In Stuttgart übernehmen während des Ausstands der Erzieherinnen in einigen Kindertagesstätten die Eltern die Betreuung ihrer Kinder. Eine Dauerlösung ist das aber nicht.
Es ist kurz nach Mittag in der Kindertageseinrichtung Helfergasse im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt, trotz des Streiks der Erzieherinnen herrscht Betrieb. Kinder springen über den Spielplatz, denn es klingelt. Das Essen ist da. Lasagne von einem örtlichen Lieferservice. Ina Müller schickt die Kinder zum Händewaschen. Die Elternbeiratsvorsitzende hat während des bundesweiten Ausstandes eine Alternativbetreuung organisiert – durch Eltern. „Ich hatte keine andere Möglichkeit. Also habe ich es selbst in die Hand genommen“, erklärt die 39-Jährige.
Vom Jugendamt bekam sie die Räume der Kita überlassen. Danach informierte sie die Eltern in einem Brief und holte sich per Unterschrift deren Einwilligung ein. Versicherungsschutz besteht laut Jugendamt durch die gesetzliche oder private Krankenversicherung jedes einzelnen Kindes. Den Rest regelte Müller telefonisch. „Am Anfang war ich skeptisch. Aber jetzt hat es doch gut geklappt.“
Müller erstellte einen Dienstplan. Jeder der sein Kind in Obhut geben will, muss sich selbst in den Betreuungsplan einbringen. Für viele Eltern ist das nicht einfach. „Einige haben Erziehungsurlaub, manche können sich freinehmen und ein Paar hat sogar unbezahlten Urlaub genommen“, erzählt Müller.
Während der sieben Streiktage wurden so etwa zehn Kinder von 8 bis 16 Uhr betreut. Müllers vierjähriger Sohn Tom findet das „toll“, wenn die Mama in der Kita ist. Normalerweise sind in der Kita 160 Kinder bis 12 Jahren untergebracht.
In 13 von etwa 180 städtischen Kindergärten in Stuttgart haben Eltern sich eine Betreuung organisiert. Das Stuttgarter Jugendamt sieht das positiv, wie eine Sprecherin sagte. „Wir unterstützen das Engagement der Eltern, sonst hätten wir das nicht ermöglicht.“
Auch die Gewerkschaft Verdi hat kein Problem mit der Initiative. „Die Eltern sind solidarisch mit den Erzieherinnen, deshalb wollen wir ihnen auch keine Steine in den Weg legen“, sagte Verdi-Sprecher Andreas Henke. Müller kann die Erzieherinnen tatsächlich verstehen: „Wir wünschen uns, dass die Erzieherinnen besser entlohnt werden. Aber wir wollen keinen Streik. Doch wir wissen, dass nur dieses Mittel bleibt.“
Nun stehen die Pfingstferien an. Nur vereinzelt soll gestreikt werden. Wie es danach genau weitergeht, ist unklar. Und was, wenn der Streik weitergeht? „Katastrophe!“