Marco Weber hatte schon für rund 20 Ausgaben der Scherenburgfestspiele auf der Gemündener Bühne gestanden, als er sich den Traum vom unterhaltenden Soloprogramm erfüllte. Der 53-Jährige aus Gräfendorf (Lkr. Main-Spessart) debütierte im Sommer 2021 mit 90 Minuten Comedy unter dem Titel "Warum nett?" Seitdem trat er damit in einigen Orten der Region und bei Faschingssitzungen auf. Der gelernte Mediengestalter war schon Bestatter und ist nun Trauerredner und Zeitschriften-Herausgeber – doch wie steht es um seine Comedy-Karriere?
Frage: Eins vorweg: Sind Sie eigentlich Komiker oder Kabarettist?
Marco Weber: Diese Frage stelle ich mir auch ständig. Mein Soloprogramm hab ich als Kabarettist gestartet. Was ich mache, ist schon Kabarett. Die Bevölkerung erwartet bei Kabarett aber politischen Inhalt, den kann und will ich nicht bieten. Von daher bin umgeschwenkt: Ich spiele das selbe Programm, aber ich bezeichne es als Comedy.
Warum machen Sie kein politisches Kabarett?
Weber: Weil ich es nicht kann. Ich habe keine Ahnung von Politik. Ich hab mich zwar mal als Landrat beworben – weil jemand, den ich gefragt habe, was ich können muss, gesagt hat: nichts. Mittlerweile bin ich von der Meinung abgekommen. Dem ehemaligen Landrat hab ich geschrieben, dass ich das übernehmen würde, aber er hat mir nie geantwortet. Und dann hab ich beschlossen, bevor die Menschen über mich schimpfen, sollen sie lieber über mich lachen.
Ihr Debüt auf der Scherenburg ist fast zwei Jahre her. Wie blicken Sie darauf zurück?
Weber: Es war fantastisch. Es war natürlich Coronazeit, aber ich bin da in der Serie mit Ingo Appelt, Lisa Fitz und Lisa Feller aufgetreten und war der einzige, der ausverkauft war. Natürlich waren viele Freunde und Bekannte da. Und man sagt ja immer, hab Spaß. Ich hab das abgetan als Floskel, aber mein Regisseur, der mir das Stück inszeniert hat, hat mir das verinnerlicht. Ich hatte keinen Souffler und keinen doppelten Boden und stand vor eineinhalb Stunden Programm und war nicht aufgeregt, sondern habe mich darauf gefreut. Ich bin da raus wie eine hochschwangere Frau, die einfach drauf gewartet hat, dass es so weit ist.

Wie erarbeitet man überhaupt ein Soloprogramm, wozu ein Regisseur?
Weber: Ich habe mit meinem Regisseur Peter Cahn verschiedene Geschichten zu einer großen Geschichte geformt. Er hat dramaturgisch draufgeschaut, womit fangen wir an, welche Gestik, Mimik, wie gehen wir in die Pause. Ich wollte da nicht einfach einen Versuch starten. Andere Komiker machen es genauso. Ich würde es aber wahrscheinlich nicht in dem Ausmaß machen wollen, wenn ich ein zweites Programm schreiben würde.

