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KARLSTADT: Vogelgrippe: Alle Hühner müssen hinter Gitter

KARLSTADT

Vogelgrippe: Alle Hühner müssen hinter Gitter

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    Seit dem Wochenende gilt die bayernweite Stallpflicht für gewerblich und privat gehaltenes Hausgeflügel.
    Seit dem Wochenende gilt die bayernweite Stallpflicht für gewerblich und privat gehaltenes Hausgeflügel. Foto: Symbolfoto: Carsten Rehder, DPA

    „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“, heißt ein bekanntes Kinderlied. Inzwischen dürfte für solche Späße jedoch kein Platz mehr im Stall sein, denn seit dem Wochenende muss Hausgeflügel strikt vor dem Kontakt mit Wildvögeln geschützt werden. Das ist bayernweit und in einigen anderen Bundesländern für gewerbliche und private Halter Pflicht. Mit dieser Maßnahme und weiteren seit Montag gültigen Hygiene-Auflagen soll die Ansteckungsgefahr für die derzeit grassierende Geflügelpest (H5N8), umgangssprachlich auch Vogelgrippe genannt, minimiert werden. Die Geflügelhalter im Raum Main-Spessart bleiben derweil gelassen – und hoffen, dass jeder die verordneten Schutzmaßnahmen umsetzt.

    Kontakt mit Wildvögeln ausschließen

    Richard Merklein hält in Aschfeld (Eußenheim) etwa 400 Puten. Die Tiere sind in dem Familienbetrieb das ganze Jahr über im Stall untergebracht – insofern musste Merklein seine Geflügelhaltung nicht umstellen. Eine Änderung aufgrund der aktuellen Gefährdungslage gab es aber doch: „Wir wechseln jetzt immer die Schuhe, wenn wir in den Stall gehen“, sagt Merklein. Hygiene sei schon immer ein wichtiger Faktor gewesen und jetzt ganz besonders.

    Einen Umsatzeinbruch befürchtet der Landwirt, bei dem die Puten nur eines von mehreren Standbeinen sind, derzeit nicht. „Unsere Kunden wissen, wo die Tiere herkommen.“ So habe er auch bei der vorherigen Seuche mit einhergehender Stallpflicht im Jahr 2006 keine Einbußen verzeichnet.

    Hühner haben eigenen Wintergarten

    Auch Hühnerhof-Betreiber Peter Dietrich aus Lohr musste seine Tierhaltung nicht umstellen. Die 14 500 Hühner seien das ganze Jahr im Stall untergebracht und hätten einen Wintergarten zur Verfügung, so Dietrich. Der Stall sei nach oben undurchlässig und zur Seite mit einem Zaun geschützt, so wie es die Allgemeinverfügung fordert. „Dadurch kann kein ansteckender Kot von Wildvögeln in den Stall gelangen“, erklärt Dietrich.

    Aufgrund der Größe des Betriebs werde schon immer mehrmals täglich der Bestand kontrolliert und spezielle Stallkleidung sei bei ihm ebenfalls schon immer Pflicht. So wie Merklein befürchtet Dietrich aufgrund seiner regionalen Bekanntheit keine Umsatzeinbußen und auch er hatte keine finanziellen Einschnitte bei der Seuche vor zehn Jahren zu beklagen gehabt. Allerdings komme es jetzt darauf an, wie die Geflügelhalter in der Umgebung die neuen Vorschriften einhalten, sagt Dietrich.

    Wird nämlich ein Krankheitsfall in einem Betrieb bekannt, dann richten die Behörden um den Fundort automatisch eine drei Kilometer große Sperrzone und eine zehn Kilometer große Beobachtungszone ein.

