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Marktheidenfeld/Kitzingen: "Was Aiwanger macht, ist brandgefährlich": So denken Freie Wähler in Unterfranken über den Parteichef und Minister

Marktheidenfeld/Kitzingen

"Was Aiwanger macht, ist brandgefährlich": So denken Freie Wähler in Unterfranken über den Parteichef und Minister

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    Der Chef der Freien Wähler - und der Ehrenvorsitzende: Über Hubert Aiwangers (links) jüngste Äußerungen ist Armin Grein wenig glücklich. Das Bild zeigt die Politiker beim Bundesparteitag 2019 in Würzburg.
    Der Chef der Freien Wähler - und der Ehrenvorsitzende: Über Hubert Aiwangers (links) jüngste Äußerungen ist Armin Grein wenig glücklich. Das Bild zeigt die Politiker beim Bundesparteitag 2019 in Würzburg. Foto: Michael Czygan

    Armin Grein ist der Grandseigneur der Freien Wähler (FW) in Bayern. Der langjährige Landrat von Main-Spessart und frühere Bürgermeister von Marktheidenfeld hat die Basis für die Erfolge geschaffen, die Hubert Aiwanger 2008 mit dem Einzug der Partei in den Landtag und 2018 mit der Übernahme von Regierungsämtern erzielt hat. Doch bei allem Respekt für die politische Leistung seines Nachfolgers - Aiwangers Auftritt von Erding sieht Grein dann doch "sehr kritisch".

    Was sagen der 84-Jährige und andere Vertreterinnen und Vertretern der Freien Wähler in Unterfranken zu den jüngsten, umstrittenen Äußerungen ihres Parteichefs? 

    "Ich weiß nicht, was ihn da geritten hat", zeigt sich Grein am Telefon verwundert. Dass der Wirtschaftsminister "gerne mal einen raushaut", sei ja bekannt. Aber die Unterstellung, politische Entscheidungen hierzulande seien nicht demokratisch legitimiert, gehe gar nicht. "Hubert Aiwanger verdankt doch selbst der Demokratie all das, was er geworden ist."

    Ehrenvorsitzender Armin Grein: Verärgert über "sprachliche Auswüchse" 

    Mindestens genauso wie über das Demokratie-Zitat ärgert sich der FW-Ehrenvorsitzende über manche "sprachlichen Auswüchse" Aiwangers. Für einen Vize-Ministerpräsidenten gehöre es sich nicht, Regierungsmitglieder als "Chaoten" zu beschimpfen. Forderungen nach Rücktritt oder Entlassung, wie sie die Opposition im Landtag stellt, will sich Grein indes nicht anschließen. Aiwanger sei ein "Volkstribun, der die Menschen begeistern kann" - und deshalb für die Partei unverzichtbar.

    Spitzenkandidatin Anna Stolz: Freie Wähler wollen "Frustwähler" der AfD zurückholen

    Klar hinter ihren Parteichef stellt sich Anna Stolz. Die Kultusstaatssekretärin aus Arnstein (Lkr. Main-Spessart), Spitzenkandidatin der Freien Wähler in Unterfranken für die Landtagswahl, schreibt in einer Stellungnahme: Man könne "über die eine oder andere Formulierung diskutieren", aber entscheidend sei, "dass Hubert Aiwanger klar und deutlich anspricht, was viele Menschen in unserem Land bewegt". 70 Prozent der Menschen hierzulande hätten wegen des Gebäudeenergiegesetzes "existenzielle Sorgen". Das dürften die Freien Wähler "gerade als überzeugte Demokraten" nicht ignorieren.

    Kultusstaatssekretärin Anna Stolz (links) und Tamara Bischof, Landrätin in Kitzingen, sind die Spitzenkandidatinnen der Freien Wähler in Unterfranken für die Landtags- und Bezirkswahl.
    Kultusstaatssekretärin Anna Stolz (links) und Tamara Bischof, Landrätin in Kitzingen, sind die Spitzenkandidatinnen der Freien Wähler in Unterfranken für die Landtags- und Bezirkswahl. Foto: Thomas Obermeier

    Ihr persönlich mache es große Sorgen, dass aktuell jeder Fünfte in Deutschland "aus Frust über die Ampel-Regierung" AfD wählen würde, so Stolz. Die Freien Wähler wollten diese "Frustwähler" wieder in die Mitte der Gesellschaft holen.

