Für großen Aufruhr sorgten Mitte Juli zwei Hunde, die nahe des Karlstadter Ortsteils Stetten unangeleint ein Wildschwein gejagt haben. Bei der Polizei gingen damals Videos vom Vorfall ein, die nahelegten, dass es sich bei den Vierbeinern um American Staffordshire Terrier handeln könnte. Die Beamten der Polizeiinspektion Karlstadt und der ebenfalls involvierten Zentralen Einsatzdienste in Würzburg ließ das hellhörig werden. Die amerikanische Rasse ist in Deutschland als gefährlich eingestuft und gesetzlich verboten. Doch was ist seitdem passiert und wo sind die Hunde jetzt?
"Anhand der Bildsequenzen, Fotos und Zeugenaussagen gehen wir davon aus, dass es sich um zwei American Staffordshire Terrier handelt", berichtet Andreas Zander, Leiter der Zentralen Einsatzdienste in Würzburg auf Nachfrage dieser Redaktion. Sofort nach Bekanntwerden der Wilderei veranlasste die Karlstadter Polizei die Suche nach den Hunden, die jedoch erfolglos blieb. "Wären die Hunde am Tag des Vorfalls gefunden worden, hätten wir sie sichergestellt, um von ihnen ausgehende Gefahren abzuwehren und die Hundehalterin zu ermitteln", so Zander.
Polizei kannte die Hunde schon lange
Sobald die Identität der Frau bekannt war, wurde den Beamten klar, dass es sich um zwei Hunde handelte, die seit längerem polizeibekannt waren. Zander erzählt von mehreren "Vorfällen in den vorangegangenen Monaten", aufgrund derer der Stadt Karlstadt und der Polizei "relevante Erkenntnisse über diese beiden Hunde" vorlagen.

Bereits im Juni – also vor dem jüngsten Vorfall – war gegen die Halterin eine polizeiliche Auflage getroffen worden, die besagt, dass die Tiere nur mit Maulkorb, einer 1,5 Meter langen Leine, einzeln und nur durch eine ausreichend kräftige und zuverlässige Person geführt werden dürfen. Angesichts dieser Vorgaben hätte sich die Szene bei Stetten eigentlich nie ereignen dürfen.
Für die Polizei war das Grund genug, weitere Maßnahmen zu ergreifen und die Hunde abzuholen und zu beschlagnahmen. Die Entscheidung darüber obliegt jedoch dem Ordnungsamt als unterer Sicherheitsbehörde. Die Polizei schildert, dass den Mitarbeitern der Stadt Karlstadt die Beweislage nach gemeinsamen Erörterungen nicht ausreichend erschien, weshalb keine weiteren Maßnahmen getroffen wurden. Die Polizei – offensichtlich unzufrieden mit dieser Entscheidung – wiederholte daraufhin ihre Auflage gegenüber der Halterin.
Feststellung der Rassen nicht abgeschlossen
Die Ausführungen der Stadt decken sich nur bedingt mit den polizeilichen Aussagen. Sie beteuert, sofort einen Handlungsbedarf erkannt zu haben. Den Ablauf der gemeinsamen Gespräche mit der Polizeiinspektion Karlstadt stellt sie so dar: "Wir haben den Sachverhalt und die weitere Vorgehensweise besprochen. Der Fachbereich Sicherheit und Ordnung der Stadt Karlstadt kann aus rechtlicher Sicht keine Anordnung zur sofortigen Beschlagnahme der Hunde anordnen." Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die grundgesetzlich geschützte Unverletzlichkeit der Wohnung spielten hier eine Rolle.

Seitens des Ordnungsamts wurde ein Anhörungsverfahren eingeleitet – auch, um die bis heute unbekannten Rassen der Hunde final zu klären. Nach einem Umzug der Halterin in eine Gemeinde im Landkreis Würzburg befinden sich die Tiere allerdings nicht mehr im Karlstadter Beritt. Die Feststellung der Rassen liegt somit inzwischen beim dortigen Ordnungsamt.
Der geschäftsleitende Beamte dieser Gemeinde bestätigt gegenüber der Redaktion, dass die Halterin dort gemeldet ist. Gleiches gilt für zwei Hunde, die allerdings Mischlinge der Rassen Rhodesian Ridgeback und Boxer sowie Rhodesian Ridgeback und Weimaraner sein sollen. Diese Rassen standen auch zuvor in Karlstadt auf dem Papier und gelten formal als zulässig. Zweifel an der Richtigkeit dieser Angabe bestehen nach wie vor.
Anleinpflicht auch für Große Hunderassen
Ein Blick in die Karlstadter Hundehaltungsverordnung zeigt, dass die Hunde Mitte Juli in Stetten in jedem Fall angeleint hätten sein müssen – ungeachtet der tatsächlichen Rasse. Die Anleinpflicht innerhalb geschlossener Ortslagen gilt nicht nur für Kampfhunde, sondern auch für sogenannte Große Hunde.

Angesichts ihrer Schulterhöhe zählen auch Rhodesian Ridgebacks, Boxer und Weimaraner zu diesen Hunderassen. "Die Hunde hätten definitiv angeleint sein müssen", bestätigt auch das Ordnungsamt in Karlstadt. Die Einzelfallanordnung der Polizei mit dem zusätzlichen Maulkorb und weiteren Vorschriften habe aber Vorrang vor der städtischen Hundehaltungsverordnung.
In der Kommune, in der die Hunde heute gemeldet sind, ist man sich währenddessen unsicher, ob sich die Tiere wirklich im Gemeindegebiet aufhalten. Dafür gebe es aktuell keine Anhaltspunkte. "Wir haben hier eine eher sensible Nachbarschaft und es gab noch keine Beschwerden", begründet der geschäftsleitende Beamte seinen Verdacht.

Halterin persönlich nicht zu erreichen
Relevante Unterlagen zum Fall wurden inzwischen von Karlstadt aus verschickt. "Die Halterin wird von uns jetzt angeschrieben und wir legen ihr den Sachverhalt dar. Dazu kann sie sich dann erst einmal äußern", heißt es zum weiteren Vorgehen. Laut Polizei kommunizierte die Frau bislang nur über ihren Anwalt.
Was die Wildschweinjagd bei Stetten betrifft, führt die Polizei derzeit Ermittlungen wegen der Jagdwilderei und eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Gefunden wurde das Wildschwein nicht. Andreas Zander vermutet, dass es seinen Verletzungen erlegen ist.