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Retzbach: Wunderlich und weithin sichtbar: Warum ein pinker Zwerg am Benediktusberg über Retzbach thront

Retzbach

Wunderlich und weithin sichtbar: Warum ein pinker Zwerg am Benediktusberg über Retzbach thront

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    Der pinke Zwerg von Retzbach: Zwei Häuslebauer haben die Skulptur auf ihrem Grundstück aufgestellt. Nun ist er von der alten Mainbrücke und der B27 aus gut zu sehen.
    Der pinke Zwerg von Retzbach: Zwei Häuslebauer haben die Skulptur auf ihrem Grundstück aufgestellt. Nun ist er von der alten Mainbrücke und der B27 aus gut zu sehen. Foto: Anna Kirschner

    Bei der Bundesgartenschau 2019 verliebte sich Monika von Olnhausen in einen Zwerg. Der war modern, pink und irgendwie ein bisschen frech – und anders, als man vermuten sollte, fast so groß wie sie selbst. Der 1,60 Meter große Zwerg mit Mütze auf dem Kopf und Tulpe in der Hand war das Maskottchen der Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn und stand am Ortseingang vieler Gemeinden rund um den schwäbischen Ort. Doch was macht er ausgerechnet im Zellinger Ortsteil Retzbach?

    Für die Liebe nach Unterfranken gezogen

    Monika von Olnhausen kommt aus der Nähe von Heilbronn und zog für die Liebe nach Unterfranken. In der schwäbischen Heimat entdeckte sie zwei Jahre später bei einem Besuch die Skulptur. "Ich fand den Zwerg damals einfach toll. Da ist das Bedürfnis in mir hochgekommen, so einen Zwerg zu besitzen", erzählt die 56-Jährige im Rückblick. "Wir haben natürlich keinen geklaut", ergänzt Lebensgefährte Burkard Heßdörfer. Denn so einige der Zwerge verschwanden damals oder wurden gar in die Luft gesprengt. Nun steht ein Exemplar weithin sichtbar am Benediktusberg in Retzbach. Wer auf der B27 nach Süden fährt oder über die alte Mainbrücke Zellingens schlendert, sieht ihn am Hang pink leuchten. 

    Monika von Olnhausen und Burkard Heßdörfer erzählen am Küchentisch ihrer  Wohnung von der Geschichte des Retzbacher Zwerges. 
    Monika von Olnhausen und Burkard Heßdörfer erzählen am Küchentisch ihrer  Wohnung von der Geschichte des Retzbacher Zwerges.  Foto: Anna Kirschner

    "Er hat uns gleich gefallen", erzählt Heßdörfer. "Das Pinke, das Kantige und Moderne" mochte seine Partnerin. Normale Gartenzwerge kommen dem Paar nicht aufs Grundstück. "Wenn, dann was Außergewöhnliches, wie das ganze Projekt unten", sagt von Olnhausen. Damit meint sie den Umbau eines der älteren Häuser Retzbachs in der Bergstraße, das sie und Heßdörfer in Angriff genommen haben.

    Eine Ferienwohnung soll entstehen

    Vermutet wird, erzählt Heßdörfer, dass es sich bei dem Haus um einen ehemaligen Sakralbau oder ein öffentliches Gebäude handelte, vielleicht ein Kloster. Noch ein paar alte Gebäudeteile stehen. Der Torbogen vor dem großen Gewölbekeller, der bis an den Fels reicht, ist mit der Jahreszahl 1561 gekennzeichnet. Der vordere Teil wird als Wohnhaus neugebaut, aber Abgebrochenes wiederverwendet. Im hinteren Teil entstehen eine Garage und eine Ferienwohnung.

    Die soll ein eher exklusives Angebot sein. Als ehemaliger Vorsitzender des Winzervereins vor Ort kenne er das Angebot an Ferienwohnungen in der Region, berichtet Heßdörfer, habe er es doch früher an Gäste vermittelt. Im höheren Preissegment sei nicht viel dabei. Auch den Innenhof – laut dem Bauherrn in Retzbacher Häusern eine Seltenheit – wollen Heßdörfer und von Olnhausen mit Leben füllen, vielleicht auch Wein und Fingerfood anbieten. "Sie ist begnadete Köchin, ich bin Winzermeister, warum nicht?", findet Heßdörfer, der lange Außenbetriebsleiter des Weinguts des Würzburger Bürgerspitals war.

