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Karlstadt: Schutzraum Karlstadt: Atombunker in der Tiefgarage ist nicht mehr funktionstüchtig

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Schutzraum Karlstadt: Atombunker in der Tiefgarage ist nicht mehr funktionstüchtig

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    Schätzungsweise 40 Zentimeter stark sind die mächtigen Stahltore zum Verschließen der Karlstadter Tiefgarage.
    Schätzungsweise 40 Zentimeter stark sind die mächtigen Stahltore zum Verschließen der Karlstadter Tiefgarage. Foto: Karlheinz Haase

    In jüngerer Zeit hat aufgrund des Kriegs in der Ukraine das Thema "Schutzraum" unerwartete Aktualität erlangt. Vielen in Karlstadt ist gar nicht bekannt, dass ein Teil der städtischen Tiefgarage als Bunker ausgelegt wurde. Ursprünglich galt er sogar als geeignet für den Fall eines Atomkriegs. Dieser Funktion könnte er heute nicht mehr gerecht werden.

    Denn mit dem Ende des Kalten Kriegs wurden die Schutzraumkonzepte der Bundesrepublik aufgegeben. 2007 einigten sich Bund und Länder sogar darauf, die funktionale Erhaltung von Schutzräumen aufzugeben. Inzwischen mehren sich die Diskussionen um die Vorsorge für Kriegs- und Katastrophenfälle. Wurde der Karlstadter Schutzraum in der Tiefgarage angesichts dieser Entwicklung auch in der Stadtverwaltung thematisiert? Aufgrund der aktuellen Geschehnisse sei das Thema verwaltungsintern "lose" besprochen worden, berichtet der für Presseauskünfte zuständige Uli Heck.

    Diese drei Ventilatoren lassen sich notfalls auch mit Handkurbeln betreiben.
    Diese drei Ventilatoren lassen sich notfalls auch mit Handkurbeln betreiben. Foto: Karlheinz Haase

    Platz für 1550 Menschen im Bunker

    Wie an den rund 40 Zentimeter dicken Stahltoren zu erkennen ist, umfasst der einstige Schutzraum den Teil der ersten Tiefgarage. Dieser reicht vom Theresienheim bis zur Alten Bahnhofstraße. Einzelheiten zu dem Schutzraum sind in der Stadtverwaltung nicht mehr bekannt beziehungsweise es müsste erst nachgeforscht werden.

    Geplant wurde die Tiefgarage mit Bunker seinerzeit im Architekturbüro Haase & Wiener. Werner Haase nennt aus dem Stegreif den Zeitraum von 1985 bis 86 als Baujahre. Seinen Worten zufolge hätten 1550 Menschen drinnen für maximal etwa 14 Tage Platz finden können.

    Ob und mit welchem Aufwand der Schutzraum wieder funktionstüchtig gemacht werden könnte, ist mit großen Fragezeichen versehen. Auch Laien sehen auf den ersten Blick, dass die dicken Stahltore nicht mehr verschlossen werden könnten. Bei den Treppenabgängen wurden zur leichteren Begehbarkeit ganz unten Stufen eingesetzt, die das Verschließen verhindern.

    Die nachträglich eingebaute Stufe verhindert, dass das Stahltor zugeschoben werden kann.
    Die nachträglich eingebaute Stufe verhindert, dass das Stahltor zugeschoben werden kann. Foto: Karlheinz Haase

    Technik wirkt noch gut erhalten

    Beeindruckend sind die riesigen Tore am Übergang zum neueren Teil der Tiefgarage, der Anfang der 1990er Jahre auf dem einstigen Areal der Frankenbräu gebaut wurde, und an der Einfahrt zur Tiefgarage. An dieser Einfahrt wurde der Boden etwas egalisiert, sodass sich das Tor nicht mehr zuschieben lässt. Fraglich ist, ob es ohne diese Veränderung möglich wäre, denn im unteren Bereich beginnt der Rost zu nagen. Mit dem 2017 in Betrieb genommenen Aufzug wurde die Schutzfunktion des Bunkers weiter gestört, weil dessen Decke dafür durchbrochen wurde.

