Das Grundkonzept kommt aus Amerika, produziert wird in Kreuzwertheim. "Mit dem VW- Pritschenwagen meines Vaters fing 1973 alles an", beginnt Peter Tischer zu erzählen. Pickups kannte in den 70ern in Deutschland noch keiner, deshalb nutzte der damals 21-Jährige was verfügbar war. Zusammen mit seinem Vater wollte Tischer den Pritschenwagen zu einem Wohnmobil umbauen und damit das Nordkap in Norwegen bereisen. Heraus kam nach einem halben Jahr Handarbeit der erste Wohnkabinen-Prototyp der Firma Tischer Freizeitfahrzeuge.

Vom Pressen der Sandwichplatten bis zum Aufsetzen der fertigen Wohnkabine auf den Pickup finden alle Arbeitsschritte in den sechs Werkhallen auf dem Unternehmensgelände statt. Der Prozess ist vielschichtig und detailliert, knapp sechs Wochen braucht eine Wohnkabine, um alle Schritte zu durchlaufen. "Wir bauen von außen nach innen", erklärt Geschäftsführer Patrick Sauer. Das bedeutet: Nach Isolierung und Fräsung werden die mit einer dünnen Aluminiumplatte beschichteten Holzbauteile direkt in Kabinenform zusammengeklebt und verschraubt. Steht die "Hülle", wird verkabelt. Heizung, Elektroinstallation, Inneneinrichtung aus der eigenen Möbelwerkstatt, Fenster sowie Polster aus der eigenen Näherei werden nach und nach eingebaut. Kostenpunkt einer Standardkabine inklusive Pickup Ausbau: Rund 43 000 Euro.
Export nach ganz Europa
Der Umstieg auf Pickups als Basisfahrzeuge für die Wohnkabinen erfolgte in den 1980er Jahren. In einer amerikanischen Automobilzeitschrift erfuhr Peter Tischer vom damals nur in den USA erhältlichen Golf Pickup. Sofort flog er hin, um einen zu erwerben und nach Deutschland zu exportieren. Das Handwerk rund um das Bauen der Wohnkabinen hat sich der gelernte Glasbläser selber angeeignet und über die Jahre optimiert. „Bis 1990 bauten wir noch ein Hubdach zum Ausklappen ein, heute ist die aerodynamische Form eines unserer Erkennungsmerkmale“, meint der 72-Jährige.

"Die geht bald nach Island", erklärt Patrick Sauer und deutet auf eine Wohnkabine, die auf einem Gestell an der Fabrikwand steht. Ihre Kunden kämen hauptsächlich aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, erklärt der 32-jährige. 2022 hat er das Unternehmen von Stiefvater Peter Tischer übernommen und ist nun Geschäftsführer. Beliefert habe das unterfränkische Unternehmen allerdings schon Länder in ganz Europa. Ungefähr 230 Wohnkabinen bauen die 50 Mitarbeitenden der Firma Tischer Freizeitfahrzeuge pro Jahr. Über 6000 Stück sind es insgesamt in den vergangenen 51 Jahren seit Firmengründung. Mit zwei Jahren Wartezeit müssen Neukunden aktuell rechnen, denn die Auftragsbücher sind voll. Jeder Pickup wird vor Aufsetzten der Kabine in der eigenen Werkstatt umgebaut, eine Zusatzluftfeder an der Hinterachse sorgt beispielsweise für eine erhöhte Traglast.
Mit mindestens 15 Litern Kraftstoffverbrauch pro 100 Kilometern ist Sparsamkeit nicht gerade eine Stärke von Pickups. Ist das Konzept also noch zeitgemäß, auch der Umwelt zu Liebe? „Wenn Reichweite und Zuladung stimmen, sind wir in Zukunft offen für elektrisch betriebene Pickups", erklärt Geschäftsführer Sauer. Im Moment gebe es zwar schon elektrische Alternativen, diese kommen mit 200 Kilometer Reichweite allerdings noch nicht als Campingfahrzeug in Frage.
Der Trend zum mobilen Büro
Peter Tischer kennt aktuell noch keine Alternative zu Verbrenner-Basisfahrzeugen. Er betont allerdings: "Der große Vorteil der Wohnkabinen ist, dass das Fahrzeug untendrunter immer wieder durch ein effizienteres und saubereres ausgetauscht werden kann", erklärt der Gründer. Er erzählt von einem Kunden, der dieselbe Kabine seit 40 Jahren nutzt – mit verschiedenen Pickups.

Auch wenn der Antrieb es noch nicht hergibt, setzt die Firma an anderer Stelle schon jetzt auf erneuerbare Energien: Auf jedem Wohnkabinendach sind Solarpanels eingebaut, mit denen die Kabine im Sommer komplett autark ist. Damit will man, unter dem Stichwort "mobiles Büro", auch ein jüngeres, individualistisches Publikum ansprechen. Gründer und Geschäftsführer sind sich einig: "Die Zukunft ist zwar noch ungewiss, doch wir schauen der Entwicklung entspannt entgegen."