Die ehemalige Papierfabrik in Gräfendorf ist dem Verfall preisgegeben. Problematisch ist, dass auf dem weitläufigen Gelände an der Schondra sowie in der zugehörigen Kläranlage wassergefährdende Stoffe lagern. Im Januar hat der Kreisbauausschuss den Auftrag für die Entsorgung gefährlicher Stoffe an die Firma Kirsch & Sohn aus Gemünden für rund 125.000 Euro vergeben. Laut Landratsamt befinden sich auf dem Gelände ein Öltank, der noch eine Restmenge Schweröl enthält, ein Flockulator (Gerät zur Abwasserklärung) sowie weitere Gefäße und Gebinde mit Stoffen und Materialien, die zum Betrieb der Papierfabrik benötigt wurden. Im Juli folgte nun ein weiterer Auftrag über die Entleerung der früheren Betriebskläranlage der Papierfabrik an Kirsch & Sohn für rund 240.000 Euro.
Aber warum kümmert sich der Landkreis um die Entsorgung, wo das rund 14.000 Quadratmeter große Gelände doch in Privateigentum der Hendriksen AG ist? Das Landratsamt teilt dazu auf Anfrage mit, die ehemalige Kläranlage vor dem Areal sei "herrenlos". Gräfendorfs Bürgermeister Johannes Wagenpfahl sagt, der schon verstorbene frühere Eigentümer der Papierfabrik Walter Pawlowsky habe sie herrenlos erklärt. "Damit ist es Eigentum des Freistaats", so Wagenpfahl.
Von der Hendriksen AG ist wegen Firmensitz Schweiz nichts zu holen
Nur das eigentliche Gelände der Papierfabrik gehört der Hendriksen AG mit Sitz in der Schweiz. Bei den wassergefährdenden Stoffen auf dem Gelände selbst habe man den Eigentümer aufgefordert, diese zu entsorgen, teilt das Landratsamt mit. Weil dieser nichts unternommen hat, die Stoffe aber zügig entsorgt werden sollen, habe der Landkreis die Sache im Rahmen einer Verwaltungsvollstreckung in die Hand genommen. Dem Landratsamt sei nicht bekannt, dass von den Stoffen schon eine Verunreinigung der Schondra ausgegangen ist.

Beim Landratsamt geht man davon aus, dass die öffentliche Hand in beiden Fällen auf den Kosten sitzen bleiben wird. Bei der Kläranlage sowieso, und da der Eigentümer der ehemaligen Papierfabrik seinen Sitz in der Schweiz hat, sei aufgrund rechtlicher Hindernisse eine Vollstreckung "nicht zeitnah erfolgversprechend" – beziehungsweise offenbar gar nicht erfolgversprechend.
Kommen auf den Kreis weitere Kosten zu?
Mit den Aufträgen über insgesamt 365.000 Euro könnte aber noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht sein. Denn auf dem Gelände wurden laut Landratsamt Bodenverunreinigungen festgestellt, die noch nicht beseitigt sind. "Die vom Grundstückseigentümer geforderte Detailuntersuchung wurde noch nicht durchgeführt", teilt die Pressestelle des Landratsamts mit. Das Landratsamt konzentriere sich derzeit auf die Beseitigung der wassergefährdenden Stoffe und werde sich der Bodenverunreinigungen im Nachgang annehmen.
Die Hendriksen AG, die zumindest auch einen Sitz in Frankfurt hatte, übernahm die Papierfabrik 2008 nach der ersten Insolvenz, wollte sie eigentlich weiterbetreiben. Im Jahr darauf ging die Fabrik jedoch endgültig in Insolvenz. Eine Anfrage der Redaktion beim Unternehmen lief ins Leere.
Bürgermeister Wagenpfahl berichtet, dass es immer wieder Anfragen von Interessenten für einen Kauf des Geländes gebe. Er gebe diese dann weiter, aber bisher sei "nichts Greifbares" dabei herausgekommen.