Es ist Maßarbeit nötig, um durch den Bogen der alten Mainbrücke in Marktheidenfeld zu fahren. Das Führerhaus des Schiffes ist hinter die meterhohe Fracht abgesenkt, so dass der Schiffsführer sich nur auf seine Außenkameras verlassen kann.
Doch selbst das würde nicht reichen, um die 8,40 Meter hohe Fracht durch das Nadelöhr zu schleusen. So greift der Schiffsführer zu einem Trick: Er hat 220 Tonnen Split als Ballast geladen, um sein Schiff tiefer ins Wasser zu legen. Außerdem hat er oberhalb der Mainbrücke, die er gerade talwärts passiert, noch 1000 Tonnen Wasser in seine Tanks aufgenommen. Die drücken das Motorschiff „Stark“ noch weiter in den Main.
Ein Trick ist nötig
Jetzt endlich ist die Durchfahrtshöhe erreicht, die eben noch eine sichere Passage erlaubt.
Flankiert von der Strompolizei nimmt der Schiffsführer souverän das nicht ungefährliche Hindernis. Er fährt im Auftrag des Lengfurter Schifffahrtunternehmens IZB-Cargo & Co. GmbH.
Nur mit Sondergenehmigung
Senior-Chef Klaus Ludorf hat für den Transport eines MAN-Generators eine Sondergenehmigung von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd erhalten. Damit darf der Schiffsführer die „Stark“ an kniffligen Stellen bis zu 2,80 Meter tief in den Main pressen. Normalerweise ist ein Tiefgang von bis zu 2,40 Metern erlaubt, erklärt Ludorf.
Die Fracht ist in Deggendorf vom MAN-Werk direkt aufs Schiff gehievt worden. Über die Donau, den Main-Donau-Kanal, den Main und den Rhein muss das knapp 600 Tonnen schwere Ungetüm samt 200 Tonnen Zubehör ins niederländische Antwerpen transportiert werden.
Spezialschiff im Einsatz
IZB-Cargo verwendet dafür ein Spezialschiff, das früher über Nord- und Ostsee geschippert ist. Sein Vorteil: ein starker Schiffskörper, der auch schwere Frachtstücke ohne weiteren Unterbau aufnehmen kann. Außerdem verfügt die „Stark“ über Wassertanks die maximal 1400 Tonnen Flüssigkeit fassen, um das Schiff tiefer zu legen.
95 Meter lang und 11,2 Meter breit ist das Motorschiff im Besitz der Familie Ludorf. Der MAN-Reaktor passt mit 17,8 Metern Länge, 8,4 Metern Höhe und 6,4 Metern Breite haarscharf in den Frachtraum. „Beim Verladen hat man mit dem Zollstock nachgemessen“, erzählt Ludorf von der Präzisionsarbeit.
Der Senior-Chef, dessen Tochter Julia Steffen inzwischen das Unternehmen führt, kommt angesichts des Spezialtransports automatisch auf das Reizthema Brückenausbau in Marktheidenfeld und Lohr zu sprechen.
Behörden am Zug
Die Schifffahrt verlasse sich auf die Versprechungen der Behörden, die eine ungehinderte Fahrt für bestimmte Höhen, Längen und Breiten zugesagt hätten. „Die Schifffahrttreibenden verlangen den entsprechenden Ausbau“, sagt Ludorf. Für den Schiffersmann steht fest, dass die alten Brücken in Lohr und Marktheidenfeld die Nadelöhre auf der europäischen Binnen-Wasserstraße Donau – Main – Rhein sind.
Die Entscheidung, ob diese Nadelöhre entschärft werden, trifft das Bundesverkehrsministerium. Sie wird noch für dieses Jahr erwartet.