Am 12. August 1907 wurde Josef Stangl als Sohn eines Richters in Kronach in der Erzdiözese Bamberg geboren. In den zwanziger Jahren besuchte er die Gymnasien in Bamberg und Würzburg, studierte hier und in München Theologie und Philosophie und absolvierte das Priesterseminar „Zum Guten Hirten“ in Würzburg. Am 16. März 1930 empfing er durch Bischof Matthias Ehrenfried die Priesterweihe im Hohen Dom zu Würzburg.
Erste Kaplanstellen führten ihn nach Thüngersheim und Himmelstadt, bevor er am 1. August 1930 als Kaplan nach Aschaffenburg in die Pfarrei Herz Jesu berufen wurde.
Diözesanseelsorger
Ab dem 1. September 1934 folgten vier Jahre als Studienrat am Institut der Englischen Fräulein in Würzburg, bevor ihn Bischof Matthias Ehrenfried am 15. April 1938 zum Diözesanjugendseelsorger bestellte. Hier konnte der frühere eifrige Anhänger des Bundes „Neudeutschland“ in den schwierigen Jahren 1938 bis 1943 unter dem Druck der politischen Verhältnisse und der Kriegsumstände sein feines Gespür für die inneren, heimlichen Nöte vieler junger Menschen beweisen und diesen ein ehrliches Vorbild sein.
Am 27. Mai 1943 trat Dr. Josef Stangl sein Amt in der Pfarrei St. Andreas in Karlstadt an. Unermüdlich setzte er sich für die ihm Anvertrauten in schwerer Kriegszeit ein, wußte Zuversicht zu wecken, die Hoffnung zu stärken und Trost zu spenden. Der junge Pfarrer von Karlstadt bewährte sich jedoch nicht nur in der Gemeindeseelsorge.
Als gegen Kriegsende, im April 1945, die Front durch das Maintal zog und amerikanisches Artilleriefeuer die Stadt mehrere Tage unter Beschuss nahm, gelang es seinem diplomatischen Geschick und seiner Beherztheit, dass die Stadt vor weiterer Zerstörung durch die Amerikaner verschont blieb. Tatkräftig half Pfarrer Stangl bei Feuerlöscharbeiten im südöstlichen Stadtviertel und nach Rücksprache mit ihm hisste Feuerwehroberzugführer Emil Schäfer mit zwei beherzten Kameraden in der Nacht zum 7.April am Oberen Stadtturm und am Maintorturm die weiße Fahne. Am Weißen Sonntag, dem 8.April 1945, lag die Stadt hinter der Front.
Am 12. Oktober 1947 verließ Josef Stangl Karlstadt, um eine Stelle als Religionslehrer an der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg anzutreten. In seiner Sitzung vom 2. Oktober 1947 nahm dies der Stadtrat von Karlstadt zum Anlass, dem scheidenden Seelsorger von St. Andreas den tiefempfundenen Dank der Bevölkerung Karlstadts für tätige Nächstenliebe in schwerer Kriegszeit auszudrücken.
Karlstadts Ehrenbürger
Einstimmig beschloss der Stadtrat, Stadtpfarrer Stangl die Ehrenbürgerwürde zu verleihen. Die Urkunde trägt folgenden Wortlaut: „In dankbarer Anerkennung der unermüdlichen, selbstlosen Hingabe für das Wohl unserer Vaterstadt und in Würdigung der großen Verdienste um die Erhaltung der Stadt während der Beschießung im Frühjahre 1945 ernennt die Stadt Hochw. Herrn Stadtpfarrer Studienrat Josef Stangl zum Ehrenbürger von Karlstadt.“
Bischof Dr. Julius Döpfner ernannte Josef Stangl am 1. Januar 1953 zum Ordinariatsrat und übertrug ihm die Leitung des neu errichteten Seelsorgeamtes, zugleich übernahm er die Verantwortung für das St. Burkardus-Haus, damals ein Vorbild für ähnliche Einrichtungen in anderen Diözesen.
Seines Bleibens war jedoch auch hier nicht lange, denn am 1. Oktober 1956 wurde er zum Regens des Würzburger Priesterseminars berufen. Kaum zwei Semester hatte er dieses Amt inne, als ihm im Sommer 1957 Papst Pius XII. den Bischofsstuhl seiner Heimatdiözese anvertraute als Nachfolger des nach Berlin berufenen Julius Döpfner.
Der Stadtrat beschloss einstimmig, seinem Ehrenbürger den Hirtenstab anfertigen zu lassen. In den Werkstätten der Würzburger Firma Beßler wurde er von einem ihrer Mitarbeiter, dem jungen Goldschmied Karl Münch aus Karlstadt, angefertigt. Eine Abordnung des Karlstadter Stadtrates überreichte den von der Stadt geschenkten Bischofsstab und Stadtpfarrer Paul Steinert konnte seinem Vorgänger im Amt ein in Saffianleder gebundenes Messbuch übergeben, das auf der Vorderseite den auch im neuen Bischofsstab abgebildeten Christus Salvator aufzeigte.
86. Bischof von Würzburg
Am 12. September 1957 erfolgte die Konsekration von Josef Stangl zum 86. Bischof von Würzburg. Die Einweihung des neuen Pfarrheimes St. Maria, im Februar 1958, nahm der Ehrenbürger von Karlstadt zum Anlass, seiner ehemaligen Pfarrgemeinde den ersten offiziellen Besuch nach der Konsekration zum Bischof von Würzburg abzustatten.
In guter Erinnerung bleibt in Karlstadt seine Teilnahme beim fränkischen Kolpingtag im Juni 1958. Eine große Freude war es auch für ihn, als er am 14.Oktober 1967 die Kirchenweihe der neu gegründeten Pfarrei „Zur Heiligen Familie“ in Karlstadt vornehmen konnte.
Während seiner Pontifikalzeit hielt sich Bischof Stangl häufig in Karlstadt auf, um das Firmsakrament zu spenden oder Konferenzen zu leiten. Der letzte offizielle Besuch von Bischof Stangl erfolgte im Herbst 1975 anlässlich der 775-Jahr-Feier der Stadt Karlstadt.
Nach 21 Jahren bischöflichen Wirkens und fast 50 Jahren im Priesteramt bat Bischof Stangl den Papst aus gesundheitlichen Gründen um Entpflichtung vom Bischofsamt. Am 8. Januar 1979 erfolgte die Resignation auf den Bischofsstuhl von Würzburg. Nach längerer Krankheit starb der freiresignierte Bischof von Würzburg am Palmsonntag, 8. April 1979, im Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt und wurde am 11. April in der Krypta des Würzburger Domes beigesetzt.