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STUTTGART: Hells Angels die Flügel stutzen

STUTTGART

Hells Angels die Flügel stutzen

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    Seit Juli verboten: Zwei Hells Angels Mitglieder tragen in Reutlingen ihre Weste mit Logo der Hells Angels.
    Seit Juli verboten: Zwei Hells Angels Mitglieder tragen in Reutlingen ihre Weste mit Logo der Hells Angels. Foto: Foto: Franziska Kraufmann/DPA

    Es war ein harter Schlag für die Hells Angels: Nach dem Abzeichenverbot im Südwesten mussten sie ihre geflügelten Totenköpfe auf Kutten überkleben. Geht es nach Innenminister Reinhold Gall (SPD) sollte das aber noch nicht alles gewesen sein.

    Wo Berge sind, fühlen sich Motorradfahrer wohl. So auch im Südwesten. Doch nicht jeder von ihnen beschränkt sich darauf, seine Maschine entspannt durch Serpentinen zu lenken. „Schießereien, Messerstechereien, Tötungsdelikte“, zählt der Innenminister auf. Straftaten, die Rocker nach seinen Worten begehen. „Das zeigt doch, dass das nicht die friedlichen Motorradfahrer sind, wie sich – zumindest einzelne – gerne darstellen.“ Sonst hätten etwa die Hells Angels Pforzheim nicht verboten werden können. Und die Rocker sind auf dem Vormarsch. „Wir gehen insgesamt zwischenzeitlich von 1700 Mitgliedern der klassischen vier großen Rockergruppierungen aus, 450 von rockerähnlichen Gruppierungen“, erklärt Sigurd Jäger vom Landeskriminalamt (LKA).

    Vor ein bis zwei Jahren sah es noch deutlich anders aus: „Da sind wir von 1200 Mitgliedern bei den klassischen Rockern und 850 bei den rockerähnlichen Gruppierungen ausgegangen“, sagt Jäger, der die Inspektion Organisierte Kriminalität des LKA leitet. „Wir sprechen jetzt in Baden-Württemberg zum ersten Mal seit Jahren von einem Anstieg der Mitgliederzahlen.“ Klassische Rockergruppen wie die Hells Angels zeichnen sich durch eine stärkere Besinnung auf Zusammenhalt und Traditionen aus. Für sie sind ihre Insignien heilig. Auch nimmt das Motorradfahren eine zentrale Rolle ein. Ein Faktor, der bei rockerähnlichen Gruppierungen oft ganz fehlt. Ihre Mitglieder kommen laut Experten oft aus dem Türstehermilieu.

    Die Entwicklung der Zahlen passt ins Bild: Erst vor kurzem hatte Lutz Schelhorn, der Präsident des Stuttgarter Charters der Hells Angels – das älteste in Deutschland – im Interview von „Stern.de“ erklärt, dass immer mehr Anwärter in die Clubs drängten. „Aber wir müssen jetzt sehr genau prüfen, wer zu uns passt. Das ist in der Vergangenheit manchmal versäumt worden“, räumte er ein.

    Im Innenministerium und beim LKA werden die Entwicklungen kritisch beäugt. Gall gibt sich kämpferisch – und will die kriminellen Umtriebe von Hells Angels und Co. unbedingt eindämmen. „Wir werden alles tun, die Straftaten von Einzelnen oder Mehreren zu ahnden.“ Ein erster Schlag war das Abzeichenverbot für die Hells Angels im Südwesten, das seit Ende Juli gilt. Mit der Anweisung an die Polizeipräsidien, die Präsidenten der Rockerclubs darüber zu informieren, wurde ein Urteil des Oberlandesgericht Hamburg umgesetzt. Danach ist der geflügelte Totenkopf als ein vereinsrechtlich verbotenes Kennzeichen anzusehen. Für Gall ein wichtiger Schritt, um die Rocker bei der Ehre zu packen: „Das ist denen wichtig, deswegen ist es keine Kosmetik“, erläutert er. Bislang hielten sich die Mitglieder der Hells Angels an das Verbot, streben aber eine Klage an.

    Die bekanntesten Rockergruppen

    Die untereinander verfeindeten Rockergruppen nennen sich selbst Outlaw-Motorcycles-Gangs (OMCG). Das Bundeskriminalamt geht von bundesweit etwa 9000 Rockern aus. Einzelne Mitglieder oder ganze Gruppen werden mit der organisierten Kriminalität in Verbindung gebracht. Mehrere OMCG-Clubs wurden als kriminelle Vereinigungen verboten.

    Hells Angels: Sie gelten als mächtigster und mitgliederstärkster Rockerclub der Welt. Die „Höllenengel“ wurden 1948 von Kriegsveteranen in Kalifornien gegründet, der Name stammt von einer Bomberstaffel. Ihr Emblem ist der geflügelte Totenkopf. Aus der Gruppe von Harley-Davidson-Fans wurde eine straff geführte Organisation mit Mitgliedern in rund 30 Ländern. Der erste deutsche Ableger entstand 1973. Heute zählen sie etwa 1000 Mitglieder. Bandidos: Auch die 1966 in Texas als Motorrad-Club entstandenen Bandidos haben Wurzeln im US-Militär. Die meisten Gründungsmitglieder dienten als Marines im Vietnam-Krieg. Die erste deutsche Sektion tauchte Ende der 1990er Jahre auf.

    Ihre Mitgliederzahl in der Bundesrepublik wird auf 600 geschätzt. Das Club-Emblem zeigt einen mexikanischen Banditen mit Machete und Pistole. Gremium Motorcycle Club: Der 1972 in Mannheim gegründete Club gilt als mitgliederstärkste deutsche Rockervereinigung mit laut BKA allein 1800 bekannten „Members“ in der gesamten Bundesrepublik. In den Vereinsfarben Schwarz-Weiß werden auf den Jacken eine hochgereckte Faust und ein als Kriegsauszeichnung bekanntes „Eisernes Kreuz“ getragen.

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