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HOHENROTH: SOS-Dorf: Die Molkerei arbeitet wieder

HOHENROTH

SOS-Dorf: Die Molkerei arbeitet wieder

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    Ein Becher in der Abfüllmaschine.
    Ein Becher in der Abfüllmaschine. Foto: Björn Kohlhepp

    Seit Ende März mussten Kunden der Molkerei des SOS-Dorfes Hohenroth darben. Weil der über 20 Jahre alte Dampfkessel den Geist aufgegeben hatte, konnte in der kleinen Molkerei keine Milch mehr pasteurisiert werden, weshalb die Produktion stillstand. Anfang August ist nach einem Umbau der Betrieb mit einem neuen Dampfkessel wieder angelaufen. Jetzt wird in Hohenroth wieder Milch, Joghurt, Frischkäse, Schichtkäse und Quark hergestellt.

    350 Liter Milch am Tag liefern die 25 Hohenrother Kühe, die gerade Milch geben. In der Zeit, als die Molkerei nichts produzieren konnte, wurde die Rohmilch weiterverkauft. Normalerweise kommt sie aber frisch von der Kuh zur Verarbeitung. Dann wird, so ist es Vorschrift, die Milch kurz auf 72 Grad erhitzt und damit pasteurisiert. Aber sie wird nicht homogenisiert, wobei Milchkügelchen durch Druck und kleine Düsen zerkleinert werden, und Rahm und Magermilch werden nicht getrennt, erklärt Molkereimeister Dirk Finster, 61. Deshalb gibt es aus Hohenroth weder Sahne noch Butter. Alle Produkte haben den natürlichen Fettgehalt, die Frischmilch 3,8 bis 4 Prozent. Bei der Milch hat dies den, für manche unerwünschten, Nebeneffekt, dass sich eine Rahmhaut bildet.

    Milch soll lebendig bleiben

    „Die Lebendigkeit der Milch müssen wir erhalten“, sagt Finster. Die Milchprodukte werden nicht durch Erhitzen besonders lange haltbar gemacht. Das klingt nach Anthroposophie, und ist es auch. Schließlich basieren die Ideen hinter dem biologischen Demeter-Anbauverband, dem Hohenroth angehört, auf den landwirtschaftlichen Konzepten und der spirituell-esoterischen Weltanschauung des Anthroposophiebegründers Rudolf Steiner.

    Auch das Tierwohl ist Teil von Demeter, weshalb die Hohenrother Kühe, die alle einen Namen haben, ihre Hörner behalten dürfen. Zwar dürfen die Tiere täglich ins Freie, aber noch ist der Kuhstall ein Anbindestall. Das soll sich laut Alexander Seith, der den Bereich Arbeit leitet, im nächsten Jahr mit einem Anbau ändern. Dann sollen die Kühe einen Laufstall erhalten.

    Gewollt viel Handarbeit

    In der Molkerei, die Dirk Finster 1984 aufgebaut hat, gibt es viel Handarbeit. „Wir brauchen die Handarbeit auch für die Beschäftigung der Leute“, sagt er. Neben Finster arbeiten drei Betreuer in der Molkerei und halbtags 14 Betreute, die beschäftigt sein wollen. Aber handgeschöpfter Quark schmecke auch ganz anders. „Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht.“

    Weil schon die Produktion stillstand, wurden auch gleich der Molkerei- und Abfüllboden sowie Rohrleitungen ausgetauscht. Die Molkerei musste dafür komplett ausgeräumt werden. Die Arbeiten haben ihre Zeit gebraucht, weshalb erst jetzt wieder der Molkereibetrieb aufgenommen wurde. Die Produkte verlassen in der Regel noch am Produktionstag den Hof, was auch der kurzen Haltbarkeit geschuldet ist.

    Keine Aromen, sondern echte Ausgangsprodukte

    Ein wenig erhöht wird die Haltbarkeit mit ätherischen Ölen aus frischem Knoblauch für den Knoblauchfrischkäse und richtigem Meerrettich in einem anderen Frischkäse. Beim Joghurt werden neben Naturjoghurt vier verschiedene Fruchtsorten produziert. In den Fruchtjoghurt kommt wenig Zucker und ansonsten keinerlei Aromen, sondern richtige Früchte.

    Für die Sorte Pfirsich-Maracuja etwa kommt ein Fruchtmus aus einer Drei-Kilo-Dose. Was die Molkerei nicht mehr produziert ist Erdbeerjoghurt. Die Leute seien die künstlichen Erdbeeraromen so gewohnt, dass ihnen ein natürlicher Erdbeerjoghurt gar nicht mehr schmecke, so Finster.

    Zum einen wird Milch, Quark und Joghurt lose in Kannen oder Eimern geliefert, etwa an den Benediktushof in Holzkirchen oder das Burkardushaus und Kloster Himmelspforten in Würzburg. Zum anderen gibt es Frischmilch, Joghurt, Fruchtjoghurt, Frischkäse, Speisequark und Schichtkäse aus Hohenroth abgepackt in verschiedenen Supermärkten und Naturkostläden im nahen Umkreis zu kaufen.

    Neben der Molkerei befindet sich der Abfüllraum. In eine kleine, sich drehende Abfüllmaschine passen acht Joghurtbecher, von denen einer nach dem anderen befüllt und verschlossen wird. Beim Abfüllen muss ein Mitarbeiter danebenstehen und die vollen Becher herausnehmen. Das Etikettieren geschieht ebenfalls von Hand.

    Früher gab es in Hohenroth zwei Kuhställe und die doppelte Anzahl an Kühen, die Milch geben. Damals wurden auch verschiedene Käse hergestellt. Doch seitdem ein Stall aufgegeben wurde, auch weil die Betreuten immer älter werden und die Stallarbeit fordernd ist, werden nur noch Frischwaren produziert, weil sie mehr Arbeit machen. „Käse kann ich auch mit zwei Betreuten allein machen“, sagt Finster. Camembert ist heute nur noch „Pufferprodukt“, wenn mal etwas Milch übrig ist.

    Molkereimeister sucht einen Nachfolger

    Vor Kurzem war Finster 33 Jahre beim SOS-Dorf beschäftigt. „Das war für mich eine Herausforderung, einen Betrieb aufzubauen“, sagt Dirk Finster. Ende des Jahres hört der Molkereimeister auf, genauso wie ein Molkereitechnologe. Finster und Arbeitsbereichsleiter Seith fürchten, dass die Neubesetzung der Stellen nicht leicht ist. Wegen der Arbeit mit Betreuten entstehe eine Doppelbelastung, der man gewachsen sein müsse. Aber, sagt Finster: „Es ist kein Job, es ist eine Passion.“ Er habe all die Jahre Spaß an der Arbeit gehabt, sonst hätte er sie nicht gemacht.

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