Der Montag, 22. Oktober 2012, ist für die Büttnerei Aßmann ein historischer Tag. Da nämlich wurde zum letzten Mal Apfelsaft gepresst. Andreas Aßmann (42) konzentriert sich künftig ganz auf die Fassmacherei. Nur noch acht richtige Büttnereien gibt es in ganz Deutschland. Und die Nachfrage nach Holzfässern ist immens, erklärt der Eußenheimer.
Am Dienstag und Mittwoch reinigte Andreas Aßmann die Presse, die Presstücher, alles, was mit der Kelterei zu tun hat. Die Boxen vor dem Betriebsgebäude, in denen immer im Herbst die angelieferten Äpfel zwischengelagert wurden, waren bereits leer. Nur noch ein paar Gittercontainer voller Quitten standen abholbereit da. Sie werden zu Hochprozentigem gebrannt.
Großvater Josef Aßmann hatte in Eußenheim 1945 die Büttnerei eröffnet und begann 1956 zusätzlich mit dem Keltern von Obst. Vater Karl übernahm beides 1967. Andreas Aßmann, der 1994 wie Vater und Großvater die Meisterprüfung als Fassmacher ablegte, führte das alles ab 1996 weiter.
Doch die Mosttrinkerkultur ist zurückgegangen“, stellt er fest. Das verläuft analog zum Bier: Die Menschen trinken weniger Alkohol als früher. Außerdem seien sie bequemer geworden. Es bücken sich nicht mehr so viele nach heruntergefallenen Äpfeln. „Dabei könnten sie sich dafür einen Besuch im Fitnesscenter sparen.“ Und der Bezug zur Natur habe nachgelassen. Aßmann: „Heute kommen einige gleich Anfang September mit ihrem Obst, egal ob es reif ist oder nicht. Das Gefühl dafür ist nicht mehr so da.“
Höhepunkt in den 80ern
Wurde seinerzeit sechs Tage die Woche gekeltert, so hat Andreas Aßmann dies vor fünf Jahren schon reduziert auf Montag, Freitag und Samstag. Der Höhepunkt sei Mitte der 80er Jahre gewesen. Da standen die Bulldogs mit Anhängern in der ganzen Straße, dem Mühlweg. Und es wurde 14 Stunden am Tag gepresst. Jetzt genügten problemlos die drei Termine mit jeweils zwölf Stunden – inklusive täglich zwei Stunden Reinigungsarbeiten. Seit 16 Jahren hat auch Andreas Aßmanns Frau Marion mitgekeltert. Das Fassgeschäft sei die vergangenen Jahre so angewachsen, dass die Zeit fürs Keltern eigentlich fehlt.
Andreas Aßmann gibt die Kelterei mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf. „Manche Kunden tun mir leid.“ Es gebe einige angenehme Altkunden, die ihn noch als kleinen Bub kennen. Bei anderen ist er froh, dass es nun vorbei ist. So habe es immer wieder Rentner gegeben und von hinten in der Warteschlange ganz nach vorne fuhren und sofort bedient werden wollten.
Auch einige Kinder von Eußenheim werden den frisch gepressten Apfelsaft vermissen. Aber selbst bei denen habe das Interesse nachgelassen. Etwa 100 Kinder aus der Schule oder dem Kindergarten besichtigten den Betrieb Aßmann heuer. Nur wenige kamen später auch, um Saft zu holen. „Manche sind auch empfindlich und beklagen, dass sich beim naturtrüben Apfelsaft unten im Glas etwas absetzt.“
Mehr Produktionsfläche
Die Kelter-Einrichtung kommt nun raus, womit der Betrieb rund 80 Quadratmeter mehr Produktionsfläche gewinnt. Vier Gesellen und ein Lehrling arbeiten hier. Aus Spessarteiche werden Fässer bis 5000 Liter Inhalt gefertigt. Zu fast 100 Prozent nehmen sie später Wein und Destillate auf. Der Fassmacher sagt: „Gewisse Weine müssen ins Holz.“ Apfelmost dagegen bauen die meisten inzwischen in Kunststofffässern aus. Insofern findet auch in dieser Hinsicht eine Entkoppelung statt.
Während die Mostkunden aus einem Umkreis von etwa 20 Kilometern nach Eußenheim kamen, erreicht der Radius bei den Fasskunden inzwischen 500 Kilometer. Außer aus Deutschland kommen die Kunden aus Frankreich, Österreich, Italien, aber auch aus Schweden. So reist Andreas Aßmann schon einmal bis Stockholm, um dort Fässer zu reparieren. Denn auch das gehört zu seinem Tätigkeitsfeld.
Die Mostkunden werden sich in der Umgebung nach anderen Möglichkeiten umsehen, wo sie künftig ihr Obst verwerten können.