Inmitten der weiten Spessartwälder liegt malerisch im Tal der Marienwallfahrtort Rengersbrunn. Kenner bezeichnen die romantisch gelegene Wallfahrtskirche „Mariä Geburt“ als heimelig. 1777 errichtet, nähert sich der 240. Geburtstag der Wallfahrtskirche – ein Anlass, in den Annalen zu blättern. Das Wallfahrtsjahr beginnt am 1. Mai mit einem Festgottesdienst, wozu heuer Mozarts Krönungsmesse gespielt wird.
Erstes Schriftstück von 1292
Die Wallfahrtskirche und das kleine Dorf sind eng miteinander verknüpft. In der Geschichte gibt es nur wenige Hinweise über die Besiedlung Rengersbrunns. Die erste schriftliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1292, doch soll der Ursprung bis ins Jahr 1150 zurückreichen. Aufzeichnungen aus späterer Zeit berichten, dass dieser abgelegene Ort von Kriegen und Seuchen nicht verschont blieb. Dies ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass in einer Entfernung von nur zwei Kilometer die Birkenhainer Landstraße vorbeiführt. Dieser uralte Höhenweg des Spessarts war Teil eines bedeutenden Fernverkehrsweges, der ehemals das Gebiet des mittleren Rheins mit dem der mittleren Donau verband. So abgelegen also war Rengersbrunn seinerzeit nicht.
Der verdurstende Kaiser
Der Name Rengersbrunn gibt Rätsel auf. Einer Legende nach verirrte sich Kaiser Friedrich Barbarossa bei der Jagd: „Vor Durst fast verschmachtet, stieß er auf eine frische sprudelnde Quelle, an der er sich labte.“ Von dieser Zeit an rastete er bei seinen Spessartjagden von seiner Pfalz in Gelnhausen aus immer wieder an jenem erquickenden Brunnen. Zu dieser Zeit nannte man diesen Quell aus lateinischen und deutschen Worten verknüpft „Regisborn“, „Königsbrunnen“, was sich später in Rengersbrunn umwandelte.
Ein Brunner großer Kaiser oder doch der Rienecker Grafen?
Mehrere Legenden ranken sich um den Marienbrunnen
In anderer Literatur steht zu lesen, das Rengersbrunn an dem angeblich von Karl dem Großen aufgefundenen Brunnen entstand. Die vermutlich zutreffendste Auslegung, die durch geschichtliche Umstände erhärtet wird, aber ist wohl diese: Rengersbrunn war eine Lieblingsstätte und Eigenbegründung der Grafen von Rieneck. Bis zum Aussterben des Grafengeschlechts im Jahre 1559 ist dieser Ort im alleinigen Besitz der Grafen geblieben.
Ebenso wie das Städtchen Rieneck wurde der Ort nach dem Namen des Grafengeschlechts benannt, nämlich „Rieneckersbrunn“ oder auch „Reneckersbrunn“. Daraus könnte sich der heutige Name „Rengersbrunn“ entwickelt haben.
Maria aus dem Haselnussstrauch
Die Marienwallfahrt geht auf die angebliche Auffindung des Gnadenbildes um das Jahr 1460 zurück. Auch um dieses Geschehen rankt sich eine Legende: So habe ein Schäfer eine aus Holz geschnitzte Statue der Gottesmutter mit dem Jesuskind auf dem Arm in Lebensgröße in einem Haselnussstrauch gefunden. Diese Entdeckung erregte begreiflicherweise Aufsehen und man brachte sie in die damals einzige Kirche der Umgebung, nach Burgsinn.
Da die Statue für den ausgewählten Platz zu hoch war, schnitt man einen Teil des unteren roh geschnitzten Holzes einfach ab. Doch am anderen Tag stand die Figur wieder unversehrt am Rengersbrunner Brunnen. Erneut wurde die Statue nach Burgsinn gebracht und das geheimnisvolle Verschwinden sowie das Auffinden am alten Platz wiederholten sich.
Kapelle aus Brettern
Darin sah man ein Zeichen des Himmels und erbaute am Brunnen eine kleine Kapelle aus Brettern und stellte darin die Statue zur Verehrung auf. Zu diesem armseligen Kirchlein wallfahrte man anfangs nur aus der nächsten Umgebung. Bald wurde der Zustrom von Gläubigen, die aus nah und fern kamen, immer stärker. Die zahlreichen Opfergaben ermöglichten den Bau einer größeren Kapelle.
Ein Auslöser für den verstärkten Zulauf dürfte möglicherweise die Herrschaftsübernahme durch den Mainzer Erzbischof gewesen sein, berichtet eine andere Quelle. Nach dem Aussterben der Grafen von Rieneck im Jahr 1559, die zuletzt protestantisch waren, versuchte der Mainzer kirchliche und weltliche Herrscher, den katholischen Glauben wieder neu zu festigen. Dazu gehörte auch der Ausbau marianischer – auf die Gottesmutter Maria ausgerichteter – Gnadenorte. In Aufzeichnungen aus einem Rienecker Pfarrbuch aus der Zeit um 1650 ist von vielen Wallfahrten die Rede.
Gemutmaßt wird, dass die Gnadenstatue fürstlichem oder kaiserlichem Besitz entstamme. Es ist aber auch denkbar, dass die Figur der Gottesmutter aus dem aufgelösten Kloster Elisabethenzell oberhalb von Rieneck nach Rengersbrunn gebracht wurde.
1659 entstand die erste Kirche
Die wachsende Bedeutung machte den Bau einer größeren Kirche notwendig, die 1659 durch Weihbischof Melchior Söllner geweiht wurde. Sie musste jedoch 1777 wegen Baufälligkeit wieder abgerissen werden. Noch im selben Jahr begann der Neubau der heutigen Kirche im Auftrag der Grafen von Schönborn und nach Plänen des Würzburger Hofkammerrates und Bauamtmanns Johann Philipp Geigel.
„Mit Wasser vom Marienbrunnen gekochter Kaffee und Tee schmecken besser.“
Rengersbrunner sind von der Qualität überzeugt
Das Äußere der Kirche wurde im Übergangsstil vom Barock zum Rokoko erbaut, während die Innenausstattung im Stil des Rokoko und frühen Klassizismus ausgeführt ist. Die Außenfassade der Wallfahrtskirche ist schlicht gehalten; sie fügt sich harmonisch in das dörfliche Umfeld des 135 Einwohner zählenden Ortsteils der Gemeinde Fellen ein.
Beliebtes Quellwasser
Größter Anziehungspunkt außen ist der Marienbrunnen vor dem Hauptportal mit dem Wappen des Johann Philipp I. von Schönborn, Kurfürst-Erzbischof von Mainz und Fürstbischof von Würzburg. Der Quell, der auch Barbarossa- oder Königsbrunnen genannt wird, zeigt eine Halbfigur Mariens mit dem Jesusknaben und wurde später zu einem Maria-lactans-Brunnen (stillende Gottesmutter) umgearbeitet. Das kalte, klare Wasser gilt nicht nur bei Wallfahrern als heilkräftig – manche füllen es sich ab. Rengersbrunner behaupten, dass der mit diesem Wasser gekochte Kaffee oder Tee entschieden besser schmecke.