„Ich schaute ins Karlstadter Adressbuch, das ab 1989 bei uns ausgelegen hatte, auf der Suche nach Kollegen, von denen ich lernen wollte.“ Michael Oehler, selbstständiger Maler- und Lackierermeister seit 1. Juli 1990 in Querfurt landetet bei Siegfried Bünner in Laudenbach, der den damals 34-jährigen Jungunternehmer gern unter seine Fittiche nahm. Oehler leitete bis zur Wende die Malerabteilung in einem volkseigenen Betrieb, der aufgelöst werden sollte. „Da gab es für mich nur eins: eine eigene Firma. Doch mir fehlte jede kaufmännische und betriebswirtschaftliche Erfahrung.“ Die gab ihm Siegfried Bünner, Maler- und Lackierermeister mit eigenem Betrieb in Laudenbach.
Schon im Frühjahr 1990 stand Oehler vor seiner Tür. „Wir verstanden uns sofort“, erinnert sich der Laudenbacher. Bünner gab ihm nicht nur das theoretische Rüstzeug für einen eigenen Betrieb, sondern suchte mit ihm nach einem gebrauchten VW-Transporter. Bünner erzählt: „Es galt noch die Ost-Mark und eine Deckungskarte hatte er auch nicht.“ Aber damals im Aufbruch ging halt vieles mit gutem Willen und gegenseitigem Vertrauen.
Mit einem VW-Transporter und einem Sparkassen-Kredit startete Oehler mit fünf Mitarbeitern seinen Betrieb für Maler- und Tapezierarbeiten, Bodenbeläge, Fassadenbeschichtung und Wärmedämmung. Am Markt 11 in Querfurt wohnt und führt die Familie heute noch den Betrieb. „Wir kauften damals das große Haus von der Stadt, bekamen mit dieser Sicherheit den Aufbaukredit und bauten das Haus um“, erzählt Malermeister Oehler. Ehefrau Gabriele, gelernte Krankenschwester, führte später die Bücher, als Oehler mit bis zu 18 Mitarbeitern beim Aufbau-Ost gut im Geschäft war.
Die Verbindung zwischen den beiden riss nicht ab. So war es fast selbstverständlich, dass Oehlers Sohn René auf eigenen Wunsch bei Bünner in Laudenbach ab 1999 drei Jahre lang in die Lehre ging. Bünner erinnert sich gern an den jungen Mann, der in der Karlstadter Altstadt wohnte und fast jedes Wochenende nach Hause fuhr, erst mit dem Zug und dann mit dem Motorrad. „Seine Mutter glaubte wohl, er kommt nicht mehr wieder heim“, erinnert sich Bünner lächelnd. René Oehler schloss nach drei Jahren Ausbildung als Innungsbester ab. Siegfried Bünner: „Da ist man als Ausbilder stolz.“
Heute ist René Oehler 26 Jahre alt, seit 2008 selbst Meister, hat sein eigenes Geschäft gegründet und spielt als Universaltalent fast jedes Musikinstrument. Sein Vater blickt in die Zukunft: „René wird wohl sein eigenes Maler- und Lackierergeschäft behalten und meines in seins integrieren, wenn ich mal aufhöre.“ So weit sind Vater und Sohn mit ihren zwei Betrieben in der selben Branche gar nicht entfernt: Sie wohnen und arbeiten im selben Haus.
Online-Tipp
Mehr Informationen unter: www.mainpost.de/Geschichte und www.querfurt.de