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Karlstadt: Selbstständiger leben: Ein Assistenzhund warnt Anna aus Karlstadt vor Krampfanfällen

Karlstadt

Selbstständiger leben: Ein Assistenzhund warnt Anna aus Karlstadt vor Krampfanfällen

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    Um Anna während eines Anfalls zu beruhigen, legt sich Assistenzhund Atlas auf Annas Knie.
    Um Anna während eines Anfalls zu beruhigen, legt sich Assistenzhund Atlas auf Annas Knie. Foto: Hannah Staus

    Wenn Assistenzhund Atlas anschlägt, weiß Anna, dass sie jetzt handeln sollte. Sie verlässt die Vorlesung, sucht sich eine ruhige Ecke und beginnt ihre Übungen, um sich auf den anbahnenden Anfall vorzubereiten. Kratzt Atlas sie zusätzlich dazu mit der Pfote an ihrem Knie, weiß sie, dass sie sich am besten hinlegt. In fünf bis zehn Minuten wird ihr Körper dann nämlich anfangen zu krampfen. Steht sie zu dem Zeitpunkt, kann es sein, dass sie stürzt, sich den Kopf aufschlägt oder sich anderweitig verletzt. Mit Hilfe ihres Assistenzhundes kann sie sich jedoch auf die Anfälle vorbereiten und Verletzungen vermeiden.

    So glimpflich gingen die Krampfanfälle, die Anna oft fünfmal in der Woche hat, vor Atlas nicht aus. Im September begleitete die Main-Post die mittlerweile 23-jährige Studentin schon einmal in ihrem Alltag. Ein Rückblick: Kinderschreien, klappernde Einkaufswägen und Musik über die Lautsprecher. Dazu Produkte in allen möglichen Formen und Farben in den Regalen rings um Anna. Die Eindrücke des Supermarktes prasselten ungehindert nur so auf Anna ein. Ihrem Gehirn wurde das alles zu viel und Anna verlor fast den Boden unter ihren Füßen.

    Sie hat Krampfanfälle durch eine Posttraumatische Belastungsstörung

    Die Karlstadterin hat eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Die verhindert, dass ihr Gehirn Reize filtern kann. Jedes Geräusch und jede Bewegung interpretiert Annas Verstand als eine Gefahr. Das bedeutet durchgehenden Stress in jeder Minute ihres Alltags. Ihr Gehirn reagiert darauf mit unterschiedlichen Symptomen. Unter anderem kapselt es sich von ihrem Körper ab, dissoziiert. Dann kann Anna ihre Arme und Beine nicht mehr spüren oder bewegen. Zahlreiche Verletzungen, von Schürfwunden bis Platzwunden am Kopf, gehörten damit in der Vergangenheit zu Annas Alltag. Dinge alleine unternehmen, ein selbstständiges Leben führen war damit nicht möglich.

    Im September letzten Jahres bat Anna deshalb die Main-Post-Leserinnen und -Leser um Spenden. Noch etwas mehr als 6000 Euro fehlten der Studentin damals, um sich einen Assistenzhund leisten zu können. Durch zahlreiche private Spenden und eine Großspende des Lions Club Karlstadt kamen rund 3000 Euro zusammen. Das ermöglichte es Anna, die restlichen Kosten für ihren Assistenzhund Atlas zu decken: "Es war eine große Hilfe für die ich echt dankbar bin. Vor allem einerseits für das Vertrauen und die Unterstützung und auch dafür, dass dadurch Atlas jetzt tatsächlich bei mir ist. Ich bin jeden Tag dankbar, dass er mich auch durch die Unterstützung der Main-Post-Leserinnen und -Leser begleiten kann."

    Seit März hat die Karlstadterin einen Assistenzhund

    Seit März dieses Jahres wohnt Atlas nun bei Anna, und Anfang Juni haben sie auch seine Assistenzhund-Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Seitdem hat sich Annas Leben grundlegend verändert: "Seit er da ist, habe ich Sachen gemacht, die davor seit Jahren nicht mehr möglich waren. So etwas wie alleine Klamotten einkaufen oder alleine in den Supermarkt. Ich bin jetzt auch das erste Mal wieder eine längere Strecke alleine Zug gefahren, ohne darauf angewiesen zu sein, dass mich jemand besucht oder ich abgeholt werde."

    Auch Annas Verletzungen sind merklich zurückgegangen: "Seit Atlas mir zuverlässig die Krampfanfälle anzeigt, hatte ich keine Gehirnerschütterung oder ähnliches mehr. Es ist ein ganz anderes Lebensgefühl", erzählt Anna und muss dabei schmunzeln. Zu Atlas' Hauptaufgaben gehört es, ständig darauf zu achten, ob Anna Stresshormone aussendet, und sie gegebenenfalls zu warnen, damit sie sich auf einen Anfall vorbereiten kann.

    Im Falle eines Anfalls kann er auch Annas Notfalltasche aufspüren und zu ihr bringen oder sich auf ihre Beine legen, um einen beruhigenden Druck auszuüben. Alles scheinbar kleine Aufgaben, die Annas Leben jedoch im großen Maße verbessert haben – auch dank der zahlreichen Spenderinnen und Spendern.

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