Nur einen Tag nach dem Messerangriff von Aschaffenburg ist eine politische Debatte um Konsequenzen der Tat mit zwei Todesopfern entbrannt. Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) kündigte für den Fall seiner Wahl an, am ersten Tag im Amt Zurückweisungen an den Grenzen anzuordnen. Dagegen warnte SPD-Innenministerin Nancy Faeser vor "populistischen Vorschlägen" und sieht Erklärungsbedarf bei den bayerischen Behörden.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich noch am Mittwochabend mit den Spitzen der Sicherheitsbehörden beraten. Scholz habe die Tat "zutiefst getroffen", sagte der unterfränkische SPD-Chef Bernd Rützel. Der Bundestagsabgeordnete aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart) stand zur Tatzeit nur 300 Meter vom Tatort entfernt an einem Wahlkampfstand.

Der 28-jährige Täter war ausreisepflichtig. Es gelte zu klären, warum der polizeibekannte Afghane noch im Land war, so Rützel. "Man hätte ihn abschieben oder bis zur Abschiebung einsperren müssen." Die Tat müsse Folgen haben, "die Zeit des Redens ist vorbei".
Ministerpräsident Söder fordert massive Begrenzung der Zuwanderung
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärte, eine Messerattacke auf ein kleines Kind sei "mit das schäbigste Verbrechen, das man sich vorstellen kann". Er verstehe die Wut und Empörung der Menschen. Er forderte Entschlossenheit zu einem grundlegenden Wandel der Asylpolitik: "Es reicht, es reicht, was noch?"

Zuwanderung müsse massiv begrenzt werden. Bayerische Ausländerbehörden könnten derzeit ihre Arbeit nicht tun, "weil der Rechtsrahmen dafür fehlt". Diese Probleme müssten schnell gelöst werden, weil sonst "radikale Kräfte übernehmen", warnte der CSU-Chef.
Zusammenhang zwischen Migration und innerer Sicherheit
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Alexander Hoffmann, betonte gegenüber dieser Redaktion einen Zusammenhang zwischen Migration und innerer Sicherheit. "Wenn zu viele Menschen in zu kurzer Zeit zu uns kommen, werden unsere Systeme überlastet. Dann fallen zu viele durchs Raster", sagt der Politiker aus Retzbach (Lkr. Main-Spessart).

Deswegen brauche es Entlastung, etwa durch mehr Zurückweisungen an den Grenzen, die teilweise Aussetzung des Familiennachzugs oder die Ausweisung von mehr sicheren Herkunftsstaaten. Und Abschiebungen: "Wer eine schwere Straftat begeht oder mehrere kleinere Straftaten, muss das Land verlassen."
Ähnlich äußerte sich die Aschaffenburger Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz. Sie fordert einen "faktischen Aufnahmestopp" von Asylbewerbern, "wir dürfen die Kommunen nicht länger allein lassen".
Niklas Wagener: Politischer Wille muss auch Realität werden
Lindholz kritisiert, dass es nach der Messerattacke von Mannheim erst einen einzigen Abschiebeflug nach Afghanistan gegeben habe. Gleichzeitig hätten seit Juni mehr als 18.000 Afghanen einen Erstantrag auf Asyl gestellt. Ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder sollten in unbefristeten Ausreisearrest genommen werden. Lindholz mahnt, Gefährder stärker in den Blick zu nehmen, das passiere bei psychisch auffälligen Personen bislang zu wenig.

"Ich halte es für wichtig, erstmal Raum für Trauer und Gedenken zu geben und die Tat nicht zum Spielball politischer Diskussionen im Wahlkampf werden zu lassen", erklärte dagegen der Aschaffenburger Grünen-Abgeordnete Niklas Wagener. "Es ist wichtig, dass die Stadtgesellschaft jetzt zusammenhält."

"Dennoch gibt mir die Tat zu denken", so Wagener. Er sei für Überlegungen zur Begrenzung von Migration und zur Abschiebung von straffällig gewordenen Geflüchteten offen. Ob es aber härtere Gesetze brauche, sei fraglich. Vielleicht müsse man sich die Frage stellen, wie politischer Wille auch Realität werde.