Seit 50 Jahren gibt es die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle des Caritasverband im Tauberkreis. In 14-tägigem Abstand fanden die Beratungsstunden anfangs in Buchen und Tauberbischofsheim statt. Auf Veranlassung des katholischen Zentralinstituts für Ehe- und Familienfragen in Köln wurde im Jahr 1967 erstmals Eheberatung in den Räumen des Winfriedheims angeboten. Später zog die Beratungsstelle an den Schlossplatz in die Räume des Caritasverbandes, der ab 1. April 1992 die Trägerschaft übernahm und mit 50 Prozent Arbeitsumfang eine Festanstellung bot. Heute bietet die Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) laut Caritas-Pressemitteilung mit einem Team von vier festangestellten Beraterinnen, die alle eine vierjährige Zusatzausbildung aufweisen können, an drei zusätzlichen Außenstellen Termine an. Außer in Tauberbischofsheim sind Beratungen in Lauda-Königshofen, Wertheim und in Kooperation mit dem Caritasverband Heilbronn-Hohenlohe, auch in Bad Mergentheim möglich. Waren es im Jahr 1969 laut Tätigkeitsbericht noch 13 Frauen und sieben Männer, die beraten wurden, so sind es jetzt jährlich rund 400 Klienten, die in etwa 1500 Beratungsstunden Hilfestellungen von der EFL erhalten.
Iris Kaspar, Diplom-Sozialpädagogin (FH) und seit 1995 beim Caritasverband beschäftigt, begann 2007 mit ihrer Ausbildung zur Ehe-, Familien- und Lebensberaterin. Im Jahr 2012 übernahm sie die Stellenleitung von Bernhard Bopp, der interimsmäßig ein Jahr lang den Posten innehatte. Zuvor war Klaus Schmalzl von 2004 bis 2011 in der Leitung tätig. Kaspar ist verheiratet und hat zwei Töchter im Alter von 17 und 20 Jahren. Anlässlich des 50-jährigen EFL-Jubiläums beantwortet sie einige Fragen zur Beraterpraxis.
Frage: Frau Kaspar, können Sie bitte beschreiben, worin die Aufgaben einer EFL-Beraterin bestehen?
Iris KaspAr: Wir hören in erster Linie zu und das sehr aufmerksam und aufrichtig. Wir schaffen außerdem eine Basis von Vertrauen, schließlich öffnen sich die Menschen, die zu uns kommen und das kann ausschließlich in einem vertrauten Rahmen geschehen. Gemeinsam mit den Klienten erarbeiten wir einen ganzheitlichen Zugang zum Thema, um neue Perspektiven und Haltungen zu entwickeln. Muster sollen erkannt und neu ausgerichtet oder gar durchbrochen werden. Manchmal halten wir auch einfach mit den Menschen aus – ihren Schmerz, ihre Traurigkeit, ihre Verzweiflung. Aber immer wertschätzend, annehmend und ohne Wertung. Es geht bei uns nicht um Schuldzuweisung.
Wann kommen Menschen zu Ihnen, in welchen Situationen suchen sie die EFL auf?
Kaspar: Paare kommen leider oft sehr spät. Viele Verletzungen sind dann schon passiert und ein innerer Rückzug hat längst stattgefunden. Frauen kommen tendenziell früher. Da sehen Männer den Bedarf noch nicht so deutlich. Sie kommen häufig erst, wenn die Frau ihren Auszug oder die Trennung bereits angekündigt hat. Es gibt Krisenpunkte in der Paarbiografie, die nachweislich zu einer erhöhten Trennungsrate führen. Das ist zum einen, wenn aus dem Paar eine Familie wird und zum anderen, wenn die Kinder ausziehen. Dann ist eine Neudefinition und -ausrichtung des Paarseins notwendig, die eine Prüfung des Fundaments und der Ziele erfordert. Relevante Fragen sind dann: Wer sind wir füreinander? Was verbindet uns? Klienten kommen aber auch, um einschneidende Erlebnisse, wie beispielsweise Trennung, Tod oder familiäre Verstrickungen zu verarbeiten. Oft ist es auch die Suche nach dem Sinn des Lebens.
Mit welchen Themen und Problemen kommen die Menschen noch zu Ihnen?
