Sie haben nichts verlernt. Nach der Corona-Zwangspause starteten die Hasekühle bei der Prunksitzung am Wochenende durch. In der Stadthalle zündeten die Grünsfelder Narren ein Feuerwerk der guten Laune und griffen dabei fast ausschließlich auf Akteure aus den eigenen Reihen zurück.
"Es geht wieder los", erklärte Christian Leue-Huband. Der Sitzungspräsident war froh, sich nach einer "gefühlten Ewigkeit" dem närrischen Trubel wieder hingeben zu können. Ihm zur Seite standen Ihre Lieblichkeit, Prinzessin Christina III., und Seine Tollität, Prinz Patrick II., samt Pauline I. und Emma I. Das Prinzessinnenduo war eine Premiere in der Geschichte der Grünsfelder Fastnacht.
Sitzung im Homeoffice
Geschichtsbewusst gaben sich Maria Haun und Annouk Huband. Als personifiziertes Hasekühle und als Gardemädchen erläuterten die beiden das Motto der Kampagne. Das nimmt zwei Jubiläen in den Blick. Vor 444 Jahren wurde das Rathaus errichtet, Manifestation bürgerlichen Selbstbewusstseins. Und seit 40 Jahren firmieren die Hasekühle als eingetragener Verein.
Die beiden berichteten auch von den Entzugserscheinungen in Sachen Narretei, die die Corona-Pandemie verursacht hatte. Sie habe eine Prunksitzung im Homeoffice veranstalten müssen, meinte Annouk Huband. Ihr Papa, der Sitzungspräsident, habe es ohne Fastnacht einfach nicht ausgehalten. So gestählt, glaubten die beiden sich für künftige Krisen gewappnet. Wenn demnächst die Energie knapp werde, so Maria Haun, werde man die Prunksitzung wohl bei Kerzenschein abhalten müssen.
Der närrische Nachwuchs spielt bei den Hasekühle eine große Rolle. Stolz ist man bei der Narrengilde auf die zahlreichen Garden. Sechs Formationen mit rund 100 Akteuren standen bei der Prunksitzung auf der Bühne. Sie alle beeindruckten und begeisterten an diesem Abend. Phantasievolle Kostüme, farbenprächtige Bilder, kreative Arrangements – dafür wurden sie vom Publikum gefeiert.
Juniorengarde tanzt Schach
Die Jüngsten machen in der Purzelgarde mit. Bei ihrem Ausflug in den Wald war tierisch was los. Füchse, Hasen, Rehe tummelten sich auf der Bühne. Sogar die Regenwürmer suchten das Licht der Öffentlichkeit. Der Förster hatte alle Hände voll zu tun.
An unbeschwerte Zeiten erinnerte die Kindergarde. Die Mädchen machten mit ihrer Darbietung deutlich, wie schön es auf dem Land ist. Die Juniorengarde erweckte ein Schachspiel zum Leben. König und Dame rangen um die Vorherrschaft, um plötzlich Zuneigung füreinander zu entdecken.
Ein graues Haar – diese Entdeckung kann turbulente Folgen zeitigen. Die gemischte Schautanzgruppe hatte dazu eine rasante Choreographie einstudiert. Einen Auftritt voller Anmut, Eleganz und Charme zeigte die Prinzengarde. Den klassischen Gardetanz beherrschen die Mädchen nahezu in Perfektion. Formationen und Figuren waren bestens aufeinander abgestimmt.
Auf die Jagd nach Außerirdischen machte sich die Männertanzgruppe. Die Darbietung der "Men in Black" war eine Hommage an den gleichnamigen Kinohit. Rasanz und Präzision zeichneten den Auftritt aus.
Klostersänger und Majorettes
Unterstützung erhielten die Hasekühle durch Gastauftritte befreundeter Fastnachtsgesellschaften. Erstmals waren die Amorbacher Klostersänger in Grünsfeld auf der Bühne. Die aus Funk und Fernsehen bekannte Formation setzte sich kritisch mit dem aktuellen Geschehen auseinander. Politische Korrektheit war ihre Sache nicht. Bei der Regierung konstatierten die Sänger "Kakophonie statt Einheit". Und im Fußball zähle mittlerweile Geld mehr als Moral.
Scharfzüngig kommentierte auch Peter Bienert von den "Hordemer Wölf", was sich in der jüngsten Vergangenheit ereignet hat. Ulrike Walter aus Uissigheim plauderte als Kaffeetante aus dem Nähkästchen. Andreas Poser von den "Lustigen Vögeln" aus Großheubach war als Auswanderer unterwegs.
Die Schautanzgruppe der "Bischemer Kröten" gab mit "Über den Wolken" den Startschuss zum Abheben. Die Mädchen begeisterten als fesche Flugbegleiterinnen in adretten Kostümen mit einer pfiffigen Choreographie.
Abschied, Rückkehr und Einstand
Ein Beispiel guter Tanzdarbietung gaben die "Majorettes" aus Helmstadt ab. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Ausgestattet mit Leuchtdioden, brachten die Mädchen Licht ins Dunkel.
Gegen Mitternacht erhöhten die Hasekühle noch einmal die Schlagzahl. Beim "Schlagerboom" gaben sich Stars der Szene ein Stelldichein. Die Playback-Show mit Hits von Florian Silbereisen, Beatrice Egli oder DJ Ötzi riss das Publikum von den Sitzen.
Die Prunksitzung sorgte auch für den einen oder anderen Gänsehautmoment. Andrea Kraft verabschiedete sich nach vielen Jahren als Leiterin der Abteilung karnevalistischer Tanzsport. Tobias Bernhardt, Mitglied der gemischten Schautanzgruppe, kehrte nach schwerer Krankheit wieder auf die Bühne zurück. Und Thomas Mohr gab einen souveränen Einstand als Dirigent der Musikapelle Grünsfeld.
