    Gut erhalten wirkt hingegen die Bunkertechnik, die sich unterhalb der Einfahrt befindet. Insgesamt schätzungsweise 20 Meter mal 24 Meter messen die Räume, in denen Belüftungsanlagen installiert sind. Bei einer Begehung mit dem stellevertretenden Stadtwerkeleiter Christoph Fluhrer weist dieser auf die großen Tonnen hin, in denen sich Aktivkohle befinde. Im Notfall hätte man die Belüftung mit Handkurbeln in Gang halten können. Acht Kunststoffduschkabinen und vier Waschrinnen mit je vier Wasserhähnen sind eigelagert, dazu Trockentoiletten. Betten oder Lebensmittel sind nicht gelagert.

    Waschbecken und Kunststoffduschkabinen stehen im unterirdischen Lagerraum des Bunkers bereit.
    Waschbecken und Kunststoffduschkabinen stehen im unterirdischen Lagerraum des Bunkers bereit. Foto: Karlheinz Haase

    2018 wurde Vereinbarung zur "Entwidmung" geschlossen

    Spätestens seit 2010 gab es keine Bemühungen mehr, den Schutzraum funktionstüchtig zu halten. Heck: "2010 hat die Regierung von Unterfranken bereits eine Entlassung aus der Schutzraumbindung angekündigt und daher Kostenbeteiligungen/Erstattungen wegen notwendiger Instandsetzungsarbeiten am Bunker ausgeschlossen."

    2018 kam es sogar zu einer offiziellen "Vereinbarung zur Entwidmung der Schutzraumfunktion" zwischen dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz, der Regierung von Unterfranken sowie der Stadt Karlstadt. Darin heißt es: "Vor dem Hintergrund der geänderten Bedrohungslage nach Ende des Kalten Krieges benötigt der Bund den Schutzraum nicht mehr für Zivilschutzzwecke und gibt ihn auf." Im Falle der Beseitigung des Schutzraums sind keine Ersatzschutzplätze zu schaffen.

    Weiter heißt es, Bund und Freistaat erstatten keine Kosten mehr für Verwaltung und Unterhalt des Bunkers, ebenso für den etwaigen Ausbau und die Entsorgung von Schutzraumeinbauteilen oder -technik. "Bewegliche Ausstattungsgegenstände werden von der Eigentümerin (der Stadt) auf die  kostengünstigste Art und Weise entfernt und fachgerecht entsorgt", heißt es weiter. "Der Bund erstattet der Eigentümerin auf Nachweis die Kosten für Abtransport und Entsorgung."

    Bundesamt für Bevölkerungsschutz erhält viele Anfragen

    Beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn gehen aktuell unzählige Anfragen ein. Das Amt gibt daher schon präventiv auf seiner Website auf die häufigsten Fragen Antwort. So ist dort er zu erfahren: "Im Rahmen der aktuell durchzuführenden Bestandsaufnahme der noch verbliebenen Schutzräume von Bund und Ländern wird unter anderem der Status ihrer Schutzwirkung geprüft."

    Eine Trockentoilette, eingelagert unter der Einfahrt zur Tiefgarage.
    Eine Trockentoilette, eingelagert unter der Einfahrt zur Tiefgarage. Foto: Karlheinz Haase

    Die Bundesrepublik verfüge über eine "durchaus solide Bausubstanz" wie U-Bahn-Stationen, Tiefgaragen oder massiven Kellerräumen, die unter bestimmten Umständen Schutz vor Kriegswaffen bieten können und hier speziell vor Explosionsdruckwellen, umherfliegenden Splittern oder herabfallenden Trümmern Schutz bieten. Ein begrenzter Schutz vor radioaktiver Umgebungs-Strahlung sei gegeben – und zwar umso besser, je massiver und dicker das Baumaterial ist, und je massiver und dicker das Erdreich ist, das das Baumaterial umgibt.

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