„Ein wenig mitgenommen ist er schon“, sagt Frank Hofmann, Geschäftsführer des Wildparks. Er glaubt, dass sein gefiederter Schützling während seiner Exkursion nicht viel Nahrung gefunden haben dürfte – „vielleicht mal eine tote Maus.“ Am 13. März war der große Aasfresser durch ein Loch in seiner Voliere entwischt und hatte seither das Wildpark-Team auf Trab gehalten.
Während Bürger den Flüchtigen bei Würzburg und sogar in der Nähe von Augsburg gesehen haben wollten, hatte sich der flugfaule Geier in Wirklichkeit gar nicht weit von Bad Mergentheim entfernt. Die Mitarbeiter des Wildparks bekamen bald Meldung über seinen Verbleib und machten sich mit ihrem großen Kescher auf die Pirsch. Der Gänsegeier zeigte indessen keinerlei Neigung, seine gerade erst erlangte Freiheit wieder aufzugeben, und entwischte immer wieder.
Frank Hofmann und seine Mitarbeiter setzten schließlich ihre Hoffnung auf das angekündigte Regenwetter: Das liebt der Geier nicht, weil er mit nassem Gefieder nur mühsam fliegen kann. Am Mittwoch wurde der Vogel bei Schäftersheim gesehen, konnte aber in den Wald entschwinden, wo sich seine Spur zunächst verlor. Doch am Freitag war das Glück dem Wildpark-Team endlich hold. Die Hunde eines Jägers witterten den Geier in einem mit Bäumchen bestandenen Gelände.
„Das war günstig für uns“, erzählt Frank Hofmann. Wegen der Bäumchen konnte der Aasfresser nicht abheben. Der Kescher ging über dem Vogel nieder, und der Ausflug in die Freiheit war Geschichte. „Er fauchte und schnappte“, sagt Hofmann. Aus dem Kescher wurde der Gefangene in eine Hunde-Transportbox verfrachtet und zurück in den Wildpark gebracht. Dort erholt er sich nun in einer Einzelvoliere von den Strapazen seines Abenteuers. In ein bis zwei Wochen darf er zurück zu seinen Kollegen in die große Voliere.
Äußerlich sei er unverletzt und mache einen munteren Eindruck, so Hofmann weiter. Über die regelmäßigen Fütterungen freut er sich jedenfalls. „Wir sind froh, dass wir ihn wieder haben“, fasst der Geschäftsführer zusammen.
Damit ist er nicht allein. Auch die Klasse 4 c der Volksschule Rottendorf ist erleichtert. Die 23 Jungen und Mädchen hatten aus der Main-Post von der Flucht des Geiers erfahren und sie zum Anlass genommen, sich mit diesem Tier zu beschäftigen.
Die Kinder hatten gelesen, dass der Geier gesucht wird, vermissten aber einen „Steckbrief“. Also fertigten sie eine Gänsegeier-Beschreibung an – einige sogar mit Bild. Nun wissen sie außerdem, dass der Geier lieber segelt als mühevoll mit den Flügeln zu schlagen, dass er tote Tiere frisst und geschützt ist. Obwohl Geier nicht unbedingt in den Top Ten der Schmusetiere zu finden sind, freuen sich die Schüler über die glückliche Heimkehr des Aasfressers.