In zwei Turnhallen in Marktheidenfeld und Karlstadt mussten Notunterkünfte eingerichtet werden, weil die dezentralen Unterkünfte für Geflüchtete im Landkreis nicht mehr ausreichten. Um die Notunterkünfte wieder zu leeren, sucht das Landratsamt derzeit weiterhin nach dezentralen Unterkünften. Im Gespräch sind zwar auch Modulbauten oder Container. Das Landratsamt ist dafür aber noch auf der Suche nach Grundstücken; zuletzt bot die Stadt Karlstadt der Behörde ein Grundstück an.
"Nach wie vor sind wir für Angebote für dezentrale Unterkünfte dankbar", sagt Stefan Krebs, Abteilungsleiter für kommunale und soziale Angelegenheiten im Landratsamt. Zusammen mit seinem Stellvertreter, Thomas Reuter, erklärt er, wie Vermieterinnen und Vermieter ihre Wohnungen anbieten können. Derzeit gibt es 58 dezentrale Unterkünfte im Landkreis, in denen 632 Personen untergebracht sind (Stand Ende Dezember 2023).
Grundsätzlich werden die Geflüchteten erst einmal vom Ankerzentrum in Geldersheim (Lkr. Schweinfurt) aus an die Gemeinschaftsunterkünfte der Regierung oder in die dezentralen Unterkünfte des Landratsamts verteilt; derzeit in Marktheidenfeld und in Karlstadt auch in Notunterkünfte. Vertreterinnen und Vertreter des Landratsamts betonten in den vergangenen Wochen mehrfach, dass die Personen aus den Notunterkünften möglichst schnell wieder auf dezentrale Unterkünfte verteilt werden sollen.
Was sind dezentrale Unterkünfte?
"Dezentrale Unterkünfte können vieles sein. In aller Regel sind es Wohnungen oder ehemalige Pensionen", sagt Krebs. Dabei gibt es zwei Modelle. Einmal kann das Landratsamt als Vertragspartner einen Mietvertrag mit dem Vermieter schließen und die Wohnung anmieten. Hier sei Reuter zufolge das Landratsamt für die Geflüchteten der erste Ansprechpartner, aber auch die Caritas-Flüchtlingsberatung oder der paritätische Wohlfahrtsverband. Vermieter könnten sich bei der Unterstützung der Geflüchteten einbringen, seien dazu aber nicht verpflichtet.

Bei größeren Unterkünften wie Pensionen gibt es außerdem das Modell eines Beherbergungsvertrags. Die Besonderheit dabei erläutert Reuter: "Der Vermieter ist bei einem Beherbergungsvertrag ein sogenannter Kümmerer, zeigt den Weg zum Arzt oder zur Schule und ist erster Ansprechpartner." Einmal am Tag müsste der Beherbergungsanbieter vor Ort sein.
Private Mietverträge zwischen Geflüchteten und Vermietern seien noch einmal eine andere Schiene und vor allem interessant für diejenigen, die aus den Unterkünften ausziehen müssen. "Zum Beispiel für diejenigen, die das Asylverfahren durchlaufen haben oder für Ukrainerinnen und Ukrainer", so Krebs.
Gibt es Hilfestellung vonseiten des Landratsamts, wenn jemand zum ersten Mal Wohnraum vermieten möchte?
Tatsächlich rufen sehr oft Menschen ohne Erfahrung mit Vermietung beim Landratsamt an, erklärt Reuter. "Ich biete an, dass sie zu einem Beratungsgespräch vorbeikommen." Außerdem kann das Landratsamt Informationen, etwa zum Mietspiegel in der Region, zur Verfügung stellen. Um das Eis zu brechen, könne die Integrationslotsin den Erstkontakt zwischen den Beteiligten herstellen.
Können Vermieter die Mieter vorab kennenlernen oder werden Personen zugeteilt?
Das ist abhängig vom Vertragspartner: Wenn Vermieter einen Vertrag mit dem Landratsamt schließen, weist das Landratsamt die Personen zu. Krebs erwähnt als Vorteil dabei die hohe Vertragssicherheit: "Sie haben immer einen Ansprechpartner und hohe Zuverlässigkeit in allen Bereichen, zum Beispiel der Mietzahlung."

