Bundestagswahlkampf, die Vierte, für den Rentner Wolfgang Winter aus Sulzbach im Landkreis Miltenberg. Der 67-jährige Kreisvorsitzende wurde nach 2017 und 2021 nun erneut zum Direktkandidaten der ÖDP für die kommende Bundestagswahl gewählt. Sein erstes Mal absolvierte er 2013 noch unter der Flagge von Bündnis 21/RRP, im Volksmund als die "Rentnerpartei" bekannt. So sehr er das vorzeitige Ende der Ampel-Koalition auch begrüßt, bringt der vorgezogene Wahltermin im Februar für ihn und seine Kleinpartei einige Herausforderungen mit sich. Für die Zulassung zur Wahl mussten erst Unterschriften gesammelt werden. Für Kleinparteien wie die ÖDP ein Kraftakt.

Auf das Ampel-Aus angesprochen, spart der ÖDP-Mann dann aber nicht mit Kritik. "Für mich war das von Anfang an tot. Ein Dreierbündnis ist zu viel. Und die FDP zusammen mit den Grünen und den Roten, das passt gar nicht. Der Schuss von der FDP ist immer gegen die Ampel gegangen. Und Scholz hätte eigentlich standhaft bleiben sollen, ist aber dann doch umgekippt. Das hat man ihm ja auch angekreidet", erklärt Winter seine Sicht zur Ampel.
"Die Grünen sind keine Klima-Partei"
Die ÖDP sieht Winter ganz klar als Umwelt-Partei, die Grünen bezeichnet er als für ihn "persönlich nicht wählbar". "Das ist oft reines Machtgehabe von Leuten wie Baerbock oder Hofreiter. Das ist keine Klima-Partei mehr, auch wenn die das so erzählen! Wir sind eine Klima-Partei. Wenn die Menschen was für die Umwelt tun wollen, müssten sie eigentlich alle die ÖDP wählen", resümiert Winter.
Seinen Alltag verbringt der 67-Jährige beinahe im Stile eines Vorzeige-ÖDPlers. Das Auto bleibe weitestgehend stehen, das Fahrrad ist das Verkehrsmittel seiner Wahl. Einkäufe tätige er oft auf dem Wochenmarkt und das Holz für den heimischen Kachelofen schlägt er noch selbst. Dazu engagiert er sich ehrenamtlich in einem Unverpackt-Laden. Politisch steht er hinter den Forderungen der Bauern und betont die Wichtigkeit regionaler Landwirtschaft.
Mehr Solidarität bei Rente
Sein großes Herzensthema ist wie bereits bei vergangenen Wahlen die Rente. "Das interessiert mich, weil vielleicht kriegen ja sogar meine Kinder irgendwann auch noch Rente. Ich könnte natürlich auch nur an mich denken, aber das mache ich nicht", so Winter. Es sei wichtig, dass grundsätzlich jeder in den Rententopf einzahle, also zum Beispiel auch Beamte. Der solidarische Grundsatz müsse wieder mehr betont werden. Winter gibt zu, dass das Rententhema innerhalb der ÖDP keinen besonders hohen Stellenwert genießt, bei ihm persönlich sehe das jedoch anders aus.
An der aktuell vorherrschenden Sozialpolitik stört ihn vor allem die hohe Abhängigkeit von ehrenamtlichen Helfern, wobei gleichzeitig überhaupt nichts dafür getan werde, Leute für das Ehrenamt zu begeistern. Auch dem in den letzten Jahren wiedererstarkten Egoismus innerhalb der Gesellschaft werde zu wenig entgegengewirkt.

Winter erwartet außenpolitisch schwere Zeiten
Die Herausforderungen bei der Außenpolitik beschäftigen natürlich auch Wolfgang Winter. So hält er Waffenlieferungen an die Ukraine für falsch. "Wer Waffen liefert, der will noch mehr Krieg. Ich weiß nicht, ob die Rüstungsindustrie da vielleicht zu viel mit reinredet", so Winter. Deutschland soll seiner Meinung nach eine Vermittlerrolle einnehmen und bei einer Beilegung des Konflikts helfen. Die Nato sieht er kritisch, ihre Mitglieder seien seiner Ansicht nach zu stark von den USA abhängig. Zudem vermutet er einen baldigen Bedeutungsverlust der EU. Austritte aus diesen Bündnissen halte er in der aktuellen Situation trotzdem für falsch.
Winter versteht, dass vor allem die Asylfrage die Menschen emotionalisiert. "Wir sind mittlerweile ein Einwanderungsland, aber wenn wir nicht bald was machen, saufen wir ab", sagt er. "Die CDU sagt jetzt, sie will alles zu machen, aber wir brauchen ja auch die Leute, die wirklich etwas können." Die Migration für unqualifizierte Arbeitskräfte müsse allerdings eingeschränkt werden, da Deutschland dieser Herausforderung bald nicht mehr gewachsen sein werde.
Politiker möchte er immer noch keiner sein
In Bezug auf das Bildungssystem ist der ÖDP-Kandidat ein klarer Gegner von zu viel Handyeinsatz im Schulalltag. Dennoch bemängelt er die schleppend voranschreitende Digitalisierung. Andere Länder seien bereits viel weiter und Deutschland dürfe sich nicht abhängen lassen.
Als klassischen Politiker sieht sich Winter selbst nach all den Jahren immer noch nicht. Politik ist für ihn zu viel Hände heben und zu wenig eigene Meinung. "Ich will kein Politiker werden, da bleibe ich auf dem Teppich. Egal welches Amt ich auch bekleide, Politiker bin ich keiner."
Steckbrief Wolfgang WinterAlter: 67Beruf: RentnerPolitischer Werdegang: Eintritt in die ÖDP 2015; Direktkandidat bei den Bundestagswahlen 2017, 2021 und 025; Kreisvorsitzender der ÖDP Miltenberg und Bezirksvorsitzender der ÖDP Unterfranken; vorher (bis 2015): politisches Engagement bei Bündnis 21/RRPFamilienstand: verheiratet, zwei Kinder Quelle: baju