Die Worte „Kosakenzipfel“ oder „Jodelschnepfe“, der Satz „Das ist fein beobachtet“ und der lakonische Einwurf „Ach was!“ sind wie viele andere in der deutschen Sprache allgemeingebräuchlich geworden.
Verantwortlich dafür sind Spielszenen und Trickfilme des Humoristen Loriot alias Vicco von Bülow (1923 – 2011), die zu den Höhepunkten der Fernsehunterhaltung zählen.
Die Schauspieler Luna Mittig, Tatjana Grumbach, Lutz Glombeck und Andreas Herten vom „Ensemble Stilblüten“ widmen sich leidenschaftlich den Kommunikationsstörungen und zerbröselndem Dialogen, also der Kunst des „Aneinander-vorbei-Redens“, wie sie Loriot unübertrefflich in den Mittelpunkt rückte. Dazu präsentieren sie zwei szenische Lesungen. Die jüngste heißt „Es saugt und bläst der Heinzelmann…“
Mit diesem Programm gastierte das Nürnberger Quartett am Mittwoch im ausverkauften „Fasskeller“ unter dem Hotel „Anker“. Los ging es mit dem „Salamo fettlos braten“-Fan bei Wagner-Festspielgesprächen und dem Spielzeugkauf von Opa Hoppenstedt für sein Enkelkind Dicki. Beim Modellbaukasten „Wir bauen uns ein Atomkraftwerk“ macht es schon vor der Bescherung unter der Sicherheitskuppel „so richtig schön Puff“. Dass Loriots Werke zum Teil fest in der Welt der Sechziger und Siebziger Jahre beheimatet sind, merkt der Zuschauer. Manches müssen die Akteure bei ihren Moderationen in der Erinnerung wachrufen, so die autofreien Sonntage.
Dennoch konnten sie mit der feinen Beobachtungsgabe des Autors beispielsweise in den monologischen Liebesbriefen eines Selbstverliebten, einer bürokratischen Beamtin oder eines Astronauten in der Umlaufbahn überzeugen. Im Dialog kam ein Jungfilmer mit eigensinnigen historischen Wahrheiten über König Ludwig II. von Bayern zu Wort, der bekanntlich mit Kaiserin Susi von Ostpreußen und Beethoven aufs Engste verbandelt war.
Professoren und Experten meldeten sich mit ungewöhnlichen Einsichten über den menschlichen Alltag zu Wort. Fernsehinterviews und frühe TV-Talkrunden endeten wie ihre heutigen Nachfolger im belanglosen Geplänkel vermeintlicher Experten oder inhaltsleerer politischer Auseinandersetzung. Ein Literaturkritiker würdigte phrasenreich das Kursbuch der deutschen Bahn als den Klassiker sprachlicher Reinheit.
Bisweilen hätte man dem Programm etwas Straffung gewünscht. Loriot war ein Meister der Präzision, des Tempos und der Spannung. Es ist zwar wünschenswert, dass die „Stilblüten“ ihre eigenen Interpretationswege finden. Der grundlegende Anspruch des Meisters wurde dabei jedoch nicht immer eingelöst. Die virtuose Vertreterrunde bei Mutter Hoppenstedt rund um den Einhand-Saugbläser „Heinzelmann“ hätte zum Beispiel als Höhepunkt ein wenig mehr Drive verdient gehabt.
Dennoch applaudierten die Gäste für einen durch und durch gekonnten Unterhaltungsabend.