Es gibt viele ältere Menschen, die ein Haus alleine bewohnen, das einst für eine ganze Familie konzipiert war. Auf der anderen Seite gibt es junge Familien, die dringend ein Haus suchen. Das bayerische Innenministerium plädiert unter anderem dafür, Eigentümer solcher alleine bewohnter Häuser anzusprechen und nach ihrer Bereitschaft zu einem Wohnungswechsel zu fragen. Was so einfach klingt, ist für die Betroffenen mit vielerlei Überlegungen verbunden.
Polin zur Altenpflege?
Wilma Weber (Name von der Redaktion geändert) sagt: „Ich habe schon überlegt, eine Polin bei mir aufzunehmen, die mich betreuen kann. Das wäre wunderbar.“ Doch ihr Haus eigne sich nicht dafür. Es gibt kein Bad im Erdgeschoss. Denn die ältere Dame würde sich dann schon eine Trennung beider Wohnbereiche wünschen. Sie selbst würde das Erdgeschoss beziehen, die Pflegerin oben drüber wohnen.
Sie spielt in Gedanken mit einem Umzug in das betreute Wohnen, das gegenüber vom Tegut entstehen soll. Oder wäre ein Platz im Altenheim das Richtige? Doch da gibt es viele Fragezeichen. 2500 bis 3000 Euro monatlich für einen Heimplatz könne sie nicht von ihrer Rente aufbringen, sagt sie. Eine Bekannte von ihr habe auch lange auf ein Einzelzimmer warten müssen – ein weiterer Gedanke.
Vorsichtig sein
Im Gespräch wird klar, dass es für einen älteren alleinstehenden Menschen immer wieder Dinge zu beachten gilt, über die sich Jüngere keine Gedanken machen. „Eigentlich wäre ein Notrufgerät sinnvoll“, räumt die Dame ein. Bisher habe sie sich dazu nicht durchringen können.
Einmal schon hatte sie einen Notfall und konnte gerade noch auf allen Vieren das Telefon erreichen und die 110 wählen. Das war nun freilich die Polizei und nicht die Rettungsleitstelle. Doch es funktionierte. Binnen Minuten war Hilfe bei ihr. Ein anderes Mal stand plötzlich ein Mann auf ihrer Terrasse und wollte, dass sie ihm Geld gibt. Sie überlegte: „Wenn ich jetzt ins Haus gehe, kann es sein, dass er mir folgt. Dann muss er mich nur umschubsen und schon hat er freie Bahn.“ Also blieb sie auf der Terrasse und rief „Hilfe“. Schon war der Mann verschwunden und der Fall geklärt.
Ja, so ein Betreutes Wohnen würde ihr schon gefallen. In der Einrichtung in der Bodelschwinghstraße soll es einen Arzt und einen Friseur geben. Und Lebensmittel bekommt man gleich über die Straße. . .
Allerdings ist bisher alles recht gut geregelt. Die ältere Dame kocht selbst. Zum Putzen kommt eine Reinemachfrau. Und auch mit den Garten ist alles geklärt. Er ist zum Glück nicht so groß. Ein Nachbar kümmert sich darum ebenso wie um das Schneeräumen.
Die Nachbarschaft, die würde ihr fehlen. Streit gibt es keinen. Im Gegenteil. „Das ist hier wie eine Familie“, sagt sie und berichtet: „An Nikolaus stand ein Schälchen mit einem Nikolaus und ein paar Pralinen vor der Tür. Ich musste erst einmal erraten, von wem das war.“
Kinder spielen eine Rolle
Das Haus verkaufen? Nach vielen Jahrzehnten wäre das schon ein großer Schritt. Und wer weiß – vielleicht kommt der Neffe eines Tages zurück nach Karlstadt. Denn er ist inzwischen auch schon über 50.
Wer eigene Kinder hat, bezieht diese in die Überlegungen zur Gestaltung des Alters mit ein – so auch Ilse Becker. Sie würde würde nie ans Ausziehen denken, weil ihr Sohn gleich in der direkten Nachbarschaft wohnt.
Lotte Wagner dagegen überlegt, von Karlstadt wegzugehen. „Das brodelt bei mir im Hinterkopf.“ Der Sohn lebt in der Großstadt. Dort gibt es noch eine Eigentumswohnung der Familie, die in absehbarer Zeit frei wird. Sie wurde schon gefragt, ob sie ihr Haus verkaufen würde. Doch wozu? Es gibt keine Notwendigkeit dafür. Und: „Man weiß nicht, was aus dem Geld wird“, meint die Karlstadterin.
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