    Auch Tamara Bischof, seit 23 Jahren Landrätin in Kitzingen, steht zu Aiwanger. Er habe in einer "sicherlich deftigen Redeweise" ausgesprochen, was Verbände, Handwerkskammer, Landwirtschaft und insbesondere Bürgerinnen und Bürger beim Thema Heizungsgesetz bewege, schreibt Bischof, die auch die FW-Liste für den Bezirkstag anführt, in einer Stellungnahme.

    Die harte Kritik an der Ampel sei berechtigt, so Bischof.  Man müsse Aiwangers Wortwahl nicht immer teilen, "aber zu versuchen, ihn in eine bestimmte rechte Ecke zu stellen", sei "völlig abwegig". Die Freien Wähler lehnten "jede Form von Links- oder Rechtsextremismus" ab. 

    Brigitte Riedmann, die Vorsitzende der FW-Fraktionen im Stadtrat von Lohr und im Kreistag von Main-Spessart, hat Aiwanger zuletzt im Herbst 2021 wegen dessen Weigerung, sich gegen Corona impfen zu lassen, öffentlich kritisiert. Fragt man sie jetzt nach ihrer Meinung zum aktuellen Auftritt, reagiert Riedmann leicht genervt: "Was soll man da noch sagen?" Sie könne Aiwanger nur raten,  "tunlichst den Versuch unterlassen, einen früheren Ministerpräsidenten in seiner Haudrauf-Rhetorik noch zu toppen". 

    Riedmann spielt auf CSU-Legende Franz Josef Strauß an. Viele in ihrer politischen Umgebung sähen Aiwangers Auftritt ähnlich kritisch wie sie, sagt Riedmann. Einige fänden es aber gut, "wie er versucht, am rechten Rand Wählerstimmen abzugreifen".

    Hammelburger Stadtrat Reinhard Schaupp: Aiwanger für politische Ämter ungeeignet

    Eine Erfahrung, die auch Reinhard Schaupp gemacht hat, Stadtrat für den FW-Ableger Christlicher Bürgerblock (CBB) in Hammelburg und Mitglied der FW/CBB-Kreistagsfraktion in Bad Kissingen. "Allerdings bin ich kein Mitglied in der Partei oder im Verband Freie Wähler" - auf diese Feststellung legt Schaupp Wert.

    Ihn wundere es, dass aus Reihen der Freien Wähler "nur sehr verhalten" Kritik geäußert werde. Er hätte sich von den Ministern und den Abgeordneten in München "mehr Distanzierung" gewünscht, sagt Schaupp. Auch in der WhatsApp-Gruppe der Kreistagsfraktion sei er mit seiner Meinung, Aiwanger sei "nicht mehr für politische Ämter geeignet", auf keine Zustimmung gestoßen. 

    "Was Aiwanger macht, ist brandgefährlich", meint der Hammelburger. Wenn der Vize-Ministerpräsident, "der sich selbst der liberalen bürgerlichen Mitte zurechnet", die demokratischen Strukturen dieses Landes infrage stelle, dann rüttle er an den "Grundsäulen unseres Rechtsstaates". Hier überschreite er die "Brandmauer gegen rechts".

    Hubert Aiwanger kommt am 30. Juni nach Marktheidenfeld

    Unterdessen erwarten die Freien Wähler Marktheidenfeld Hubert Aiwanger am 30. Juni zur Feier des 50-jährigen Bestehens ihres Ortsverbands. Er werde vorher noch mit dem Parteichef telefonieren, sagt Armin Grein, und ihn bitten, "sich vor allem bei der Wortwahl zu mäßigen".   

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