An der kleinen Rohbau-Siedlung in Hofstetten geht zwar auch nach rund vier Jahren nix voran, aber am 21. November wurde am Amtsgericht Würzburg immerhin der Erlös aus der Versteigerung an die Gläubiger verteilt. Die Stadt Gemünden hatte die Versteigerung im Sommer angestoßen, bei der sich für die hohe Summe von 451 000 Euro ein Käufer fand. Der Grund für die Zwangsversteigerung waren noch unbezahlte Verbesserungsbeiträge für Wasser und Abwasser und sonstige Gebühren des Kommunalunternehmens Stadtwerke durch den damaligen Eigentümer, ein deutsch-schweizer Firmengeflecht. Weitere Gläubiger waren das Vermessungsamt Lohr und das Landratsamt Main-Spessart.
"Der Versteigerungsbetrag war so hoch, dass wir unsere Forderungen erfüllt kriegen", sagt auf Anfrage Stadtkämmerer Michael Pfeuffer. Allerdings habe die Stadt das Geld noch nicht, da das Verfahren noch nicht ganz abgewickelt sei.
Neuer Eigentümer ist ein Immobilienhändler
Den Zuschlag zum Kauf der Wohnanlage erhielt bei der Versteigerung die im Februar 2018 gegründete Lilli property group GmbH & Co. KG in Lahntal bei Marburg (Hessen). Für diese ist als Gegenstand der Gesellschaft im Handelsregister "An- und Verkauf von Immobilien" aufgeführt. Gesellschafter der Lilli property group ist die Lilli Gmbh, die ebenfalls im Februar 2018 ins Handelsregister eingetragen wurde und als Gegenstand "die Verwaltung der Lilli property group GmbH & Co. KG" hat.
Doch seit der Ersteigerung ist in Hofstetten nichts geschehen. Lilli-Geschäftsführer sind die Brüder Viktor und Jakob Nowakowski, die mit ihren Unternehmen in der Altkleiderbranche schon mehrfach Schlagzeilen machten. Was sie mit der Anlage vorhaben und ob und wann es denn nach Jahren des Stillstands mal weitergeht, diese schriftliche Anfrage an die Recycling-Firma DTRW, von der die Redaktion im Juli auch bestätigt bekam, dass die Lilli property group der neue Eigentümer ist, ließen sie unbeantwortet.
Wie es mit der Wohnanlage anfing
Wie es aber mit der ganzen Wohnanlage anfing, weiß der Gemündener Unternehmer Johann Urban, der einen Gerüst- und Baumaschinenverleih hat und das ganze Drama interessiert verfolgt. Er erzählt, dass er einst das ganze Grundstück gekauft hatte, als die Eigentümerin ins Altenheim kam. Die halb eingefallene Scheune und den U-förmigen Anbau riss er ab. Das alte Haus an der Straße, früher eine Wirtschaft und jetzt bis auf den Keller, auf dem ein Rohbau errichtet wurde, abgerissen, hätte er selbst stehen gelassen und vermietet. Die Bauplätze auf der anderen Seite des Grundstücks wollte er verkaufen.

Irgendwann, als er am Abreißen der Scheune war, sei aber ein Kunde, der aus der Gegend stamme und öfter Maschinen und Gerüste bei ihm gemietet habe, in Hofstetten aufgetaucht. Der, so erinnert sich Urban, hatte schon Baustellen in Karlstadt, Marktheidenfeld, Gemünden und Veitshöchheim. Der wollte die Hälfte des Grundstücks mit den Bauplätzen kaufen. Sie seien sich schon handelseinig gewesen, dann wollte der Käufer plötzlich das gesamte Areal, erzählt der Gemündener. Der Käufer habe von einem Architekten einen Plan machen lassen, wie die Wohnanlage dereinst aussehen soll. Dieser wurde im Juli 2013 auch dem Gemündener Bauausschuss vorgestellt.
Gemündener Unternehmer tat Käufer nur einen Gefallen
Damit es nicht so lange dauert mit der Baugenehmigung, tat Urban dem Käufer den Gefallen und reichte den Bauantrag für ihn beim Landratsamt ein. Weil das Haus und das Grundstück damals aber noch ihm gehörten, galt er als Bauherr. Als solcher wurde Johann Urban auch genannt, als das Vorhaben im Bauausschuss des Gemündener Stadtrats vorgestellt und danach durch die Presse der Öffentlichkeit bekannt wurde. Der Bauausschuss zeigte sich angetan und stimmte zu. Aber Urban war natürlich nicht der Bauherr: "Ich habe nur den Abriss gemacht und den Bauplatz verkauft."
Der Käufer des gesamten ehemaligen knapp 4000 Quadratmeter großen Gehöfts habe dann schon angefangen zu bauen und das Haus an der Straße abzureißen, bevor Urban überhaupt sein Geld gesehen habe. Irgendwann habe er dann mitbekommen, dass der Käufer offenbar eine Schweizer Firma namens Energy Group Institution AG, die künftig als Bauherr auftrat, hatte.
Landratsamt stellte Schwarzbau ein
Im Juli 2015 stellte die Bauüberwachung des Landratsamtes einen Teil der Bauarbeiten zunächst ein, weil die Firma entgegen des genehmigten Bauantrags an einem Neubau der Wohnanlage abweichend vom genehmigten Bauplan ein Pultdach statt eines Satteldachs aufsetzte. Auch die Häuser mit Satteldach waren offenbar nicht plankonform gebaut worden, wie im Gutachten zur Versteigerung 2018 festgehalten. Das Gutachten listet auch diverse Baumängel auf. Die Energy Group ging schon im September 2017 in Insolvenz. Die Redaktion hat vergeblich versucht, den ehemaligen Geschäftsführer zu kontaktieren.
"Wenn ich gewusst hätte, dass es so geht, hätte ich es behalten", sagt der Gemündener Unternehmer Johann Urban. Wenn es so, wie es mit den Häusern und einem Wendehammer geplant war, umgesetzt worden wäre, wäre es schön geworden, meint Urban.