Links das historische Reichstagsgebäude, davor die Spree, auf der gerade ein Touristenschiff die Runde macht: Der Ausblick aus dem Büro von Alexander Hoffmann gehört zum Besten, was das politische Berlin zu bieten hat. Hier oben, im dritten Stock des Jakob-Kaiser-Hauses, "residiert" der Bundestagsabgeordnete aus dem Landkreis Main-Spessart, seit er im März überraschend zum Parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe gewählt wurde. Und damit mitten rein ins Machtzentrum der derzeitigen Opposition.
Jetzt sitzt der 49-jährige Jurist aus Retzbach bei allen wichtigen Treffen der Union ganz vorne in der ersten Reihe: neben CDU/CSU-Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz, dem Geschäftsführer-Kollegen Thorsten Frei von der CDU und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Gemeinsam geben die vier die Linie der Opposition im Bundestag vor - in einer Einigkeit, wie sie zwischen den Unionsschwestern früher eher selten war.

Für den "bodenständigen Franken" (Süddeutsche Zeitung) ist es in dieser Runde kein Nachteil, dass er sich schon als Merz-Fan politisch geoutet hat, als die Mehrheit in der CDU lieber noch Annegret Kramp-Karrenbauer oder Armin Laschet an die Parteispitze wählte. Hoffmann sagt: "Friedrich Merz ist vor allem dank seiner wirtschaftlichen Erfahrung genau der Richtige fürs Kanzleramt."
Wichtigster Partner bei der neuen Aufgabe ist Alexander Dobrindt. Während der Oberbayer die CSU in Berlin nach außen vertritt, ist es Aufgabe des Unterfranken Hoffmann, nach innen zu wirken. Er koordiniert die Auftritte der Kolleginnen und Kollegen in den politischen Debatten, organisiert mit seinem Büro den Alltag im Parlament.
Hoffmanns Auftrag ist es, die "Truppe zusammenzuhalten". Er selbst will ansprechbar sein für die Sorgen und Wünsche der 45 CSU-Abgeordneten. Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen, kurz PGF, gelten als "Manager des politischen Maschinenraums", manchmal auch als "Strippenzieher".
Die Wahl des Abgeordneten aus Retzbach war eine Überraschung
Für Alexander Hoffmann ist der Job in jedem Fall ein Karrieresprung. Vor einem Jahr habe er in einem Gespräch mit Dobrindt signalisiert, dass er sich "mehr Verantwortung in der Landesgruppe" vorstellen könne. Dass der langjährige Geschäftsführer, Stefan Müller aus Erlangen, zum Genossenschaftsverband Bayern wechselt, sei da schon Thema gewesen. Für die Nachfolge kursierten viele Namen.
Wenige Tage vor der Abstimmung in der Landesgruppe habe ihn Dobrindt schließlich gefragt, ob er bereit sei als Nachfolger zu kandidieren. Alexander Hoffmann war es, Gegenkandidaten gab es nicht. Politische Beobachter schrieben von einer "gelungenen Überraschung" des CSU-Landesgruppenchefs.

In Hoffmanns Kalender stehen jetzt Termine wie "Debriefing CDU/CSU-Schalte", "Montagstreff der PGF's", "Geschäftsführender Fraktionsvorstand", "PGF-Morgenlage", "interfraktionelle PGF-Runde", "Morgenlage mit LGV" oder "Ältestenrat-Sitzung". Als PGF hat der Abgeordnete Personalverantwortung für über 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesgruppe, darunter wissenschaftliche Experten aus sämtlichen Politikbereichen.
Neu für ihn sei gewesen, bilanziert Hoffmann nach einem halben Jahr im neuen Amt, "bei allen Themen in der Breite politisch sprechfähig zu sein". In der CDU/CSU-Fraktion hatte sich der gebürtige Würzburger schon bald nach dem Einzug in den Bundestag 2013 einen Namen als Innen- und Rechtspolitiker gemacht - etwa als Streiter für eher restriktive Regelungen beim Sexualstrafrecht oder in der Asylpolitik.
Neuer Job mit neuen Aufgaben - und noch weniger Zeit
Mittlerweile habe er sich aber auch gut in wirtschafts- oder energiepolitische Details eingearbeitet, so Hoffmann. Seinen Posten als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das die Arbeit der Nachrichtendienste überwacht, hat Hoffmann aufgegeben. Im Innenausschuss ist er nur noch "stellvertretendes Mitglied". Mehr sei zeitlich in Berlin nicht leistbar, zumal er sich auch weiterhin regelmäßig bei Festen und Veranstaltungen im Wahlkreis Main-Spessart sehen lassen möchte. Und Ehefrau Nesli zumindest nicht auf den gemeinsamen sonntäglichen Hundespaziergang verzichten will.

Jetzt aber wird vom Parlamentarischen Geschäftsführer erwartet, dass er im anstehenden Wahlkampf Gesicht zeigt - und zur Attacke vor allem gegen Rot-Grün bläst. "Die ersten Plakate sind schon gedruckt", sagt Hoffmann. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Ampel-Regierung hätten abgewirtschaftet, sie müssten "so schnell wie möglich" abgelöst werden. Die aktuellen Umfragewerte stimmten ihn zuversichtlich, dass das gelingt. "Aber die Wahl ist kein Selbstläufer."

Als wichtigste Themen im CSU-Wahlkampf nennt Hoffmann die Wiederbelebung der Wirtschaft unter anderem durch Steuererleichterungen und Bürokratieabbau. Das "leistungsfeindliche Bürgergeld" will die Union rückabwickeln. Einen "Kurswechsel" hin zu deutlich mehr Zurückweisungen verspricht Hoffmann auch in Sachen Migration. Mehr finanzielle Anstrengungen seien nötig, um die "Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und Europas" zu stärken. An der weiteren militärischen Unterstützung der Ukraine lässt Hoffmann keinen Zweifel.
Wird Hoffmann nach der Wahl in einem Kabinett Merz Minister?
Und wie geht es bei einem Wahlerfolg weiter? Angesichts seines Karrieresprungs gilt der CSU-Politiker bei politischen Beobachtern als möglicher Minister in einem Kabinett Merz. Hoffmann selbst hält sich mit der Formulierung von Ansprüchen zurück. Schon die Jobs als Regierungsrat im Landratsamt Miltenberg, als Ordnungsamtschef bei der Stadt Würzburg und dann als Bundestagsabgeordneter seien eher auf ihn zugekommen, als dass er sich offensiv darum beworben habe, sagt er. Was auch heißt: Nein sagen würde er wahrscheinlich nicht.