Immer weniger Menschen lassen sich in einem Sarg beerdigen, Feuerbestattungen nehmen zu. In allen Gemeinden im Landkreis Main-Spessart wurde in den vergangenen Jahren öfter die Urne als der Sarg gewählt. Bestattermeister Matthias Liebler aus Marktheidenfeld, Vorstand des Bestatterverbands Bayern, sagt: "Der Trend auf den Friedhöfen geht hin zu kleineren, pflegearmen Gräbern."
Etwa 70 Prozent der Bestattungen bayernweit seien mittlerweile Feuerbestattungen, so Liebler. Auch er beobachte in seinem Betrieb diese Entwicklung. Früher hätten so gut wie immer Angehörige am Ort der Begräbnisstätte gewohnt und sich darum gekümmert. Das sei heute oft nicht mehr so: "Viele Menschen wollen ihren Angehörigen nicht mehr die Last der Grabpflege aufbürden."
Je größer ein Ort, desto mehr Einäscherungen
Vor allem in dicht besiedelten Gebieten nehmen Einäscherungen zu. Das zeigt sich auch im Landkreis Main-Spessart. In den Städten mit mehr als 10.000 Einwohnern (Gemünden, Karlstadt, Lohr und Marktheidenfeld) wurden im Jahr 2023 in Summe 5,4 Mal mehr Menschen eingeäschert als in einem Sarg bestattet. Je weniger Menschen in einem Ort wohnen, desto niedriger ist auch dieses Verhältnis.

Baumgräber seien zunehmend gefragt, sagt Liebler, "sowohl in Bestattungswäldern als auch auf Friedhöfen". Eine Baumbestattung ist eine naturnahe Variante der Feuerbestattung, bei der die Asche eines Verstorbenen in der Nähe des Wurzelwerks eines Baumes beigesetzt wird. So seien zum Beispiel die Baumgräber auf den Friedhöfen in Marktheidenfeld immer recht schnell belegt, sagt der Bestatter. Das liege daran, dass diese auch für ältere Menschen gut zugänglich seien: "Der Stadtbus hält vor der Tür, die Wege sind mit dem Rollator befahrbar."
Seiner Meinung nach würden Städte und Gemeinden als Friedhofsbetreiber den Entwicklungen hinterherhinken. "Friedhöfe muss man bewerben", so Liebler, "die Konkurrenz ist groß". Er wünscht sich, dass Friedhöfe umgestaltet werden zu Orten der Begegnung, vielleicht mit Pavillons und Sitzbänken zum Verweilen. Der Bestattermeister hofft zudem, dass die Gemeinden mehr alternative Formen der Bestattungen anbieten. Das könnten etwa auch Landschaftsgräberfelder, anonyme Urnenfelder oder Hochgräber sein. "Oft fehlt es den Kommunen an einem stimmigen Gesamtkonzept", so Liebler.

"Wenn mir vor 40 Jahren jemand gesagt hätte, dass die Menschen zukünftig unter Bäumen bestattet werden, ich hätte ihm nicht geglaubt", so Liebler. Im Bestattungswald überzeuge die Natur, die Ruhe und Abgeschiedenheit. Im Landkreis Main-Spessart gibt es – abseits der klassischen Friedhöfe – drei Bestattungswälder, nämlich in Esselbach, Rieneck und Steinfeld.
Immer mehr Menschen entscheiden sich für Baumbestattungen
Anders als in anderen Friedwäldern nehmen die Bestattungen im Friedwald Spessart in Rieneck nicht von Jahr zu Jahr zu, sagt Carola Wacker-Meister, Sprecherin des Unternehmens, das in Deutschland insgesamt 88 Bestattungswälder betreibt. "Wir gehen davon aus, dass das daran liegt, dass es in dem dünn besiedelten Landkreis Main-Spessart kein Bevölkerungswachstum gibt und im ländlichen Raum traditionelle Formen länger Bestand haben", so Wacker-Meister.
Auf dem Waldfriedhof Trauberg in Esselbach haben die Beisetzungen in den vergangenen fünf Jahren jedoch zugenommen – von 30 (2019) auf 44 (2023). Auch im Ruheforst Steinfeld/Mariabuchen gebe es eine deutliche Wachstumstendenz, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Vor allem seit der Corona-Krise würden sich immer mehr Menschen für eine Baumbestattung dort entscheiden – viele bereits zu Lebzeiten. Er war jedoch nicht bereit, Auskünfte über die konkrete Anzahl an Beisetzungen zu erteilen.

Die Bestattungskultur ist immer wieder Veränderungen unterworfen, sagt Matthias Liebler: "Ich finde es faszinierend, wie sie sich weiterentwickelt und dabei versucht, den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen Rechnung zu tragen." Die Vielfalt der Bestattungsformen spiegele die unterschiedlichen Vorstellungen und Werte der Menschen wider. Auch eine wachsende kulturelle und religiöse Vielfalt in unserer Gesellschaft bringe Veränderungen für das Bestattungswesen mit sich. Der Bestatter sagt: "Insgesamt zeigen diese Entwicklungen, wie sich unsere Gesellschaft in ihrer Beziehung zum Tod und zur Natur verändert, und ich bin gespannt, wie sich dies in Zukunft weiterentwickeln wird."
Anmerkungen zu den GrafikenDaten zur Beisetzung von Verstorbenen werden nicht im Standesamt, sondern in der Abteilung Friedhofswesen erfasst. Deshalb kann nicht angegeben werden, wie die Gestorbenen einer Gemeinde beigesetzt werden, sondern nur, wie viele Sargbestattungen und Einäscherungen es auf den Friedhöfen beziehungsweise in den Bestattungswäldern sind. Weil eine Seebestattung in Main-Spessart nicht möglich ist, liegen hierüber keine Daten vor.dfi