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Lohr: Ungewöhnlicher Fall am Klinikum Main-Spessart: Egbert Merz hatte einen Riss in der Speiseröhre

Lohr

Ungewöhnlicher Fall am Klinikum Main-Spessart: Egbert Merz hatte einen Riss in der Speiseröhre

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    Dr. André Ragheb, Chefarzt für Innere Medizin I am Klinikum Main-Spessart in Lohr, hatte mit dem Patienten Egbert Merz den ungewöhnlichen Fall eines Speiseröhren-Risses. Er wurde mit einer speziellen Schwamm-Therapie behandelt.
    Dr. André Ragheb, Chefarzt für Innere Medizin I am Klinikum Main-Spessart in Lohr, hatte mit dem Patienten Egbert Merz den ungewöhnlichen Fall eines Speiseröhren-Risses. Er wurde mit einer speziellen Schwamm-Therapie behandelt. Foto: Katrin Amling

    Eigentlich wollte Egbert Merz mit seiner Frau zum Valentinstag schön essen gehen. Doch der Ausflug endete für ihn im Krankenhaus. "Ich habe gleich den ersten Bissen nicht runtergebracht", erinnert sich Merz. Ihm sei schon öfter etwas in der Speiseröhre stecken geblieben, deshalb kannte er das Gefühl. Doch diesmal sei es anders gewesen: "Es ging nicht vorwärts und nicht rückwärts", so Merz. Schließlich musste er sich erbrechen und das Stück Fleisch, das festgesteckt war, sei dabei auch herausgekommen. Danach, so dachte er, sei alles wieder gut. Doch kurze Zeit später musste er sich nochmals übergeben und dabei kam auch eine große Menge Blut mit. "Ich hatte Schmerzen wie verrückt", sagt er.

    Mit seiner Frau ist der Sackenbacher sofort ins Klinikum Main-Spessart in Lohr gegangen, die Schmerzen wurden immer stärker. Am nächsten Morgen wurde bei Merz eine Magenspiegelung gemacht. Die brachte die überraschende Diagnose: Der 76-Jährige hatte einen Riss der Speiseröhre.

    Wenn Bakterien in den Brustraum gelangen, wird es gefährlich

    "Oberflächliche Risse in der Speiseröhre sehen wir durchaus häufiger", erklärt Dr. André Ragheb. Er ist Chefarzt für Innere Medizin I am Klinikum in Lohr und hat Merz behandelt. Auch dass bei älteren Menschen häufiger mal etwas beim Essen steckenbleibe, sei nicht ungewöhnlich. Meist löse sich das schnell wieder. "Aber ein kompletter Durchriss der Speiseröhre ist eine Rarität", so Dr. Ragheb. Etwa acht bis zehn Zentimeter lang war der Riss bei Merz. Man konnte quasi durch den Riss aus der Speiseröhre auf das umgebende Gewebe der Lunge sehen.

    Das Gefährliche daran: "Der Mund-Rachen-Raum und die Speiseröhre sind massiv bakteriell kontaminiert und der Bereich außerhalb hat quasi keine Abwehr", erklärt er. Besonders das Gewebe um die Lunge herum sei extrem empfindlich, wenn Bakterien eindringen. Ein Antibiotikum kann hier laut Dr. Ragheb nur wenig ausrichten. Denn die Durchblutung ist in diesem Bereich sehr gering ist, ein Antibiotikum müsste aber über den Blutstrom dorthin transportiert werden. "Bakterien haben hier deshalb ein relativ leichtes Spiel bei der Ausbreitung", erklärt der Arzt.

    Schwamm saugt alles um sich herum an

    Die Frage war also, wie das Sekret, das aus der gerissenen Speiseröhre ausgetreten ist, wieder eingefangen werden konnte. Noch ging es Merz zwar einigermaßen gut, doch er stand vor einer extrem gefährlichen Situation, wie Dr. Ragheb ihm und seiner Familie damals erläuterte. "Früher hat man Antibiotika gegeben und gehofft, dass es anschlägt. Der Riss wurde einfach zugenäht." Die Bakterien seien zu diesem Zeitpunkt aber ja schon ausgetreten.

    Ein Verfahren, wie man den Riss schließen und parallel die Bakterien bekämpfen kann, ist die Schwamm-Therapie. Über einen Schlauch wird dabei ein Kunststoff-Schwamm in die Speiseröhre über den Riss geschoben. Aus der Nase des Patienten ragt der Schlauch raus, darüber wird ein Unterdruck aufgebaut. Der Schwamm legt sich kreisrund um den Riss an und saugt gleichzeitig das kontaminierte Sekret an, das ausgetreten ist. Der Unterdruck sorgt zudem dafür, dass der Riss leichter zusammenwächst.

    "Bakterien haben hier ein relativ leichtes Spiel bei der Ausbreitung."

    Dr. André Ragheb, Chefarzt für Innere Medizin in Lohr

    Parallel hat Merz Antibiotika bekommen und wurde über einen Tropf ernährt. "Schon nach 48 Stunden, als wir den Schwamm zum ersten Mal entfernt haben, hat man gesehen, wie die Heilung eingesetzt hat", erzählt Dr. Ragheb. Und auch die Infektionswerte im Blut seien deutlich gesunken. Viel zu stark, als dass man es nur auf die Wirkung des Antibiotikums zurückführen könne. Der Schwamm zeigte also Wirkung.

    Langsam und bewusst essen ist für Merz jetzt wichtig

    Nach 13 Tagen konnte Merz schon wieder das Krankenhaus verlassen, heute geht es ihm wieder gut. Nur beim Essen müsse er ein wenig aufpassen und auch seine chronische Bronchitis bereite ihm am Morgen manchmal Probleme. "Ich muss jetzt immer sehr gut kauen", sagt Merz. Langsames und bewusstes Essen sei sehr wichtig. "Dazu kommt die Angst, dass sowas nochmal passiert."

    Die möchte ihm der Arzt aber nehmen: "Das Problem war damals das Husten in Verbindung mit dem Stück Fleisch, das feststeckte." Das zusammen habe die Speiseröhre überfordert. Nur das Husten allein würde nicht zu einem erneuten Riss führen. Sollte ihm aber noch einmal Essen im Hals stecken bleiben, müsse er auf jeden Fall den Drang zu Husten unterdrücken und gleich ins Krankenhaus kommen, sagt Dr. Ragheb.

    In Rekordzeit verheilt

    Ein wenig stolz ist Dr. Ragheb natürlich schon, dass das Klinikum in Lohr als kleines Krankenhaus den Fall so erfolgreich behandeln konnte. "Mein ganzes Team hat das toll gemacht", sagt er. Wenn Merz zum Beispiel nach Würzburg in die Uniklinik oder nach Aschaffenburg gemusst hätte, wäre wertvolle Zeit verstrichen.

    Etwas Glück sei aber trotz allem auch dabei gewesen: "Ich habe viele Fälle dieser Art gesehen, bei denen ein Riss trotz der Schwamm-Therapie nicht gut geheilt ist und auch schon einige Menschen an dieser Verletzung sterben sehen." Auch angesichts seines Alters sei die Verletzung von Merz außergewöhnlich schnell geheilt. "Damit sind Sie fast schon Rekordhalter", sagt Ragheb.

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