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Arnstein: Provokationen und Allgemeinplätze, dafür wenig Lösungsansätze: Hubert Aiwanger beim "politischen Dämmerschoppen" in Arnstein

Arnstein

Provokationen und Allgemeinplätze, dafür wenig Lösungsansätze: Hubert Aiwanger beim "politischen Dämmerschoppen" in Arnstein

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    Hubert Aiwanger war zu Gast beim "politischen Dämmerschoppen" in Arnstein. Der bayerische Wirtschaftsminister gab sich dabei als Mischung aus Volkstribun und Populist.
    Hubert Aiwanger war zu Gast beim "politischen Dämmerschoppen" in Arnstein. Der bayerische Wirtschaftsminister gab sich dabei als Mischung aus Volkstribun und Populist. Foto: Silvia Gralla

    Einen "Politischen Dämmerschoppen" hatten die Freien Wähler (FW) im Zelt beim Arnsteiner Bürgerfest am Donnerstag versprochen, dabei redete allerdings nur einer: Hubert Aiwanger, der Bundes- und Landesvorsitzende, außerdem stellvertretender bayerischer Ministerpräsident und Wirtschaftsminister.

    In seiner gut halbstündigen, frei gehaltenen Rede erfüllte er die Erwartungen seiner Unterstützer und Gegner gleichermaßen: er zeigte sich als Sprecher der "einfachen Leute", gewissermaßen in einer Mischung aus Volkstribun und Populist. Mit griffigen und provozierenden Allgemeinplätzen sorgte er für Aufmerksamkeit, blieb aber weitgehend Lösungsansätze schuldig.

    Nachdem er zuvor unter den Klängen des Frankenlieds eingezogen war, verschmähte Aiwanger dynamisch die Treppe, sprang mit einem Satz auf die Bühne – und umwarb zu Beginn das Publikum mit großem Lob: "Die Franken sind ein sehr sympathisches Volk und ich werde gerne bald wieder hierher kommen", versprach er und forderte die Menschen auf, ihre Anliegen an die Freien Wähler heranzutragen: "Ihr sagt uns, wo euch der Schuh drückt und wir werden das gerne umsetzen!"

    Aiwanger polterte gegen Habeck und das "Grüne Heizungs-Sanierungsgesetz"

    Dann aber teilte der Niederbayer kräftig gegen die Berliner Regierung aus: Das Land sei verunsichert, die Ampel-Parteien verrieten die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in nahezu allen Lebensbereichen, so seine Vorwürfe. Hart die Angriffe in Bezug auf Umweltmaßnahmen: "Habeck will uns jetzt auch noch das Brennholz verbieten, während bei uns im Wald das Holz verfault!" Das "Grüne Heizungs-Sanierungsgesetz" müsse gestoppt werden, es ruiniere "unsere Familien". "Habecks Verbotspartei" verlange, das Auto gegen das Lastenrad auszuwechseln, während zur selben Zeit in China die Leute das Rad gegen das Auto eintauschten, provozierte Aiwanger.

    Eindringlich forderte der Wirtschaftsminister auf, den ländlichen Raum zu stärken und ihn auf Augenhöhe mit den Interessen der urbanen Räume zu stellen. Deutschland müsse ein starkes Wirtschaftsland, eine Zukunftsregion bleiben. Sonst, so Aiwanger, würden beispielsweise auf dem "flachen Land" bald die Hälfte aller Krankenhäuser geschlossen werden.

    Dazu müsse sich aber im Land "Leistung wieder lohnen". Wenn das Bürgergeld einschließlich Heizungs- und Mietzuschuss fast so hoch sei wie das Einkommen von Geringverdienerinnen und -verdienern, sei das kein Anreiz zum Arbeiten. Dazu müssten einerseits die Sozialabgaben verringert und auch die Unterstützungsbedingungen restriktiver gehandhabt werden.

    Freie Wähler wollen 7000 neue Lehrerstellen geschaffen haben

    Kein gutes Haar ließ Aiwanger an jenen, die derzeit in Berlin die Richtung bestimmen. Die Regierungsmitglieder bezeichnete der Diplom-Agraringenieur als Studienabbrecher, die noch niemals gearbeitet hätten, und sich jetzt in der Regierung in erster Linie um Randgruppen wie Veganer, Transgender oder andere kümmerten. Stattdessen müssten endlich wieder "normale bürgerliche Themen" die Politik beherrschen, forderte der Redner unter stürmischem Beifall des Publikums.

    "Ihr sagt uns, wo euch der Schuh drückt und wir werden das gerne umsetzen!"

    Hubert Aiwanger, stellvertretender Bayerischer Ministerpräsident

    7000 neue Lehrerstellen wollen die Freien Wähler in dieser Legislaturperiode bayernweit geschaffen haben, stellte Aiwanger in den Raum. Dass er nur wenige Stunden zuvor einer entsprechenden Demonstration von Lehrkräften in Würzburg beigewohnt hatte, erwähnte er allerdings nicht.

    Änderung des Waffenrechts: Schützenvereine und Jäger unter Generalverdacht?

    Auch die Innere Sicherheit ist ein Thema der Freien Wähler, der selbsternannten "Partei der bürgerlichen Mitte". Hubert Aiwanger forderte, Schluss zu machen mit den Experimenten. Ein Staat könne Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte nicht hinnehmen, sondern müsse sich entschieden zur Wehr setzen. Die geplante Änderung des Waffenrechts sei dafür jedoch nicht geeignet, denn damit stelle man etwa Schützenvereine und Jäger unter Generalverdacht. "Wer von Sportschützen psychologische Gutachten einfordert, sollte sich erst einmal selbst entsprechend untersuchen lassen", so die deutliche Provokation Aiwangers.

    Wenig verwunderlich, dass der Landwirt in Arnstein auch die bayerische Landwirtschaft thematisierte. Lebensmittel müssten hauptsächlich in Deutschland produziert werden, damit die Bäuerinnen und Bauern sowie der Lebensmittelhandel Bestand hätten.

    Freie Wähler wollen Koalition mit CSU forsetzen

    Zum Schluss lief der leidenschaftliche Redner noch zu satirischer Hochform auf: Wer den Konsum von Wein und Bier auf dieselbe Stufe stelle wie den von Cannabis, irre gewaltig. "Deutschland ist trotz Wein und Bier zu einem großartigen Land geworden. Hätten wir das auch geschafft, wenn wir 1000 Jahre gekifft hätten?"

    Das Arnsteiner Bürgerfest mit Hubert Aiwanger und Anna Stolz von den Freien Wählern
    Das Arnsteiner Bürgerfest mit Hubert Aiwanger und Anna Stolz von den Freien Wählern Foto: Silvia Gralla

    Im Herbst wollen die Freien Wähler die Koalition mit der CSU im Bayerischen Landtag fortsetzen und dafür sorgen, dass es im Freistaat "keine Berliner Verhältnisse" geben kann.

    Jubel gab es nach der Rede in erster Linie von Aiwangers Freien Wählern, der Rest spendete weitgehend höflichen Beifall. Zudem gab es Störungen durch offensichtlich angetrunkene Menschen, die sich mit lautem Grölen Luft verschafften. Zwei von ihnen traten so nahe an den Redner heran, dass sie von Ordnern weggeführt wurden.

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