Kaspar: Bei Paaren sind es Themen, wie „ich dringe nicht mehr zu dir durch“ (in einer multimedialen Welt), „wir reden aneinander vorbei“, Sehnsucht nach Verbundenheit, nach Sicherheit in einer immer unsicherer scheinenden Welt, Sexualität, Ängste, Krankheiten, Depression des Partners oder Außenbeziehungen und damit einhergehenden Verletzungen. Einzelne kommen mit dem Auftrag, neue Lebensperspektiven zu entwickeln oder ihren Selbstwert zu stärken. Und bei Familien ist es häufig die Klärung von Rollen und Grenzen innerhalb der Generationen. Aber auch Patchwork-Situationen und ihre Herausforderungen sind ein Thema.
Frau Kaspar, wie würden Sie die Arbeitsweise Ihres Teams umschreiben?
Kaspar: Wir sind in erster Linie offen für alle, die unsere Hilfe suchen und unterliegen der Schweigepflicht. Unsere Arbeitsweise ist ressourcenorientiert und systemisch ausgerichtet, das heißt, der Berater setzt Impulse und leitet den Prozess, um dadurch beim Klienten einen Erkenntnisgewinn und neue Optionen zu erzielen. Die Lösung ist schon im Klienten angelegt, sie muss meist nur sortiert, fokussiert und transformiert werden.
Außerdem arbeiten wir biografisch. Wir sehen den Menschen in seiner Ganzheit, eingebunden in ein System und mit Erfahrungen und Prägungen aus der Vergangenheit, die relevant für die Gegenwart sind. Zudem bestimmt der Klient die Themen und die Dauer des Prozesses. Wir erheben sozial gestaffelte Beiträge, die an Einkommen und Kinderzahl orientiert sind.
Können Sie von einer beispielhaften Situation aus der Praxis erzählen?
Kaspar: Ein Paar mittleren Alters sitzt mir im Beratungsraum gegenüber. Beide sind sehr betroffen. Die Frau hat Tränen in den Augen: „Wir verstehen uns einfach nicht mehr. Nach einem Satz geraten wir in Streit und verletzten uns gegenseitig, obwohl wir das doch gar nicht wollen. Ich fühle mich so einsam und habe keine Kraft mehr für die Streitereien. Wo ist nur unsere Liebe geblieben?“ Das ist ein typisches Beispiel unseres Berateralltags. Natürlich muss hier nach den individuellen Problemlagen geschaut werden. Allgemein kann man sagen: Um die Liebe müssen wir uns bemühen. Wir können nicht die Liebe selbst beeinflussen, aber ihre Rahmenbedingungen. Sie braucht Achtsamkeit und aktive Zuwendung. Auch in einer abgekühlten Liebesbeziehung kann nachweisbar wieder neues Feuer entfacht werden.
Dafür braucht das Paar wieder Zugang zueinander, ein Gefühl von „verbunden sein“. Und eine Kommunikation, die auf Verständnis und nicht auf Verletzungen basiert.
Anmeldungen zur Beratung sind montags und mittwochs jeweils von 11 bis 12 Uhr unter Tel. (0 93 41) 92 20-23 möglich.
Kabarettabend zur Jubiläumsveranstaltung am 24. März Weil das Leben ernst genug ist, hat sich das Team um Stellenleiterin Iris Kaspar etwas Humorvolles zum 50jährigen EFL-Jubiläum ausgedacht. Am Freitag, 24. März, findet um 19.30 Uhr (Einlass ab 19 Uhr) im Gemeindehaus St. Bonifatius in Tauberbischofsheim ein Kabarettabend mit Otmar Traber (Bild) statt. Traber präsentiert mit seinem Programm „Beziehungskisten“ das Beste aus 25 Jahren. Ausgezeichnet wurde er bereits mit renommierten Kleinkunstpreisen und versteht es aufs Beste, seinen Witz mitten in die Wahrheit zu legen. Eintrittskarten zum Preis von zwölf Euro sind erhältlich an folgenden Stellen: Caritasverband im Tauberkreis, Schlossplatz 6, Buchhandlung Schwarz auf Weiß, Sonnenplatz 3, beide Tauberbischofsheim, sowie Buchhandlung Moritz und Lux, Marktplatz 12, Lauda-Königshofen. Bestellung unter Tel. (09341) 92 20-0 oder E-Mail (info@caritas-tbb.de) ist möglich. Die Karten müssen anschließend per Überweisung bezahlt werden und sind reserviert. Die Abholung erfolgt an der Abendkasse. FOTO: Traber