Der 48-Jährige Bernd Stamm aus Hausen erhielt am 9. April folgende Diagnose: Er leidet an einer seltenen und aggressiven Form von Blutkrebs - die sogenannte T-Prolymphozyten-Leukämie. Die Nachricht traf ihn und seine Familie nach wochenlanger Suche nach einer Diagnose. Vor einem dreiviertel Jahr erschienen ihm erste Symptome: Hautausschläge und Müdigkeit. Etliche Arztbesuche mit verschiedenen Untersuchungen halfen zunächst nicht weiter. Schließlich lieferte kürzlich ein Arzt aus der Uniklinik in Würzburg den Befund: Leukämie.
Die Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern hat, unabhängig von Stamms Erkrankung, in Zusammenarbeit mit dem Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes vergangenen Mittwoch in Retzstadt einen Blutspendetermin veranstaltet. Das Besondere an diesem Tag war eine zusätzliche Typisierungsaktion, also die Möglichkeit, sich im Rahmen einer Blutabnahme oder durch Wangenabstrich als Stammzellenspender registrieren zu lassen. Hintergrund dieser Aktion: Freunde und Verwandte des Leukämieerkrankten Bernd Stamm wollten einen Stammzellenspender für ihn finden.
Typisierungsaktion soll Bernd Stamm bei der Stammzellenspendersuche helfen
Stamm arbeitet in der technischen Entwicklung bei Volkswagen in Wolfsburg. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin lebt er in Steinfeld-Hausen. Nun steht Stamm vor einem schweren Kampf gegen eine Krankheit, bei der auf eine Stammzellenspende angewiesen ist.
Seine Schwägerin Nicole Stamm und seine enge Freundin Claudia Rauch brachten die Typisierungsaktion in Retzstadt kurzfristig ins Rollen. Die beiden ermittelten den nächstgelegenen Blutspendetermin in der Umgebung und setzten sich mit den Verantwortlichen in Verbindung. Dann entwickelten sich die Vorbereitungen rund um den Termin sehr zügig. "Ich war total fasziniert, dass alles so schnell ging und wollte schon das Plakat erstellen", erzählt Claudia.
Dies tat sie mit Schwägerin Nicole letztendlich auch. Mit dem Aufruf "Bernd Stamm braucht deine Hilfe - jetzt!" verbreiteten sie die Aktion für den Erkrankten mit großem Erfolg. Die Schwägerin berichtet begeistert: "Ich habe mein WhatsApp aufgemacht und gesehen, dass über 50 Leute den Flyer gleichzeitig in den Status gestellt haben". Der Aufruf ging durch die sozialen Medien wie ein Lauffeuer, erzählt sie.
Bei einer Typisierungsaktion, die häufig von Familie oder Freunden des Blutkrebspatienten ausgeführt wird, ist das Ziel, mehr Menschen dazu zu bringen, sich als mögliche Stammzellenspender testen zu lassen. Gleichzeitig werde aber auch auf das Thema Blutkrebs im Allgemeinen aufmerksam gemacht, so Tobias Arold. Er arbeitet nebenberuflich bei der Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern.
Doppelte Hilfsbereitschaft: Blut spenden und gleichzeitig Stammzellenspender werden
Arolds Frau ist vor einigen Jahren selbst an Leukämie verstorben, weshalb ihm die Typisierung sehr am Herzen liegt. Tobias Arold war maßgeblich an der schnellen Terminorganisation und Plakaterstellung beteiligt. "Die Krankheit ist heimtückisch und man kann nicht planen", sagt er. Seine Tochter unterstützte die Aktion ebenfalls.

Bei der Aktion in Retzstadt erhielten die Spender zum Einem die Möglichkeit, sich im Rahmen der Blutspende typisieren zu lassen, indem sechs Milliliter mehr Blut abgenommen wurden. Zum Anderem gab es die Möglichkeit zum Wangenabstrich. Nicole Stamm und Claudia Rauch führten die Speichelprobe in einem Nebenraum durch. Jede in Frage kommende Person, die sich registrieren lassen möchte, führte einen Tupfer an der Wangeninnenseite entlang. Ein einfacher und unkomplizierter Vorgang, der nur 30 Sekunden dauerte. "Die daraus gewonnen Ergebnisse werden in einem Labor analysiert", erklärte Tobias Arold. Die Daten würden bis zum 61. Geburtstag des Spenders gespeichert werden, sofern die Registrierung nicht vor diesem Zeitpunkt gelöscht werde.
Erfolgreicher Tag in Retzstadt
Prinzipiell sei es möglich bei jedem Blutspendetermin auf Wunsch auch Stammzellenspender zu werden, erklärt ein Mitarbeiter des Blutspendedienstes, Leon Lipecki. Ein Typisierungsset könne man sich auch nach Hause schicken lassen.

In Retzstadt erschienen 124 Personen zur Blutspende. Allein wegen der Typisierung per Wangenabstrich seien laut Lipecki 27 Menschen vor Ort gewesen. "So kurzfristig so viele hilfsbereite Menschen zu finden war der Wahnsinn", freute sich Bernd Stamms Schwägerin.
Die Freundinnen Kerstin und Anne nahmen den Termin in Retzstadt ebenfalls wahr. Kerstin erzählte stolz, dass sie zum 42. Mal als Spenderin erschien: "Ich spende vier Mal im Jahr". Anne hingegen ist zum vierten Mal zum Blutspenden gekommen und kann sich vorstellen dies auch in Zukunft zu tun.
Der Anteil an jungen Spendern und Spenderinnen sei in ländlicheren Regionen wie Retzstadt eher gering, erzählt Leon Lipecki. "Das ist aber überhaupt nicht schlimm, weil die ältere Generation regelmäßig und sogar mehrmals im Jahr zu den Terminen kommt". In der Universitätsstadt Würzburg gäbe es vergleichsweise mehr Erstspender, aufgrund der vielen jungen Studenten dort.
Die nächste Blutspendeaktion mit Typisierungsmöglichkeit findet am 7. Mai in Lohr am Nägelsee Schul- und Sportzentrum statt.