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WINNENDEN: Albertville-Realschule in Winnenden wiedereröffnet

WINNENDEN

Albertville-Realschule in Winnenden wiedereröffnet

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    Zweieinhalb Jahre nach dem Amoklauf in Winnenden haben Schüler und Lehrer die umgebaute Albertville-Realschule offiziell wiedereröffnet. Ein neues Sicherheitssystem soll ihnen die Angst nehmen. Manch ein Fünftklässler ist ganz ahnungslos ins neue Schulleben gestartet. Fast nichts erinnert mehr daran, dass hier Schüsse fielen, Fenster barsten und Menschen starben. Sven Kubick, der neue Leiter der Albertville-Realschule Winnenden, steht in einem kahlen Klassenzimmer im dritten Stock – einem der Tatorte, wo sich am 11. März 2009 Pistolenkugeln des Amokläufers Tim K. in die Wand gebohrt hatten. Ein Gedenkraum soll hier entstehen.

    Die Einschusslöcher von damals – übertüncht und zugegipst. Lediglich eine bunte Malerei und ein Schriftzug aus Antoine de Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ schlängeln sich durch den Raum. Die Verzierung, angefertigt vor dem Amoklauf, sie wirkt wie vorausdeutend und zugleich mahnend: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

    Der Spruch sei zentral für die trauernden Schüler, sagt Kubick. „Es reicht nicht aus, Menschen nur an der Oberfläche kennenzulernen. Man muss lernen, sie zu verstehen“, sagt er mit Blick auf den Amokläufer, einen ehemaligen Albertville-Schüler. „Dieses Ziel soll unsere Pädagogik künftig auszeichnen, wir schauen nach vorn.“ Der 17-jährige Tim K. hat 15 Menschen und sich selbst erschossen. Nach dem Amoklauf wurde das Gebäude 13 Monate lang umgebaut und im Inneren und Äußeren neugestaltet. Erst in diesem Schuljahr wurde der Unterricht am alten Platz wieder aufgenommen. Bis dahin lernten die 600 Schüler übergangsweise in Klassencontainer.

    „Es reicht nicht aus, Menschen nur an der Oberfläche kennenzulernen.“

    Sven Kubick, neuer Leiter der Albertville-Realschule Winnenden

    Mehr als sechs Millionen Euro kostete die Neugestaltung, die nicht nur das Gebäude, sondern auch die seelischen Wunden kitten soll. Heute befindet sich eine lichtdurchflutete Aula im überdachten Innenhof. „Ich habe einen Traum“, das Leitmotto, steht meterhoch auf einen Aufzug geschrieben, die Buchstaben ragen zum Himmel. Die Aula verbindet die Klassenzimmer über mehrere Stockwerke miteinander. Wenige Schritte weiter schmücken Pastellfarben das neue Foyer. Einen Neubeginn vermittelt auch die einladende Holzfassade des Neubaus - Sekretariat, Verwaltungs- und Lehrerzimmer sowie das Rektorat sind darin untergekommen.

    „Wir denken an jedem Schultag daran, was passiert ist. Viele Schüler meistern ihre Erlebnisse sehr gut“, sagt die 15-jährige Schülervertreterin Michelle Wicherek. „Ich glaube, der Zusammenhalt innerhalb der Schule hat sich vergrößert.“ Um die Umstellung zu erleichtern, führten Klassenlehrer und Schulpsychologen bereits in den Sommerferien die Realschüler durch die umgestalteten Räume. „Das erste Herantasten ist allen nicht leichtgefallen“, sagt Vertrauenslehrer Werner Klingel. „Mich hat erstaunt, wie gut wir die Erlebnisse weggesteckt haben. Mittlerweile überwiegt das gute Gefühl.“

    Ein neues Alarmsystem vermittelt Sicherheit. Jedes Klassenzimmer wurde mit Lautsprecher und einem Amok-Knopf ausgestattet. Im Notfall kann so die Polizei alarmiert werden. Zusätzlich lassen sich die Klassenzimmertüren von innen mit einem Drehknopf verriegeln.

    Für die älteren Klassen 8 bis 10 ist es eine Rückkehr an den Tatort, für die Jüngeren bloß ein Umzug vom Schulcontainer in den Klassenraum, erklärt ein Lehrer: Manch ein Fünftklässler wisse von seiner neuen Schule nur soviel, dass dort einmal irgendetwas Schlimmes passiert ist.

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