Am Ende laufen ihr dann doch ein paar Tränen über die Wangen. Renate Kastelik, lange Zeit künstlerische Leiterin der Röttinger Festspiele, hatte sich ihren Abschied aus dem Nestroy-Städtchen eigentlich etwas anders vorgestellt. Auf der Bühne. Unter tosendem Beifall des Publikums. Und nicht vor dem Würzburger Arbeitsgericht, wo sie am Dienstag gegen ihre fristlose Entlassung klagte.
Die Röttinger Festspiele und die Kastelik: Würde jemand diese Beziehung für die Bühne inszenieren, dann müsste er dabei sicherlich alle Schauspielgattungen berücksichtigen. Vom Lustspiel bis hin zum Drama. Denn derart kühl, wie das Verhältnis der Festspielverantwortlichen heute zu der Wienerin ist, war es nicht immer.
Bis zu ihrer fristlosen Kündigung 2012 hatte Kastelik zehn Jahre lang die künstlerische Leitung der Festspiele inne. Große Stars, wie Senta Berger, Gudrun Landgrebe und Klaus-Maria Brandauer hat sie nach Röttingen geholt. Oft genug stand sie auch selbst auf der Bühne. Und das nicht nur in den vergangenen zehn Jahren. „Röttingen, das war der Höhepunkt meines Lebens“, beschrieb sie diese Verbindung vor einem Jahr, als das Drama begann.
„Röttingen, das war der Höhepunkt meines Lebens.“
Renate Kastelik im April 2012
Damals hatte der Stadtrat entschieden, Kasteliks Vertrag nicht mehr zu verlängern. Die 30. Festspielsaison sollte sie noch inszenieren, dann sollten andere übernehmen. Die Österreicherin reagierte verärgert, gar geschockt auf diese Nachricht. Immer kühler wurde das Verhältnis zwischen ihr und Bürgermeister Martin Umscheid, der für die Festspiele verantwortlich ist. Kaum einer konnte sich vorstellen, wie unter diesen Bedingungen diese und die nächste – die Jubiläumssaison – auf Burg Brattenstein über die Bühne gehen soll.
Es kommt zum Höhepunkt: Renate Kastelik wird fristlos gekündigt. Sie soll etwas gesagt haben, was dem Ruf der bekannten Freilichtaufführungen schaden würde. Mehr ist nicht bekannt. Für den Röttinger Stadtrat müssen die Äußerungen aber derart gravierend gewesen sein, dass er der Wienerin sofort die fristlose Kündigung aussprach.
Was Kastelik gesagt haben soll, wissen nur Insider. Auch der Vorsitzende Richter am Würzburger Arbeitsgericht, hier klagte Kastelik am Dienstag gegen ihre Kündigung, wiederholte es nicht. „Das Gericht will den Ball flach halten“, sagt er. Auch, um keine Gerüchte in die Welt zu setzen.
Würde es aber zu keiner Einigung zwischen der Klägerin und der Stadt Röttingen kommen, müsste das Gericht auch den Kündigungsgrund weiter prüfen. Und als Hinweis an Kastelik lässt er anklingen, dass jemand, der Gerüchte verbreitet, die dem Ruf des Dienstherrn oder Arbeitgebers schaden, auch seine Pflichten verletzt.
Doch soweit kommt es nicht. Viele komplizierte Prüfungen bleiben dem Gericht erspart. Denn die Parteien nehmen – der Röttinger Stadtrat muss dem noch zustimmen – einen Vergleichsvorschlag des Gerichts an. 15 000 Euro Abfindung soll Renate Kastelik bekommen. Das ist die Hälfte ihrer Forderung und 10 000 Euro mehr als ihr die Röttinger nach einer Güteverhandlung zahlen wollten.
Die Parteien einigen sich auch darauf, das Dienstverhältnis von Kastelik zum 31. August 2012 ordentlich zu beenden. Die Kündigung wird nicht aufrecht erhalten. Wenn alles in trockenen Tüchern ist, wird es auch eine offizielle, einvernehmliche Erklärung der beiden Parteien an die Medien geben. Darin wird es dann unter anderem heißen, dass sich beide – Kastelik und Röttingen – einvernehmlich getrennt haben.