Hat die Stadt Arnstein über Jahre versäumt, Wasserzähler nach dem Ende der Eichfrist auszutauschen? Das jedenfalls sagt ein Mann aus dem Stadtteil Altbessingen, der sich bei dieser Redaktion gemeldet hat. Durch einen Bericht der Main-Post in Gerolzhofen im vergangenen Jahr über unzulässig betriebene Wasserzähler sei er darauf aufmerksam geworden, dass mit seinen Zählern möglicherweise auch etwas nicht stimmen könnte. Diese sind bis 1998 beziehungsweise 2006 geeicht. Er habe bereits das zuständige Landesamt für Maß und Gewicht (LMG) informiert.

Was sagt die Stadt Arnstein zu den Vorwürfen? Bürgermeister Franz-Josef Sauer gibt offen zu, dass "80 bis 90 Prozent" der 700 Wasserzähler im Stadtgebiet überfällig für eine Wartung sind. Wichtig ist ihm sowie Fabian Helmerich, Geschäftsleiter der Stadt, und Kämmerer Maximilian Nunn allerdings, die Hintergründe zu erläutern. Dafür haben sie zum Pressegespräch ins Rathaus geladen. Dazu später mehr.
Zähler, die die von einem Hausanschluss verbrauchte Wassermenge erfassen, müssen nach sechs Jahren ausgetauscht werden. Im Gegensatz zu anderen größeren Gemeinden, wo das turnusmäßige Tauschen der Wasserzähler an externe Dienstleister vergeben ist, wird diese Aufgabe in Arnstein von städtischen Mitarbeitenden erledigt.
Werden ungeeichte Wasserzähler weiter verwendet, ist das eine Ordnungswidrigkeit
Die Frist endet jeweils mit Ablauf des Kalenderjahres. Werden Wasserzähler darüber hinaus verwendet, gelten sie als ungeeicht. Ihr fortgesetzter Einsatz verstößt gegen das Mess- und Eichgesetz, das seit 1. Januar 2015 gilt. Die erfassten Werte können rechtlich angefochten und Nebenkostenabrechnungen für Mieter, die darauf basieren, für ungültig erklärt werden.
Nachvollziehbaren Gründe, die für das LMG den Fortbestand ungeeichter Wasserzähler begründen würden, sind etwa die Stilllegung einer Wohneinheit oder die Verweigerung des Zutritts durch den Eigentümer oder Nutzer. Prinzipiell gilt aber: Wer den Austausch versäumt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro bestraft werden kann. Im Jahr 2021 hat das LMG in ganz Bayern insgesamt 654 Verstöße geahndet.
Einen festgelegten Bußgeldkatalog gibt es nicht. Eine Rolle bei der Festsetzung eines möglichen Bußgelds spielen laut Landesamt unter anderem die Anzahl der verwendeten nicht geeichten Wasserzähler und inwieweit deren Verwendung den Verantwortlichen tatsächlich schuldhaft anzulasten sein.
Aktuell prüft das zuständige Landesamt noch die Beschwerden aus Arnstein
Auf Nachfrage bestätigt Lambert Schulze Wessel, stellvertretender Leiter des LMG: "Ja, es sind uns für Arnstein Probleme bekannt." Es seien Beschwerden von drei Bürgerinnen und Bürgern eingegangen, denen die Behörde jetzt nachgehe – so wie allen Hinweisen. "Es läuft ein entsprechendes Verwaltungsverfahren."