    Burkard Heßdörfer beim Transport des 60 Kilogramm schweren Zwergs im Sommer 2022. Im Original heißt der Zwerg "Karl", nach dem einstigen Heilbronner Karlshafen benannt.
    Burkard Heßdörfer beim Transport des 60 Kilogramm schweren Zwergs im Sommer 2022. Im Original heißt der Zwerg "Karl", nach dem einstigen Heilbronner Karlshafen benannt. Foto: Monika von Olnhausen

    "Eine schwäbische-fränkische Kooperation", nennt das von Olnhausen. "Wir versuchen, das Beste draus zu machen." Das Ankommen in Retzbach war für die Schwäbin nicht immer einfach. Auf einer Weinreise hatte sie den Retzbacher Heßdörfer kennengelernt. "Das hat uns neue Perspektiven eröffnet. Sie liebt jetzt die Frankenweine, ich die württembergischen", sagt Heßdörfer. Seit Herbst 2017 lebt von Olnhausen offiziell im Zellinger Ortsteil.

    Jedoch sei es in einem Dorf wie Retzbach manchmal schwierig, Anschluss zu finden, wenn man nicht "von hier ist", weiß der 61-jährige Heßdörfer. Dazu kamen Verständigungsschwierigkeiten wegen der Dialekte. Und von Olnhausen betont: "Heimat bleibt Heimat, das ist so." Das Bauprojekt am Fuße des Benediktusberges ist ein Neustart für die beiden, der Zwerg ein Stück schwäbische Heimat im fränkischen Liebesexil.

    Reaktionen von "toll" bis "Kitsch"

    Zweieinhalb Jahre lang stand der Zwerg zuvor am aktuellen Haus, in dem das Paar wohnt. Gut sichtbar, doch "das hat keinen Menschen interessiert", berichtet von Olnhausen. Mit den fortschreitenden Arbeiten am Neubau zog der Zwerg, im Übrigen hohl und aus Glasfaser, im Sommer 2022 an den Hang in die Bergstraße.

    "Dann war die Aufregung im Dorf groß", berichtet Heßdörfer. Seine Partnerin sei schon drauf und dran gewesen, ein klarstellendes "Schreiben ans Tor zu schlagen wie Luther", scherzt er. Von 90 Prozent Lob berichtet der Winzermeister. "Und manche, aber das hat man ja immer, die sagen, was ist das für ein Spinnerei." Die Kinder in der Kita von Retzbach jedenfalls würden sich freuen, wenn sie auf ihrem Weg dorthin den Zwerg sehen, berichtet von Olnhausen.

    Mit einem Kran und einer Schlinge um den Hals wurde der Zwerg eingehoben. Anders hätte man die schwere Skulptur schlecht transportieren können.
    Mit einem Kran und einer Schlinge um den Hals wurde der Zwerg eingehoben. Anders hätte man die schwere Skulptur schlecht transportieren können. Foto: Monika von Olnhausen

    Sogar in die Faschingszeitung "Retzpost" hat es der Zwerg geschafft: "Die Gemeinde wird aufgefordert, gemäßg dem Motto 'Was du nicht verbergen kannst, musst du betonen', Retzbachs neues Wahrzeichen, den Gartenzwerg am Benediktusberg in verschiedenen Farben zu beleuchten."

    Mit dem Baukran wurde der Zwerg eingehoben

    "Dass er so präsent ist, damit haben wir nicht gerechnet", verrät von Olnhausen auch. "Für uns war das ein Gag, dass wir ihn für uns da hinstellen." Nur mit dem Kran und einer Schlinge um den Hals konnte der 60 Kilogramm schwere Zwerg während der Bauarbeiten am künftigen Wohnhaus hochgehievt werden. Ob nun "toll" oder "Kitsch": "Ohne weiteres" komme der Zwerg nicht mehr runter, sagt Heßdörfer. Im Sommer wollen er und von Olnhausen zu ihm in die Bergstraße ziehen.

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