Ort seien für ansiedlungswillige Familien wichtige Voraussetzungen. Angesichts der vielen Aufgaben, die Diener bis zuletzt hatte, blieb weder Zeit für Wehmut noch für Zukunftspläne. Zum Ende seien viele gekommen, die ihn baten: „Mach bitte noch mal schnell...“ Immerhin gibt er zu: „Für mich waren die Jahre als Bürgermeister fast mein halbes Leben. Ich muss Tag für Tag lernen, damit umzugehen, dass sie vorbei sind.“ Wahrscheinlich komme der Tiefpunkt erst noch.
Für seinen Nachfolger Neubauer sieht Diener das Feld gut bestellt: Zwei Aufgaben, die er gern selbst noch abgeschlossen hätte, sind weit gediehen: die Ausschreibung für den Hochbehälter und die Sanierung der Wasserleitungen im Ort sowie die Entscheidung für eine Sanierung der Festhalle. Diener hat das Projekt noch in die Dorfsanierung gebracht und damit den maximalen Zuschuss von 60.000 Euro zugesagt bekommen. Damit ist ein Neubau für Neubauer vom Tisch.
Was hat das Bürgermeisteramt ihm persönlich gebracht? Diener betont das Positive: Souveränität, viele Erfahrungen, Kontakte und Bekanntschaften. „Für mich war es eine Bereicherung, und ich habe dabei viel gelernt.“ Dabei habe ihn die Familie unterstützt, vor allem seine Frau Gabi, die oft angesprochen wurde: „In einer Landgemeinde ist das Büro 24 Stunden am Tag geöffnet“, erinnert sich Diener daran, dass jedes Familienmitglied Anliegen mit nach Hause gebracht hat.
Jetzt gibt er der Familie etwas zurück. In dieser Woche reist er zu seiner Tochter Julia in eine Weinbauregion in Südafrika, wo sie studiert. Er will persönlich mit ihr über seinen Abschied vom Amt reden. Und auch seine offizielle Verabschiedung mit der Familie muss bis Sommer warten, weil Julia erst dann zurück ist und Diener alle dabei haben will.
Was liegt ihm noch am Herzen? Diener ist stolz darauf, die interkommunale Zusammenarbeit innerhalb der VG und mit der Stadt Marktheidenfeld vorangetrieben zu haben. Schulen, Wasser und Bauhof nennt er als gelungene Beispiele der Kooperation. Gern würde er sie auf Feuerwehren, Gewerbegebiet und Tourismus ausgeweitet sehen. Die Initiative „Main Himmelreich“ müsse mit Leben erfüllt werden
Für seine Heimatgemeinde wünscht sich der scheidende Bürgermeister, die wirtschaftliche Stärke, Arbeitsplätze und Einwohner zu erhalten. Und dann kommt doch eine Bilanz – in einem Satz: „Wenn es so läuft wie in den vergangenen 15 Jahren, dann können wir auch in Zukunft selbstständig bleiben.“