Lange wurde zum Radverkehrskonzept diskutiert und geplant, nun sind erste Maßnahmen im Stadtgebiet sichtbar. Doch was zu Optimierungen führen soll, sorgt vorerst für Unmut und Verwirrung, bei Rad- wie Autofahrenden. Konkret geht es dabei um die Nordbrücke, die den Verkehr der Innenstadt mit der Siedlung verbindet. Hier gibt es neuerdings Bordsteinabsenkungen zum Gehweg hin und rote Farbe ist an Kreuzungen angebracht. Am meisten verwirren allerdings die Radsymbole und weiß-gestrichelten Linien am Straßenrand, die auf Höhe der Brückenmitte plötzlich enden.

Sowohl bei der Stadt als auch bei der Polizei gingen zahlreiche Rückmeldungen zu den umgesetzten Maßnahmen ein. "Die haben da einen neuen Radweg gebaut, aber der hört mittendrin auf", zeigt sich auch eine Autofahrerin vor Ort verwundert. Der Bordstein sei nicht abgesenkt, so komme man doch von der Straße mitten auf der Brücke nicht den Bordstein hoch. "Vielleicht ist es eine Radfahrer-Logik, die ich nicht verstehe", vermutet sie. Welche Regeln gelten und wie sich die Verwirrung lösen lässt, erklären Uli Heck, geschäftsführender Beamter der Stadt Karlstadt, und Thomas Kaiser von der Polizei Karlstadt, Leiter des Sachgebiets Verkehr in Main-Spessart.
1. Schilder und Symbole am Geh- und Radweg auf der Nordbrücke

Bordsteinabsenkungen und entsprechende Schilder zeigen es: Radfahrende können auf den Gehwegen an der Nordbrücke fahren. Allerdings nur im Schritttempo, erklärt Kaiser. Auf dem Geh- und Radweg an der Parkplatzausfahrt ist außerdem das Piktogramm eines Fahrrads mit einem Pfeil in Fahrtrichtung zu sehen. Theoretisch dürften Radfahrende dort in beide Richtungen fahren, doch Kaiser empfiehlt, den Weg nur in Fahrtrichtung der Straßenfahrbahn zu nutzen, wie vom Pfeil angezeigt.
2. Rote Markierungen auf der Straße nahe der Nordbrücke

Die rot markierten Bereiche an der Querung über die Straße "Am Hirschfeld" und an der Ein- und Ausfahrt des Parkplatzes hätten zunächst keine verkehrsrechtliche Bedeutung. Die Fahrradfahrer haben hier sowieso Vorfahrt, so Kaiser. Die rote Farbe und die Piktogramme seien als zusätzliche Warnungen für Autofahrer zu sehen, dass hier Radfahrer kreuzen könnten – sie verstärken die Vorfahrt der Radfahrenden nicht noch weiter. Autofahrende dürfen den Bereich befahren, um abzubiegen, sofern kein Fahrrad sich nähert.
3. Weiß gestrichelte Linien am Fahrbahnrand auf der Nordbrücke

Auf beiden Seiten der Nordbrücke erwartet Verkehrsteilnehmende eine weiß gestrichelte Linie, die einen Bereich von 1,5 Metern am jeweils rechten Fahrbahnrand für Radfahrende reserviert. Heck bezeichnet diesen Radstreifen als zusätzliches Angebot. "Damit haben Radfahrer die Wahl, ob sie auf der Fahrbahn oder dem Gehweg fahren möchten", so Heck. Der Gehweg wurde dafür in beiden Richtungen mit "Fahrräder frei"-Schildern ergänzt.
Allerdings: Die gestrichelte Linie endet in beiden Richtungen abrupt kurz vor dem Scheitelpunkt der Brücke. Dort gibt es keine Bordsteinabsenkung, um auf den Geh- und Radweg zu wechseln. Die Idee dahinter sei, dass die Radfahrer auf der "langsameren" Strecke bergauf im geschützten Bereich fahren können, so Heck. Bergab gibt es dann jeweils keine Schutzstreifen mehr an den Fahrbahnrändern. Die vorhandene Straßenbreite gibt leider keinen beidseitigen durchgängigen Schutzstreifen her, heißt es vonseiten der Stadt.

Warum wurden dann überhaupt zusätzlich zum Geh- und Radweg und die Schutzstreifen auf halber Strecke eingerichtet? Der Unterschied der beiden Wege ist, dass Radfahrende auf der Straße schneller fahren dürfen, auf dem Geh- und Radweg nur im Schritttempo, erklärt Kaiser.
Der Polizist stellt auch noch einmal klar: Die Schutzstreifen dürfen Radfahrende auf keinen Fall entgegengesetzt zur Fahrtrichtung befahren. Autofahrende müssen beim Überholen von Radfahrenden weiterhin 1,5 Meter Abstand halten, davon befreit der Schutzstreifen nicht.
4. Radweg-Ende weiterhin kurz nach der Brücke

Nach der Brücke, kurz vor dem Kreisverkehr, endet der gemeinsame Geh- und Radweg. Dort geht es dann für Radfahrende nicht weiter. Der Gehsteig ist mit einem Schild ausschließlich für Fußgehende markiert. Hier kann man schieben oder muss vor dem Kreisel auf die Straße einbiegen. Denn auch auf der anderen Seite gilt: Gehsteig nur für Fußgehende.
5. Freigabe der Alte Bahnhofstraße für Radfahrende

Die Freigabe von Einbahnstraßen für den Radverkehr, erläutert Heck, ist ein weiterer Baustein des Radverkehrskonzeptes. Dazu wurde nun die Alte Bahnhofstraße in Gegenrichtung für Radfahrerinnen und -fahrer freigegeben. Zu sehen ist das besonders an der roten Fläche an der Ausfahrt zur Ringstraße. Die rote Fläche sei dort ebenfalls lediglich als Warnung anzusehen, so Kaiser. Doch: Die durchgezogene weiße Linie auf der Fahrbahnmitte bedeutet, dass Autofahrer beim Linksabbiegen aus der Einbahnstraße heraus eben nicht die rote Fläche befahren dürfen. Damit ist diese Fläche für einbiegende Radfahrende reserviert.
6. "Haifischzähne" an der Kreuzung zur Langgasse

Eine Reihe kleiner Dreiecke ist an der Ecke Alte Bahnhofsstraße/Langgasse zu sehen. Diese sogenannten "Haifischzähne" gelten als Warnung für Radfahrende, dass sie den Verkehr der kreuzenden Straße beachten sollen.
Als nächste geplante Maßnahme werden voraussichtlich die mobilen Querungshilfen in der Bodelschwinghstraße auf Höhe der Johann-von-Korb Straße im Sommer zu festen Einrichtungen umgebaut.