Ist der Bäcker, der im Juni 2023 an einer Straßeneinmündung im Landkreis Main-Spessart die rote Ampel überfuhr und ein anderes Auto rammte, eingeschlafen – oder war er nur einen Moment unaufmerksam? Während die Staatsanwaltschaft von einem Sekundenschlaf des Mannes ausgeht, sah Strafrichterin Kristina Heiduck lediglich ein "Augenblicksversagen" bei dem Mann.
Wie üblich, befand sich der Bäcker auch am Tag des Unfalls um kurz vor vier Uhr morgens auf seinem Weg zur Arbeit. An einer Einmündung registrierte der Mann die für ihn Rot zeigende Ampel nicht und erfasste einen Mercedes an der linken Seite. Dabei wurde der Fahrer an der linken Körperseite und im Gesicht verletzt.
Angeklagter kann sich den Unfall nicht erklären
"Das Wort Sekundenschlaf ist gefallen", war der Polizeibeamte, der den Unfallverursacher damals befragt hat, sich in der Verhandlung am Amtsgericht Gemünden sicher. Der Angeklagte selber betonte jedoch, dass er ausgeschlafen war und nicht am Steuer eingeschlafen sei. Seinen täglichen Schlafrhythmus schilderte er so: nach der Rückkehr von der Arbeit legt er sich bis etwa 18 Uhr schlafen. Gegen 22 Uhr legt er sich zur Nachtruhe und steht dann gegen 3.15 Uhr auf, um sich auf den etwa 25 Kilometer langen Weg zu seiner Arbeitsstelle zu machen.

"Es ist für mich nicht erklärbar", sagte der Angeklagte auf die Frage von Richterin Heiduck, wie der Unfall geschehen konnte. Er habe zwar kurz gedanklich an die am kommenden Arbeitstag anfallenden Aufgaben gedacht, war aber sonst hellwach. Den hellwachen Eindruck hatte auch der aufnehmende Polizeibeamte. Er betonte, dass sich der Angeklagte auch sofort um den verletzten Autofahrer gekümmert und sofort Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei über Notruf alarmiert hat.
Staatsanwaltschaft besteht auf Urteil
Zur Verhandlung war der verletzte Autofahrer trotz Ladung nicht erschienen. Auch bei der Vernehmung nach dem Unfall hat er kein Interesse an einer Bestrafung des Verursachers gezeigt und auch keinen Strafantrag gestellt. Deshalb ging das Gericht auch jetzt davon aus, dass von dieser Seite kein Interesse an einer Strafverfolgung besteht.
"Besteht Bereitschaft zu einer Verfahrenseinstellung?", mit diesen Worten regte die Richterin die Beendigung gegen eine Geldauflage an. 600 Euro schwebten ihr dabei vor. Während die Verteidigung diesen Vorschlag sofort positiv aufnahm, stellte sich die Staatsanwaltschaft quer. Sie beharrte auf einer Verurteilung wegen eines von ihr angenommenen Sekundenschlafs und einer Schadenshöhe von über 26.000 Euro, die durch den Unfall am Fremdfahrzeug entstanden sind.
Sekundenschlaf ließ sich nicht nachweisen
Verteidigung und auch Richterin Heiduck waren sich einig, dass die Staatsanwaltschaft hier von einem falschen Wert ausgegangen ist. Zwar wurde die Summe von 26.000 Euro vom Gutachter bei einer Reparatur angenommen, der Zeitwert des Autos aber lediglich bei 5000 Euro lag. Abzüglich des Schrottwerts von 520 Euro lag der tatsächlich entstandene Schaden bei unter 4500 Euro.

Schließlich verurteilte die Richterin den Bäcker wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 600 Euro (20 Tagessätze zu 30 Euro). Seine Fahrerlaubnis darf der Mann, der bisher nicht straffällig geworden ist, behalten. In der Urteilsbegründung sagte die Richterin, dass dem Bäckermeister nicht nachgewiesen werden konnte, den Unfall aufgrund eines Sekundenschlafs verursacht zu haben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.