Herausgekommen sind zehn Sekunden für den ersten Spielfilm von „Erwin Pelzig“ alias Frank-Markus Barwasser „Vorne ist verdammt weit weg“ (wir berichteten). Die paar Sekunden sollten doch eigentlich schnell im Kasten sein, möchte man meinen – wenn man nicht selbst im Filmgeschäft steckt. Dass dafür aber ein ganzer Tag „draufging“, wird man verstehen, wenn man das „außerfilmische Drehbuch“ für den Ablauf des Tages verfolgt.
Gegen elf, halb zwölf soll das Euroheli-Hubschrauber-Team aus Schwanstetten bei Nürnberg auf dem Neuendorfer Sportplatz landen. Seine Aufgabe: den Kameramann so in die Luft zu bringen, dass er von oben jenen schwarzen Mercedes mit dem Objektiv möglichst attraktiv und fachgerecht für den Film einfangen kann. Zwischen Gemünden und Lohr soll das geschehen.
Am Abend vorher wurden die beiden Piloten der Firma informiert: Es würde reichen, wenn sie um halb eins kommen. Jochen Huber und Co-Pilot Jochen Peetz treffen dann auch pünktlich am Dienstag ein. Eine gute Dreiviertelstunde sind sie vom Heimatflugplatz bis nach Neuendorf unterwegs. Kurz nach der Landung kommt ein Anruf der Filmcrew: Wir kommen gegen zwei Uhr. Kurz vor zwei: Es wird jetzt doch halb vier.
Kaffee gegen die Langeweile
Zum Glück feiert der SV Neuendorf sein Mai-Fest. Es gibt auch Kaffee und Kuchen – für die Piloten ein probates Mittel gegen Wartestress und Langeweile. „Eigentlich sind wir bei Filmaufnahmen ja erhebliche Zeitverzögerungen gewöhnt. Aber gerade heute habe ich mich mit Familie und Freunden um 19 Uhr zum Abendessen verabredet. Das wird wohl nichts!“, bedauert Jochen Huber.
Rund 1,4 Millionen Euro kostet der Hubschrauber vom Typ Eurocopter EC 120 – der leiseste Helikopter, der auf dem Markt ist. Mit ihm hat Huber schon viele Promis in die Luft gebracht: unter anderem Michael Schumacher, Rubens Barrichello oder Elton John. Von daher ist er Verspätungen und Unvorhergesehenes gewöhnt.
Zehn Minuten vor halb vier bimmelt das Handy erneut: „Wir sind in 20 Minuten da“, lassen die Filmleute wissen. Aus diesen 20 Minuten werden dann allerdings rund 60. Nochmals eine gute Stunde richtet Kameramann Klaus Eichhammer seine bewährte „Arriflex“ ein. Er wird bei geöffneter Tür mit den Beinen nach außen auf einem eigens für ihn montierten Sitz die Kamera führen und den Mercedes auf seinen 35-Millimeter-Film bannen. Klar, dass er besonders gesichert sein muss.
Der Pilot holt sich noch letzte Anweisungen von Regisseur Thomas Heinemann. Für den ist Unterfranken kein unbekanntes Terrain. Schließlich war er jahrelang Leiter des Würzburger Theaters am Neunerplatz und kennt Franz-Markus Barwasser aus dieser Zeit. Beide haben auch das Drehbuch für den Pelzig-Film erarbeitet. Über den Inhalt wird nichts verraten: „Wir müssen die Spannung bis zum Filmstart aufrechterhalten. Die Leute sollen ja ins Kino gehen.“
Das Maintal soll erkennbar sein
Endlich: Gegen 17.30 Uhr steigt der Hubschrauber in die Luft. Doch es ist eigentlich nur eine Art „Kaltstart“. Der Kameramann will erst einmal das Gelände „definieren“. Schließlich muss er den Mercedes ja ins rechte Sonnen-Licht rücken. Und das ist auf der gegenüberliegenden Seite zu dieser Tageszeit noch geeigneter, außerdem ist der Ausflugsverkehr auf der B 26 zu lebhaft. Es folgen mehrere Starts, damit die Szenenauswahl entsprechend ist.
Fünf Stunden Wartezeit, gerade mal eine gute Stunde Aufnahme-Flug, ein paar Sekunden im Film – lohnt der Aufwand? Gemessen an den Gesamtkosten sind das eher „Peanuts“. „Wir müssen die Autoszene laut Drehbuch einbauen und wollen, dass das Maintal erkennbar ist“, erklärt der Aufnahmeleiter.
Übrigens: „Erwin Pelzig“ bekommt an diesem Drehtag keiner zu Gesicht.