Wenn Vermieter einen Vertrag mit Privatpersonen schließen, etwa mit Ukrainern oder Geflüchteten mit Aufenthaltstitel, dann sei das ein ganz normales privatrechtliches Mietverhältnis. "Der Vorteil hier: Der Vermieter kann sich seine Mieter aussuchen", sagt Krebs. Das Landratsamt kann in diesem Bereich allerdings nur vereinzelt Kontakte zwischen Vermietern und Mietern herstellen, es ist aber keine klassische Wohnungsvermittlungsbörse.
Wie lange sollte die Wohnung mindestens zur Verfügung stehen?
"So lange wie möglich", sagt Krebs. Die kurzfristige Aufnahme von Geflüchteten sei dem Landratsamt vor allem nach Beginn des Ukrainekriegs angeboten worden. Das habe das Landratsamt zu der Zeit gern angenommen, momentan werde aber nach längerfristigen Lösungen gesucht. Viele dezentrale Unterkünfte gebe es schon seit einigen Jahren.
Sollte die Wohnung abgeschlossen sein oder reicht ein Gästezimmer?
Die generelle Empfehlung des Landratsamts ist, abgeschlossene Wohnungen zu vermieten. "Es liegt auf der Hand: Wenn man mit zunächst unbekannten Menschen längere Zeit die Wohnung teilt, kann das schwierig werden – für Mieter wie Vermieter", sagt Krebs. Die Frage stelle sich im Moment allerdings nicht, da dem Landratsamt Gästezimmer nur zu Beginn des Ukrainekriegs angeboten worden seien. Wer ein Gästezimmer vermieten wolle, könne das privat natürlich tun.

Wie viele Personen sollten mindestens in der Wohnung leben können?
"In unseren Mietverträgen vereinbaren wir mit dem Vermieter, wie viele Personen maximal in der dezentralen Unterkunft wohnen sollen. An diese Zahl halten wir uns auch", sagt Krebs. "Je nach Größe der Räumlichkeiten schauen wir, dass wir nicht überbelegen. Es soll so sein, dass man dort ordentlich leben kann", sagt Reuter. Dabei gebe es Einzel-, Doppel- und Mehrbettzimmer in größeren Unterkünften und abgeschlossene Wohnungen. "Wenn wir einen großen Wohnraum haben, sind da auch mal sieben Personen zusammen", sagt er.
Sollte der Wohnort über gewisse Infrastruktur (wie Supermarkt, Schule, öffentliche Verkehrsmittel) verfügen?
Krebs zufolge sind alle Angebote beim Landratsamt willkommen. "Auch in den ganz kleinen Dörfern fährt ein Schulbus", sagt Reuter. Gerade diese kleinen Orte seien seiner Erfahrung nach ideal für Integration: "Es hat sich gezeigt, dass Einheimische aus dem Dorf die Geflüchteten auch einfach mal in die Stadt mitnehmen. In den Ferien hat das Landratsamt auch schon mal einen Bus organisiert", sagt Reuter.

Was passiert, wenn die Wohnung nicht weiter als dezentrale Unterkunft zur Verfügung steht?
Auch hier gilt: Auf Mietverhältnisse zwischen privaten Vertragspartnern hat das Landratsamt keinen Einfluss, wie Krebs betont. Das Landratsamt könne Personen dann nicht "zurücknehmen". Allenfalls bei drohender Obdachlosigkeit sei eine Rückkehr in eine Notunterkunft im absoluten Ausnahmefall denkbar. Ist das Landratsamt der Mieter der dezentralen Unterkunft, sei bei Wohnungen in der Regel eine vierteljährliche Kündigungsfrist vereinbart.
An wen sollen sich potenzielle Vermieter am besten wenden?
Wohnungsangebote können per E-Mail an wohnraum@lramsp.de geschickt werden – die Angebote kommen dann bei den Integrationslotsen an. Auch die erste Sichtung der Wohnung machen die beiden Integrationslotsen.