Im alten Lohrer Rathaus versammelte sich am Dienstagnachmittag Mitglieder der Lohrer Stadtgesellschaft, Lokalpolitik und der Blaulichtorganisationen zu einem freudigen Ereignis: In einer emotionalen Zeremonie verabschiedete sich der bisherige Lohrer Polizeichef Wolfgang Remelka in den Ruhestand. Für seinen Nachfolger Johannes Schuhmann erfüllt sich mit der neuen Position nach eigenen Worten ein "Traum". Die Feier wurde jedoch durch die dramatischen Ereignisse am frühen Dienstagmorgen überschattet: Im Lohrer Ortsteil Sendelbach hatten Unbekannte um 4.20 Uhr in der dortigen Filiale der Sparkasse einen Geldautomaten gesprengt.

Unterfrankens Polizeipräsident Detlev Tolle verurteilt Rücksichtslosigkeit der Tat

Unterfrankens Polizeipräsident Detlev Präsident Tolle hatte sich vor dem Festakt mit seinem Vize Holger Baumbach selbst ein Bild von dem Tatort in Sendelbach gemacht: "Das sieht wüst aus. Man kann erahnen, mit welcher Heftigkeit der Sprengstoff dort detoniert sein muss." Er sprach von einer schwerwiegenden Straftat, die die Bevölkerung durchaus beunruhige. "Wenn Schwerverbrecher in Ihrer unmittelbaren Nähe so rücksichtslos versuchen, an Geld zu kommen, fühlen Sie sich hilflos."
Auch für die Polizei sei eine solche Situation unkalkulierbar. Die Täter seien für gewöhnlich hochmotorisiert, führen 300 km/h auf der Autobahn und nähmen keine Rücksicht auf Verluste. "So können wir als Polizei bei der Verfolgung nicht vorgehen. Hier richtig abzuwägen, das ist für uns und unsere jungen Kollegen auf der Straße eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt." Auch seiner 24-jährigen Tochter, die bei der Polizei tätig ist, habe er geraten, im Zweifel eher an das eigene und an das Wohl Unbeteiligter zu denken, als an die flüchtigen Täter.
Lohrs Bürgermeister Mario Paul wurde selbst durch die Explosion geweckt

Lohrs Bürgermeister Mario Paul, der nur 200 Meter vom Tatort in der Sendelbacher Straße 14 entfernt wohnt, hatte die nächtliche Explosion aus dem Schlaf geweckt: "Ich bin aufgewacht – offenbar durch ein lautes Geräusch, konnte das aber nicht richtig zuordnen", berichtet er. Kurz darauf habe er die Nachricht auf sein Handy bekommen, dass die Feuerwehr alarmiert worden sei. Die habe ihn dann am Morgen auch über die Hintergründe des Einsatzes informiert.
"Das ist natürlich ein schweres Verbrechen, das uns schon auch verunsichert", meint Paul mit Blick auf die Lohrerinnen und Lohrer. Heftig sei insbesondere, dass in einem Wohngebiet mit Sprengstoff hantiert worden sei, der "am Ende immer etwas Unkontrollierbares ist und das im schlimmsten Fall Menschenleben bedroht". Daher freue er sich, dass nach seinem aktuellen Wissensstand niemandem etwas passiert sei. Er hofft, dass die zuständigen Behörden die geeigneten Mittel finden, "diesen Verbrechern das Handwerk zu legen".
Lohrs scheidender Polizeichef Wolfgang Remelka beruhigt die Lohrer

Auch Wolfgang Remelka, der sich mit den Feierlichkeiten am Dienstag mit 60 Jahren in die Altersteilzeit verabschiedete, bereitet das Tatmittel Sprengstoff Kopfzerbrechen: "Die Täter gehen da sehr rücksichtslos vor. Sie wissen die Sprengkraft oft gar nicht einzuschätzen und nehmen auch keine Rücksicht auf Personen, die im Haus wohnen."
Gleichzeitig möchte der scheidende Lohrer Polizeichef den Lohrerinnen und Lohrern auch unbegründete Sorgen nehmen: "Das ist ein Einzelfall. Das war jetzt die erste Automatensprengung in Lohr und es ist nicht zu vermuten, dass es jetzt reihenweise in Lohr oder im Raum Lohr zu solchen Taten kommt. In Lohr und Umgebung kann man immer noch sicher leben."
Lohrs designierter Polizeichef Johannes Schuhmann ist erstaunt über Dreistigkeit der Täter

Remelkas Nachfolger Johannes Schuhmann, der mit seiner Familie im Lohrer Ortsteil Wombach lebt, tritt am 1. Mai seine Position als Dienststellenleiter in der Lohrer Inspektion an. Als er am Dienstagmorgen von den Geschehnissen in Sendelbach gehört habe, habe er seinen Kolleginnen und Kollegen jedoch gleich Unterstützung angeboten.

Schuhmann beschreibt die Tat als "widerwärtig" und wundert sich, dass es in Lohr dazu gekommen ist: "Die sind da untypisch vorgegangen. Normalerweise schlagen sie viel mehr in Autobahnnähe zu". Es handle sich dabei oftmals um Teams von drei, vier Mann aus den Niederlanden. Nach der Tat versuchten diese möglichst schnell auf die Autobahn zu gelangen, um auf diesem Weg unentdeckt zu entkommen. Die Autobahnentfernung von Lohr in die Richtungen Würzburg und Aschaffenburg sei da verhältnismäßig groß. "Da ist der Hubschrauber schnell da, es können Polizeisperren aufgebaut werden – das war schon dreist".