Wenn Armin Väth aus Marienbrunn am Griff der Holzratsche dreht, ertönt ein lautes Scheppern. In Marienbrunn heißt das Lärminstrument Kirre. Je schneller der 60-Jährige kurbelt, desto schneller dreht sich die Walze und lässt eine Spanplatte über ihre Rillen hüpfen. So erzeugt Väth einen ohrenbetäubenden Krach. Als Kind war er Klapperbub in seinem Heimatort Wiebelbach. Heute baut er die Instrumente in seiner Werkstatt.
Ratschen, klappern, kirren, leiern oder zirren: Für das Lärmen in der Karwoche gibt es je nach Ort verschiedene Bezeichnungen. In katholisch geprägten Regionen ziehen Kinder und Jugendliche mit ihren Holzinstrumenten, die oft auch bei geschlossenen Fenstern nicht zu überhören sind, durch die Straßen, um an die traditionellen Gebetszeiten zu erinnern und zu Gottesdiensten zu rufen. Dazu rufen sie kurze Verse.
Klapper-Instrumente sind je nach Ort unterschiedlich gebaut
Die Lärminstrumente werden in vielen Familien von Generation zu Generation weitergegeben. Doch wenn sie abgenutzt und defekt sind, müssen neue angeschafft werden. Dazu braucht es etwas Geschick und vor allem Kenntnisse im Schreinerhandwerk. Armin Väth kam vor vielen Jahren zu seinem ersten Auftrag, als ein Bekannter für die Trennfelder Ministrantinnen und Ministranten neue Instrumente angefragt hatte.

Der gelernte Bau- und Möbelschreiner nahm die Herausforderung an. "Ich hatte eine Ratsche als Vorlage, die habe ich ausgemessen und nachgebaut." Seitdem stellt er immer wieder solche Holzinstrumente her. Für die Serienfertigung hat er Baupläne gezeichnet, Musterstücke bereitliegen und sogar Haltevorrichtungen gebaut.
Genauigkeit und Geschick im Instrumentenbau
Für den Rahmen, die Walze und den Griff verwendet Väth Buchenholz aus dem Baumarkt. Die Teile für den Rahmen verbindet er mit Schlitzen und Zapfen, so wie er es vor Jahrzehnten in der Ausbildung gelernt hat. Einen Rundstab, fünf Zentimeter im Durchmesser, sägt er passend zu und lässt ein Stück von einem Schlosser abdrehen. So entstehen die Walze und die Verlängerung, an die später die Handkurbel geschraubt wird.

Wie die Rillen der Walze angeordnet sein sollen, markiert Väth mit Bleistift und Zollstock auf dem Rundholz. Dabei ist Genauigkeit gefragt, damit die Walze später rund läuft. Mit der Kreissäge fräst Väth die Nuten ins Holz. Das Sägeblatt hat er um zehn Grad schräg gestellt. Eine extra angefertigte Vorrichtung hält das Rundholz und sorgt dafür, dass es während des Sägens nicht verrutscht.

Die Sperrholzplatte aus Pappel, die zusammen mit der Walze für den "richtigen Ton" sorgt, spannt Väth mit einem Holm in das Rahmengestell der Kirre. Damit der Spielraum zwischen Walze, Spanplatte und Seitenteilen nicht zu groß und nicht zu klein ist, muss Väth exakt messen. "Das ist Millimeter-Arbeit." Etwas Kernseife auf den Holzteilen hilft, dass die Bauteile nicht aneinander reiben. Die fertigen Instrumente bearbeitet Väth mit Holzwachs. Das schützt vor Feuchtigkeit.
Verschiedene Bauarten an Instrumenten
Es gibt verschiedene Arten und Größen von Klappern. Die einfachste Version besteht wohl aus einem rechteckigen Brett als Grundfläche. Darauf klopft ein Hammer, wenn man das Instrument schüttelt. Etwas aufwändiger gebaut ist das Exemplar, bei dem kleine Hämmer oder Holzlatten von einer Walze mit Holzstiften angehoben werden und dann lautstark auf ein Brett fallen.

Die Kastenklapper hat zusätzlich einen Resonanzkörper. "Wenn ich einen Bauplan hätte, würde ich auch ein Instrument mit Klöppeln bauen", sagt Väth. Dieser Vorsatz lässt ihn nicht los und er wird kurz darauf im Internet, auf der Seite des Bistums Würzburg, fündig. Bis zu den Kartagen im kommenden Jahr will er auch solche Lärminstrumente in sein Angebot aufnehmen.

Von Dambern, Glöbbern und Zirren
So wie sich die Bauarten von Ort zu Ort unterscheiden, haben die Instrumente auch verschiedene Bezeichnungen: Was in Heßlar als Damber überliefert ist, nennt man in Retzstadt Rappel, in Gössenheim Zirre und in Wernfeld Klöpper. Das schreibt Birgit Speckle, die beim Bezirk Unterfranken für Kulturarbeit und Heimatpflege zuständig ist, in einem Artikel für den Bayerischen Landesverein für Heimatpflege aus dem Jahr 2016. In Wiesenfeld hingegen ziehen Kinder und Jugendliche mit Glöbbern durch die Straßen.
Die Bedeutung des Brauchs, den es laut Speckle etwa seit dem 17. oder 18. Jahrhundert in Unterfranken gibt, ist hingegen überall gleich. Die Lärminstrumente sollen die Kirchenglocken ersetzen. Diese läuten ab der Gründonnerstagsmesse, die das letzte Abendmahl Jesu vor seinem Tod symbolisiert, bis zur Auferstehungsfeier in der Osternacht nicht. Der Legende nach fliegen die Glocken nach Rom zur Beichte. Gemeint ist wohl, dass das festliche Läuten der Glocken nicht angemessen ist für die Kreuzung.

Verse und Lärmen ab 6 Uhr morgens
Die Klapperer stehen an den Kartagen früh auf, um durch die Straßen ihres Ortes zu ziehen und an das erste Angelus-Gebet des Tages um 6 Uhr zu erinnern. Sie lärmen nicht nur, sondern sagen auch einen Vers auf, der von Ort zu Ort unterschiedlich ist. In Marienbrunn etwa heißt er: "Ave Maria, gratia plena. So grüßte der Engel die Jungfrau Maria in ihrem Gebet. Das heißt Ave Maria."
Zum Mittagsgebet, der Aufforderung zum Besuch des Karfreitagsgottesdienstes und dem Abendgebet steht für die Kinder und Jugendlichen wieder ein solcher Spaziergang durch den Ort an. Und so geht es auch am Samstag weiter. Am Nachmittag sammeln die Klapperer vielerorts zum Dank an ihren Dienst Eier, Süßigkeiten oder Geld ein.
Wer sich selbst einmal am Bau einer Klapper versuchen möchte, findet beim Bistum Würzburg eine detaillierte Anleitung: https://ministranten.bistum-wuerzburg.de/service/ratschen-klappern