    „Wir kontrollieren jetzt verstärkt, ob die Stallpflicht eingehalten wird.“ Sabine Roth Tierärztin, Veterinäramt Karlstadt

    Die Restriktionszonen könnten ihn treffen, wenn ein Nachbar die Schutzmaßnahmen vernachlässigt und es zu einer Infektion kommt. Dass ein Hühnergrippefall in der Region auftrete, schätzt Dietrich jedoch als relativ unwahrscheinlich ein, denn sei Main-Spessart kein typisches Landegebiet für Zugvögel, die die Krankheit verbreiten. Gleichwohl könne man sich natürlich nie ganz sicher sein. Ähnlich schätzt das dem Landratsamt unterstellte Veterinäramt in Karlstadt, das für ganz Main-Spessart zuständig ist, die Ansteckungsgefahr ein. Die bisherigen Fälle der für den Menschen wohl ungefährlichen aber für Vögel hochansteckenden Geflügelpest seien alle in Gebieten entdeckt worden, in denen auch vermehrt infizierte Wasservögel aufgefunden wurden. „Ein großes Risiko besteht immer da, wo sich Wasservogelrast- oder Wildvogelsammelplätze befinden“, so das Veterinäramt auf Anfrage dieser Redaktion.

    Ein erhöhtes Risiko bestehe jedoch auch in Main-Spessart, selbst wenn in der Region bislang noch keine Funde gemacht wurden. Breite sich die Seuche trotz der Schutzmaßnahmen weiter aus, sind als nächste Schritte die Einschränkung des Tierhandels sowie das Verbot von Märkten, Ausstellungen und Geflügelbörsen denkbar, so das Veterinäramt.

    Geflügelschauen nicht mehr erlaubt

    Erst zum donnerstag wurden Geflügelschauen bayernweit untersagt. Am Wochenende war noch eine Veranstaltung in Duttenbrunn (Zellingen) geplant. Theo Ehehalt vom Kleintierzuchtverein Duttenbrunn hatte die Gemeinschaftsschau mit circa 40 Hühnern und weiteren Kleintieren organisiert. Dabei war er noch optimistisch, denn immerhin kennen sich die Duttenbrunner Aussteller gut und wissen, dass in den Ställen die Maßnahmen beachtet werden. Ehehalt hält die Stallpflicht aber für sinnvoll, nur sei es schade für die Tiere, wenn sie bei Sonnenschein nicht auf die grüne Wiese dürften.

    Darauf kann momentan jedoch keine Rücksicht genommen werden. „Wir kontrollieren jetzt verstärkt, ob die Stallpflicht eingehalten wird“, sagt Amtstierärztin Sabine Roth vom Veterinäramt Karlstadt. Die Allgemeinverfügung zur Stallpflicht tritt automatisch einen Tag nach Bekanntgabe in Kraft, Tierhalter müssen diese daher ohne zusätzliche Aufforderung seitens der Behörden umsetzen. Manchmal bekäme das Veterinäramt Hinweise aus der Bevölkerung, von anderen Ämtern oder der Polizei, wenn Tierhalter die Stallpflicht nicht umsetzen. Diese Halter würden dann auf die Vorschriften hingewiesen und gegebenenfalls mit Bußgeldern belegt. Für Tauben gilt die Aufstallungspflicht indes nicht, obwohl auch diese befallen werden können, wie Berichte aus anderen Teilen Deutschlands belegen. Tauben seien für das Virus jedoch weniger empfänglich, sagt der Karlstadter Veterinäramtsleiter Martin Korneli. Insofern könnte die erwähnte Oma mit Motorrad anstatt im Hühnerstall vielleicht im Taubenschlag ihre Runden drehen, bis die Gefahr gebannt ist.

    Geflügel in der Region 1229 Geflügelhalter sind aktuell im Kreis Main-Spessart gemeldet. Sie halten 42 000 Stück Geflügel, wovon 40 000 Hühner sind, so das Veterinäramt in Karlstadt. Nur zwei Halter haben mehr als 1000 Tiere. Das Veterinäramt schätzt, dass etwa zehn Prozent der Hobbyhaltungen nicht gemeldet sind. Alle Halter von Hühnern, Truthühnern, Perlhühnern, Rebhühnern, Fasanen, Laufvögeln, Wachteln, Enten und Gänsen, die bislang ihrer Pflicht zur Meldung noch nicht nachgekommen sind, müssen die Haltung unverzüglich beim Veterinäramt anzeigen. lw

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