Keineswegs als neue Touristikstraße wollen die Initiatoren den jetzt eröffneten „Jüdischen Kulturweg Hohenlohe-Tauber“ verstanden wissen. Elisabeth Quirbach ist Sprecherin des Arbeitskreises, der den Weg entwickelte. Als Leiterin des Rabbinatsmuseums in Braunsbach fiel ihr diese Rolle fast naturgemäß zu.
Gemeinsam wollen alle zwölf beteiligten Kommunen mit dem Jüdischen Kulturweg Menschen dazu motivieren, sich auf den Weg zu machen zu Zeugnissen der jüdischen Kultur und zur Begegnung. Selbst in der Blütezeit der jüdischen Landgemeinden blieben sich Christen und Juden auch der unterschiedlichen Sitten und Gebräuche wegen oft fremd – trotz nachbarschaftlicher Beziehungen.
Dennoch: Am Beispiel der jahrhundertelangen Nachbarschaft in der Region könne der Weg auch „einen Weg in die Zukunft zeigen, wo für das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kulturen Toleranz und Offensein für Fremdes immer notwendiger wird,“ so die Arbeitskreissprecherin.
Als Gastgeber der Eröffnungsveranstaltung begrüßte Creglingens Bürgermeister Uwe Hehn die Gäste im Romschlössle. Mit dem Jüdischen Museum, Jüdischem Friedhof und der Pogrom-Gedenkstätte im Alten Rathaus gehört das Tauberstädtchen neben den Rabbinatsorten Braunsbach und Weikersheim zu den an Zeugnissen reichsten Gemeinden entlang des Jüdischen Kulturwegs.
Das mit schmerzlicher Erinnerung erhaltene Erbe der jüdischen Gemeinden – Friedhöfe, die nicht mehr belegt werden, zweckentfremdete Synagogenbauten – zu würdigen, sehe man „als Verpflichtung gegenüber der Vergangenheit und der Zukunft,“ so Hehn.
Hermann Limbacher, Vorsitzender des Vereins Regionalentwicklung Hohenlohe-Tauber, beglückwünschte die beteiligten Städte und Gemeinden zur Vollendung des Projekts. Sein Wunsch ist es, dass dieser Weg nun auch intensiv genutzt werde.
Braunsbachs Bürgermeister Frank Harsch sagte, je intensiver man sich mit der Thematik auseinandersetze, desto stärker spüre man, was der Region durch die Shoah verloren gegangen sei. Es gelte, daraus zu lernen, wie man es künftig besser mache.
Elisabeth Quirbach ordnete den Weg in die historische Erfahrung der Juden ein: Vor fast zwei Jahrtausenden Juden machten auch sie sich auf den Weg – in eine bis 1948 währende Diaspora. Ihre von den neuen Nachbarn oft als suspekt erlebte Kultur nahmen sie mit auf den Weg, auf dem sie Vertrautes und gewohnte Sicherheiten zurück ließen. Auch heute brauche Zuversicht und Aufgeschlossenheit, wer sich auf den Weg mache, um nach Unbekanntem und Fremdem zu suchen.
Trotz des ihnen von Kaiser Konstantin 321 zugesagten Schutzes mussten Juden bereits im Frühmittelalter vor oft tödlichen Pogromen fliehen. In Württemberg galt seit Ende des 15. Jahrhunderts das durch Herzog Eberhard von Württemberg erlassene Niederlassungsverbot für über 300 Jahre – und in Hohenlohe verfügte ein zu Beginn des 16. Jahrhunderts formulierter Erbvertrag, dass keiner der Grafen von Hohenlohe Juden in seinem Gebiet aufnehmen dürfe.
So suchten Juden Unterkunft in Landgemeinden, in denen sie sich kaiserlichen Schutz, Ansiedlungsrechte und die Möglichkeit, Friedhöfe und Synagogen zu errichten, erkaufen konnten – und wurden oft, da ihnen Handwerksberufe verschlossen waren, zu Händlern, deren Handelswege die Orte der Region verbanden.
Quirbach verwies auf eine Vielzahl Jüdischer Kulturwege in etlichen europäischen Regionen: „Unsere Vision ist, dass sich immer mehr Menschen auf den Weg machen, sich auf Fremdes einzulassen und Jüdische Kultur kennenzulernen“ und dass sich diese Wege als Wege von Nachbar zu Nachbar durch ganz Europa miteinander verknüpfen.
Mit Klezmerklängen umrahmte das „Tri-o-Klez“ die Eröffnungsveranstaltung, an die etliche Teilnehmer einen Besuch im Jüdischen Museum anschlossen.
Jüdischer Kulturweg Der Weg verbindet über drei Landkreise hinweg zwölf Kommunen der Region Hohenlohe-Tauber. Aus dem Landkreis Schwäbisch Hall mit Hall, Braunsbach, Gerabronn, Crailsheim und Wallhausen führt der Weg über Schöntal, Krautheim und Dörzbach im Hohenlohekreis in den Main-Tauber-Kreis, der mit Bad Mergentheim, Weikersheim, Niederstetten und Creglingen vertreten ist. In den beteiligten Städten und lebten bis 1943 zahlreiche jüdische Bürger. Der Kulturweg erschließt Friedhöfe, Synagogen, Frauenbäder, Schulen, Rabbinatsgebäude, Museen und Gedenkstätten. Zahlreiche Infotafeln, eine Broschüre, Kartenmaterial und die neue Homepage (www.juedischer-kulturweg.de) helfen bei der Erkundung.