Steht denn ein zweites Programm in den Startlöchern?
Weber: Das werde ich oft gefragt. Da sag ich nein, weil das wäre unfair denen gegenüber, die das erste noch nicht gesehen haben. Ich habe ausgerechnet: Bis es alle Deutschen gesehen haben, hab ich so viel Geld verdient, dass ich gar kein zweites Programm brauche. Ich habe schon vor, dass sich das Programm mit der Zeit ändert. Zumal zwei Geschichten drin sind, die nicht von mir sind, wo ich mich bedienen durfte. Ich möchte ein Programm haben, das komplett von mir ist.
Sie haben einem Reporterkollegen damals erzählt, Sie möchten Ihren Lebensunterhalt damit verdienen. Wie weit sind sie seitdem gekommen?
Weber: Das war vor meinem Kabarettstipendium in Heilbronn, ein 12-Tage-Seminar. Da habe ich gehofft, dass mir Wege gezeigt werden, wie man seinen Lebensunterhalt damit bestreiten kann. Allerdings habe ich dort lernen müssen, dass es nichts wird. Ich müsste mindestens fünf Jahre in Deutschland auf den offenen Bühnen rumtingeln. Wenn ich deutschlandweit berühmt werden will, muss ich ins Fernsehen. Um ins Fernsehen zu kommen, brauche ich ein Management. Um ein Management zu bekommen, brauche ich super Beziehungen oder ein junges Alter. Welches Management geht her und sagt: Den 53-Jährigen bauen wir auf, da buttern wir Geld rein, und der sagt uns dann mit 58 sagt, jetzt nochmal auf Tournee gehen, nee. Meine Frau hat immer gesagt, bleib doch auf deinen kleinen Bühnen hier. Da war ich erst enttäuscht, aber ich muss ihr recht geben. Das ist in Ordnung so. Mein Programm biete ich weiterhin an.
Warum wollen sie überhaupt auftreten? Wie kommt man dazu, so ein Programm zu spielen?
Weber: Weil ich schon immer gerne auf der Bühne stand und das genieße, wenn ich Menschen unterhalte. Ich genieße es auch, wenn ich als Trauerredner einen würdevollen Abschied bereiten darf. Seit 25 Jahren moderiere ich die Konzerte vom Auswahlorchester und habe 20 Jahre Theater auf der Scherenburg gespielt. Ich wollte aber einmal einen Abend alleine 90 Minuten auf der Bühne stehen, wenn alle im Publikum nur wegen mir kommen. Es gibt ja so Sachen, wo man sagt, ich möchte einmal ... Ich wollte auch einmal in der Lindenstraße stehen und sagen: Zwei Semmeln, bitte. Habe ich geschafft, Folge 953, "Doppelleben". Das nächste war: Ich wollte einmal von Dieter Bohlen verarscht werden, habe ich geschafft. Ich war beim Supertalent, Dieter Bohlen hat mich durch den Kakao gezogen. Meiner Frau war schwindelig vom vielen Kopfschütteln. Ich fand's klasse.

Sind Sie eine Rampensau?
Weber: Ja. Dazu stehe ich auch. Ich stehe gerne im Mittelpunkt, aber ich will mich nicht nach vorne drängen. Wenn wir an einem langen Tisch sitzen, bin ich nicht der, der den ganzen Abend unterhält. Ich kann auch zuhören. Auf der Bühne ist es was anderes.

Sie sind also statt mit Comedy jetzt als Trauerredner selbständig?
Weber: Ich bin Trauerredner, aber ich habe auch einen Verlag gegründet und die Herausgabe für eine Fachzeitschrift für Wellensittich-Zucht übernommen, die seit 30 Jahren am Markt ist. Ich mache alles alleine, koordiniere und korrigiere die Artikel, lasse drucken und wickle den Versand ab, betreue die Abonnenten, die Anzeigenkunden. Kurz vor dem Seminar in Heilbronn hat mich der vorherige Herausgeber gefragt, ob ich Interesse habe. Das war der Oktober der Entscheidung. Ich habe auf meine Frau gehört, steuere jetzt die kleinen Bühnen an. Behalte meine Trauerreden, die mache ich unheimlich gerne. Und so ist die Weltkarriere in der Comedy nicht möglich. Aber man kann auch auf kleinen Bühnen und mit dicken Katzen glücklich werden.
Zur PersonMarco Weber, Jahrgang 1969, ist verheiratet und hat drei Kinder und einen korpulenten Kater. Er machte eine Ausbildung zum Druckvorlagenhersteller, heute: Mediengestalter. Für eine Weile arbeitete er als Bestatter, bevor er den "Marco Weber Verlag" gründete und seit dem 1. Januar 2022 die Zeitschrift "Wellensittich Welt" herausgibt. Sie erscheint zwölfmal im Jahr.(anki)