Der Regen tröpfelt während des Stadtrundgangs in Münnerstadt, doch Klimamanager Stefan Richter will der Projektgruppe Klimaschutz aus Karlstadt seine Projekte vor Ort zeigen. Zu Beginn der Führung verteilt er also erst einmal Regenschirme – Ausrüstung für jede Wetterlage, das könnte beinahe als Aufgabe eines Klimamanagers durchgehen. Doch was sind wirklich die Aufgaben eines Klimamanagers? Dieser Frage ging die Karlstadter Projektgruppe bei ihrem Besuch im benachbarten Landkreis Bad Kissingen nach, um sich umfassend für eine Entscheidung zu informieren, die den Stadtrat bald beschäftigen wird: Braucht Karlstadt einen Klimamanager beziehungsweise eine Klimamanagerin, oder nicht?
Denn bald wird es einen großen Schritt weitergehen in Sachen Klimaschutz. Vor mehr als zwei Jahren beschloss der Stadtrat einstimmig, ein Fachbüro mit der Erstellung eines Klimaschutzkonzepts zu beauftragen. Angeregt hatten das Gisela Kleinwächter und Norbert Scholz, die sich aus der Bürgerschaft heraus nun auch in der Projektgruppe engagieren. Zudem sind Vertreter aller Fraktionen aus dem Stadtrat dabei: Benedikt Kaufmann (Freie Wähler), Wolfgang Tröster (Bündnis 90 / Die Grünen), Harald Schneider (SPD) und Mathias Rudolph (CSU). Ergänzt wird die Gruppe um den Klimaschutzbeauftragten des Landkreises, Michael Kohlbrecher.

Am 19. Juli soll das Konzept erstmals der Projektgruppe vorgestellt werden. Darin werden mehrere Maßnahmen für den Klimaschutz aufgeführt sein, die der Stadtrat anschließend priorisieren soll. Anschließend bleibt die Frage, zu klären, wer die Koordination und Umsetzung dieser Maßnahmen übernimmt. Gibt es Kapazitäten und Kompetenzen in der Stadtverwaltung, oder muss eine neue Stelle geschaffen werden? Ein Teil der Kosten dafür könnte zumindest durch Fördergelder gedeckt werden.
Andere Ausgangslage in Karlstadt
Die Münnerstadterinnen und Münnerstadter sind das Thema anders angegangen: Sie haben direkt einen Klimamanager eingestellt und diesen beauftragt, ein Klimaschutzkonzept zu erstellen. So ist Stefan Richter bereits seit drei Jahren für die Stabsstelle Klimaschutz in der Stadtverwaltung zuständig. Er zog dafür von Bochum in die Rhön. Zuvor war er unter anderem an einer Universität tätig, studiert hatte er einen Mix aus Informatik, Biologie, Physik und Chemie.
Die Qualifikation eines Klimaschutzmanagers ist allerdings nicht genau geregelt, genauso wenig die Aufgaben, wie Richter klarstellt. "Ich sehe es als Dreisprung: ökonomisches, ökologisches und soziales Klima", sagt er. In der Stadt treibt er deshalb nicht nur Maßnahmen voran, die klassisch in den Klimaschutz fallen. Ein Wohnprojekt auf dem Gelände einer Gärtnerei etwa, dessen Gebäude den bestmöglichen Energieklassen entsprechen sollen. Oder ein Leerstand, der mit einem genossenschaftlichen Supermarkt gefüllt wurde, um Einkaufen in der Altstadt wieder zu ermöglichen.

"Wir brauchen kein zweites Stadtmarketing und Leerstandsmanagement", war der Tenor der Karlstadter Abordnung in diesem Zusammenhang. Die Kreisstadt hat etwa doppelt so viele Einwohnerinnen und Einwohner wie Münnerstadt und ist in diesen Bereichen ganz anders aufgestellt. "Sind Aufgaben dabei, die im Haus keiner bearbeiten kann?" – auf diese Frage hin soll das Konzept untersucht werden, schlug Rudolph vor. "Man muss Aufgaben mit Personal hinterlegen", stellte Kaufmann klar.
Richter: "Beim Klimaschutz geht es nur um Sachpolitik"
Und so stellte Richter auch ein paar seiner Projekte vor, die hauptsächlich den Klimaschutz betreffen. Ein Windpark, der ursprünglich drei Windräder umfassen sollte, wird nun aus 18 Anlagen bestehen, sechs Kommunen machen mit. Eine Studie für eine Großbatterie mit Elektrolyseur ist in Auftrag gegeben worden.
Netzwerke sind entstanden, unter den Klimamanagern des Landkreises, aber auch in der Zusammenarbeit der Gemeinden in der Region beim Thema Energie. Und nicht zuletzt sind auf den Beeten der Stadt nun pflegeleichte Stauden angelegt, statt sie zu schottern, weil der Bauhof zu wenig Personal für die anfallenden Arbeiten hat. "Ich bin derjenige, der die Dinge anstößt. Ich spreche die Leute an und ich bringe die Leute zusammen", beschrieb Richter seine Aufgabe.

Die Rolle des Klimamanagers sei durch das Hochwasser im Ahrtal und die Energiekrise nach Ausbruch des Angriffskriegs auf die Ukraine stärker wahrgenommen worden, bemerkte Richter. Den Räten gab er zum Thema Klimaschutz mit: "Wir müssen uns von der Parteipolitik verabschieden, hier geht es nur um Sachpolitik: Wie können wir unsere Kommune am besten aufstellen?" Er betonte dabei immer wieder, dass die Bürgerschaft die Vorhaben tragen muss: "Die Stadt kann viele Rahmenbedingungen schaffen, aber am Ende sind es die Bürger, die das mit Leben füllen."
Für die Heimfahrt ins rund 50 Kilometer entfernte Karlstadt hatte Richter der Gruppe damit genug Diskussionsstoff mitgegeben. Soll ein möglicher Klimamanager in Vollzeit oder Teilzeit angestellt sein? Wie müsste eine Stellenbeschreibung aussehen? Was können oder müssen externe Firmen leisten? Auf all diese Fragen gilt es nun Antworten zu finden, bevor der Stadtrat seine Entscheidung trifft.