Man stehe mit der Prüfung allerdings noch am Anfang, betont Schulze Wessel. "Wir können nicht ausschließen, aber auch nicht definitiv bestätigen, dass es zu Verstößen gekommen ist." Ob der Prüfung ein Bußgeldverfahren folge, sei deshalb ebenfalls noch nicht klar. Das LMG habe die Stadt Arnstein angehört und daraufhin eine fast 600-Seiten lange Liste erhalten, auf der alle im Stadtgebiet verbauten Wasserzähler vermerkt sind. Deshalb könne sich das Verfahren ziehen. Die Bürger würden derzeit allgemein genauer hinschauen, auch beim Strom, sagt der Fachmann. "Aktuell gibt es mehr Beschwerden."
Falsches Eich-Datum muss nicht auf Ungültigkeit hinweisen
Nicht notwendigerweise könne man jedoch vom Eich-Datum auf einem Wasserzähler darauf schließen, ob dieser auch korrekt geeicht ist. "Versorgungszähler für Strom, Wasser, Wärme oder Gas werden durch Stichprobenverfahren verlängert", erklärt Schulze Wessel. Dafür zuständig sind staatlich anerkannte Prüfstellen, die etwa bei den kommunalen Versorgungsunternehmen angesiedelt sind. Dabei werde eine gewisse Menge an Zählern mit dem gleichen Baujahr – und nicht alle Zähler einer Stadt oder Gemeinde – nach statistischen Grundsätzen überprüft. "Wenn diese in Ordnung sind, wird die Eichfrist für die Gesamtheit dieser Wasserzähler verlängert."

Hinzu komme, dass Zähler auch mehrere Jahre nach Ablauf der Eichfrist durchlaufende Wassermengen noch weitestgehend exakt bestimmen könnten. Trotzdem sei eine Eichfrist aus den 1990er-Jahren ungewöhnlich.
Stadt weiß, dass sie beim Wasserzähler-Austausch im Rückstand ist
"Als die Verwaltung 2019/2020 neu aufgestellt wurde, war bereits klar, dass wir beim Austausch der Zähler im Rückstand sind", gibt Bürgermeister Sauer zu. Er will dies allerdings nicht als Kritik an seinen Vorgängern verstanden wissen: "In den vergangenen Jahrzehnten war die oberste Priorität der Verwaltung sicherzustellen, dass ausreichend sauberes Wasser zur Verfügung steht." Der Austausch der Wasserzähler sei dabei jedoch in Verzug geraten. Dies soll jetzt schnellstmöglich nachgeholt werden, so Helmerich. "Das ist eine Nachlässigkeit, das will ich nicht schönreden", sagt Sauer.
Sollten Bürgerinnen und Bürger vermuten, wegen ungeeichter Wasserzähler mehr Geld gezahlt zu haben, werde die Stadt dies prüfen und den zu viel entrichteten Betrag ersetzen, beteuerte Sauer. Er gehe jedoch eher davon aus, dass – wenn überhaupt – der Stadt Arnstein dadurch Gelder entgangen seien. Bei der jährlichen Wasserbilanz habe es zumindest keine "signifikanten Abweichungen" gegeben. Der Wasserverlust liege bei "weit unter zehn Prozent". 2019 lag dieser Wert für ganz Bayern bei 10,3 Prozent und für den Bund bei 8,8 Prozent.
Die Stadt führt jetzt digitale Wasserzähler ein
Die Stadt werde, so Sauer, Schritt für Schritt alle Wasserzähler in den kommenden drei Jahren digitalisieren. Dafür wurde ein externer Dienstleister engagiert. Gesamtkosten: 350.000 Euro. Sauer: "Wir haben die Hausaufgaben angenommen. Eine zeitgemäße Technik war uns deshalb wichtig." Damit könnten Leckagen schneller verortet und der Wasserverbrauch zu verschiedenen Tageszeiten ausgelesen werden. Dies helfe dabei, Wasser zu sparen.
Angst vor Überwachung durch die Stadt müssten die Arnsteinerinnen und Arnsteiner aber nicht haben: "Die Daten werden von uns nach der Umstellung nicht dauerhaft ausgelesen, sondern wir müssen das nach wie vor manuell vor Ort machen", sagt Kämmerer Nunn. Jedoch müssten die Mitarbeiter dafür nicht mehr ins Gebäude gehen, sondern könnten das Auslesen "digital" von der Straße aus erledigen. Wer das nicht möchte, könne das Funkmodul abschalten lassen.
Nunn geht davon aus, dass die Arnsteiner derzeit auch wegen der Erhöhung der Wassergebühren genauer hinschauen. "Wir mussten erhöhen, um kostendeckend zu wirtschaften." Laut Bürgermeister Sauer war die Kalkulation der Wasserversorgung bislang defizitär und bürgerfreundlich. "Wir hatten über Jahre hinweg sehr günstige Wassergebühren."