Die Grünen touren aktuell mit einer Diskussionsrunde zur medizinischen Versorgung durch die Lande. Mit dabei sind die Kandidaten für Land- und Bezirkstagswahl sowie der Coburger Bundestagsabgeordnete Johannes Wagner.
Als Arzt und Mitglied des Gesundheitsausschusses ist Wagner der passende Ansprechpartner, um Inhalt und Auswirkungen der geplanten Krankenhausreform zu erläutern. Angesichts der vielen offenen Fragen zur medizinischen Entwicklung im Landkreis kam das Angebot beim Termin in Lohr gut an. Rund 30 Gäste, unter ihnen viele Beschäftigte der örtlichen Krankenhäuser, nutzten die Gelegenheit zu Information und Debatte. Zuvor hatten die Grünen-Politiker das Klinikum Main-Spessart besucht und mit der Klinikleitung gesprochen.
Was die Perspektiven des Klinikums Main-Spessart angeht, könne er beruhigen, sagte Wagner. Gestützt auf Berechnungen des Kliniksimulators der Gesetzlichen Krankenkassen, der ein guter Indikator sei, zeigte er, dass ohne das Krankenhaus im Kreis für viele Patienten Fahrtzeiten von über 40 Minuten zur nächsten Notfallversorgung anfielen. Auch mit Blick auf den Neubau und die Sorge, dass die aktuellen Planungen sich nach der Reform als hinfällig erweisen könnten, konnte Wagner auf Nachfrage der Redaktion beruhigen.
Vor allem die ambulanten Strukturen sollten gestärkt werden
Ein Bau-Moratorium, wie es die Kreistagsfraktion der UGM gefordert hatte, halte er nicht für nötig. "Aufgrund der Lage des Krankenhauses gehe ich davon aus, dass ein breites Angebot an Leistungsgruppen vorgehalten werden wird und dadurch sowohl eine gute Notfall- als auch Spezial- und Regelversorgung möglich ist", erklärte Wagner. "Nach meiner Kenntnis wurde bei der aktuellen Planung außerdem bereits mitgedacht, dass wir in Zukunft vor allem die ambulanten Strukturen stärken müssen, so dass die Anzahl an Betten auch in Ordnung geht. Die Struktur an sich ist damit zukunftsfest."
Die große Verunsicherung in Main-Spessart könne er trotzdem nachvollziehen. Ziel der Reform sei, so Wagner, dass Krankenhäuser zu 60 Prozent so finanziert werden wie die Feuerwehr: einfach, um da zu sein.
Auf dem Podium thematisierten die Kandidaten Armin Beck, Bärbel Imhof, Anja Baier sowie Angelika Rüth-Holst mit Wagner den Personalmangel in der Pflege, den künftigen Umgang mit Leiharbeit und die Situation der psychiatrischen Kliniken. Imhof sprach sich gegen die Zentralisierung von Pflegeschulen an großen Standorten aus, im Falle Unterfrankens beispielsweise in Würzburg oder Aschaffenburg. Die Pflegeschulen wolle man im Kreis behalten. Man könne diskutieren, ob es sinnvoll ist, die Schulen von Bezirk und Kreis zusammenzuführen, dazu gebe es Gespräche, bestätigte Imhof später auf Nachfrage. Spruchreif sei aber noch nichts.
Wie kann der Beruf auch für ältere Beschäftigte attraktiver werden?
In der Debatte meldete sich eine nach eigener Darstellung "Vollblut-Krankenschwester" mit 43 Jahren Erfahrung zu Wort. Es gehe oft um den Nachwuchs. Man müsse aber auch überlegen, wie man den Beruf für über 60-Jährige machbar gestalten könne, damit man noch einige Jahre weiterarbeiten könne, etwa ohne Nacht- und Wochenenddienste. Landtagsdirektkandidatin Anja Baier, selbst Intensivkrankenschwester, stimmte zu. Früher habe man ab 50 Jahren keine Nachtdienste mehr übernehmen müssen. Übereinstimmend lobten sie den Vorschlag, Nacht- und Wochenenddienst sehr gut zu vergüten, zum Beispiel durch Steuerfreiheit, um sie attraktiv für jüngere Beschäftigte zu machen.