Ein junger Mann aus Algerien muss nun endgültig wegen gefährlicher Körperverletzung sowie Diebstahls in einem Lebensmittel-Markt ins Gefängnis. Vor der Jugendkammer des Würzburger Landgerichts hat er seine Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts Gemünden zurückgezogen. Dort war er zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden. Der Staatsanwaltschaft war das Urteil zu milde. Der Angeklagte, der derzeit in der Psychiatrie untergebracht ist, betrachtet sich offensichtlich weiterhin als unschuldig.
Der damals 21 Jahre alte Mann hatte an einem Nachmittag im März vergangenen Jahres einen etwa gleichaltrigen Landsmann in dessen Zimmer in der Flüchtlingsunterkunft Am Sommerberg in Lohr mit einem Hammer bewaffnet aufgesucht. Einen Schlag, der sich gegen den Kopf richtete, konnte das im Bett liegende Opfer reflexhaft mit einer Armbewegung abwehren. Als er den Angreifer aus dem Zimmer zu drängen versuchte, versprühte dieser gegen ihn Pfefferspray. Es soll zudem einen weiteren Vorfall gegeben haben, bei dem der Täter gegen zwei Männer ebenfalls mit Pfefferspray vorgegangen war.
Angeklagter beteuert vor Gericht seine Unschuld
Schon zu Beginn der Verhandlung hatte der Vorsitzende Richter Michael Schaller dem Angeklagten nachdrücklich nahegelegt, die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzunehmen. Die Aktenlage belege den von der Staatsanwaltschaft geschilderten Tathergang. Nach Befragung der Zeugen, die bereits vor dem Gerichtssaal warteten, sei auch eine höhere Strafe denkbar. Es dauerte jedoch, bis sich der junge Mann dazu entscheiden konnte. Zuvor waren langwierige Gespräche mit seinem Verteidiger Klaus Brönner und einer Übersetzerin nötig.

Bis zur Einsicht, dass er ohne Gefängnisstrafe aus dem Verfahren nicht herauskommen wird, benötigte er zwei Anläufe. Entgegen der in einer Verhandlungsunterbrechung getroffenen Absprache mit seinem Anwalt konnte er sich in einem ersten Versuch nicht zur Rücknahme der Berufung durchringen. Stattdessen stellte er sich dem Gericht gegenüber als unschuldig dar: Er sei es, der geschlagen worden sei. Er verstehe überhaupt nicht, wie es dazu kommen konnte, dass die Polizei kam und ihn festgesetzt hat, stellte er zunehmend aufgeregt fest. Schließlich ging der Anwalt dazwischen. Der junge Mann war geradewegs dabei, sich mit seiner Einlassung um Kopf und Kragen reden.
Asylantrag des Angeklagten wurde abgelehnt
Wieder kam es zu einer Unterbrechung der Verhandlung und wieder erklärte der Verteidiger dem Angeklagten die geringen Aussichten auf einen Freispruch. Wieder wurde erregt auf dem Gerichtsflur diskutiert. Im Anschluss gelang es ihm dann doch, die entscheidenden Worte über die Lippen zu bekommen und die Berufung zurückzunehmen. Nicht jedoch ohne nochmals auf sein Unverständnis zu verweisen. Egal, wie er sich entscheide, er werde so oder so eingesperrt, sagte er.
Die Verhandlung vor dem Landgericht hatte über eine Stunde später als angesetzt begonnen. Wie der Verteidiger später erklärte, hatte der Angeklagte Angst, dass er noch im Gericht festgenommen wird. Der Asylantrag des jungen Mannes wurde inzwischen abgelehnt. Er ist damit ausreisepflichtig. Seine Haftstrafe muss er zuvor dennoch antreten. Mit der Rücknahme der Berufung hat er nun zumindest noch einige Wochen Zeit, bis er die Haftstrafe antreten muss.