Beim "Zukunftsdialog" des Stadtverbandes der Jungen Union (JU) gastierte jüngst die baden-württembergische Ministerin für Justiz und Migration, Marion Gentges (MdL). Die Vortragsreihe erfuhr so durch eine weitere prominente Persönlichkeit ihre Fortsetzung. Vor rund 40 äußerst interessierten Zuhörern, die sich auch rege an der Diskussion beteiligten, zeigte sich im Gewölbekeller der Weinherberge Rebgut in Lauda der JU-Stadtverbandsvorsitzende Marco Hess erfreut, dass es nach langer pandemiebedingter Pause wieder möglich sei, ein ungezwungenes Treffen mit einer hochkarätigen Repräsentantin aus der Landespolitik zu offerieren. Mit dem Verweis auf die bereits achte Auflage des Zukunftsdialogs erinnerte Hess hierbei kurz an den Auftakt 2014 mit der damaligen bayerischen Landtagspräsidentin Barbara Stamm, gefolgt unter anderem vom jetzigen CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak und zuletzt dem amtierenden Innenminister des Freistaates Bayern, Joachim Herrmann, der einen Auftritt in Beckstein bestritt.
Der Vorsitzende des derzeit über 140 Mitglieder zählenden gemeinsamen Stadtverbandes Lauda-Königshofen plus Boxberg erklärte, dass sich die JU seit vielen Jahren naturgemäß mit dem politischen Umfeld beschäftige und dazu auf den verschiedensten Ebenen das Gespräch suche. Vor allem bei diesem Dialog stünden dabei neben Jugendthemen auch die Bereiche "Stärkung des ländlichen Raumes" und allgemeine Zukunftsfragen im Fokus. Die diesjährige Veranstaltung stand unter dem Titel "Sicher und frei leben – Herausforderungen und Chancen für einen starken und modernen Rechtsstaat".
Personalmangel und digitale Technik
"Mit Zwang geht nichts, es braucht Akzeptanz", betonte die baden-württembergische Ministerin für Justiz und Migration, Marion Gentges, geboren in Haslach im Kinzigtal. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften wirkte sie seit 2004 als selbstständige Rechtsanwältin und ab 2007 als Fachanwältin für Arbeitsrecht mit eigener Kanzlei in Zell am Harmersbach, wo sie auch heute noch wohnt.
Seit 2016 ist Gentges Abgeordnete des Landtages von Baden-Württemberg. Die dortige CDU-Fraktion berief sie bereits in ihrer ersten Legislaturperiode in den Vorstand. Die 50-Jährige ist außerdem ehrenamtlich als Präsidentin des Landesverbandes der Musikschulen tätig. Die Referentin lenkte zuerst das Augenmerk auf den längst erkannten Personalmangel, noch einmal befeuert durch die momentanen teils überschwappenden Klagewellen zu Corona und beispielsweise dem so bezeichneten Dieselgate.
"Die Gerichte haben echt Geschäft", sagte sie und streifte die steigende Hasskriminalität. Sie hob ausdrücklich die im nächsten umfangreichen Haushalt untergebrachte höhere Zahl an zusätzlichen Stellen hervor, nicht zu vergessen noch die Verlängerung etlicher Verträge. Allerdings benötige man auch weitere Haftplätze, so die Ministerin mit einem Schwenk zu laufenden Bauvorhaben, ehe dann die digitale Technik einen breiten Raum einnahm. Bei der elektronischen Akte befinde man sich auf einem guten Weg, zudem sei es auch dank Homeoffice gelungen, "keinen Rückstand aufzubauen". In Hinsicht auf die Videokonferenzen könne man ein positives Zwischenfazit ziehen und auch die Ausstattung schreite voran mit baldigem Wlan in allen Sälen, so die weitere Aussage.
Themenvielfalt in der Diskussionsrunde im Anschluss
Nach einem knappen Abstecher zur "Künstlichen Intelligenz", womit sich ebenso diverse Software verbinde, befasste sich Marion Gentges ausgiebig mit den beschleunigten Verfahren im Strafrecht, bevor sie das baden-württembergische Modell "Häuser des Jugendrechts" mit dem Erziehungsgedanken noch als ausbauwürdig betrachtete. Eine Betrachtung ganz anderer Art schickte daraufhin Landrat Christoph Schauder voraus, der den Main-Tauber-Kreis nicht nur geographisch an der Spitze sah. Man habe gerade in der sonst fordernden Coronaphase digitale Fortschritte erzielt, wusste Schauder.
Das in anderem Zusammenhang gefallene Stichwort "Anfeindungen" spielte quasi prompt den Ball zum JU-Vorstandsmitglied Dominik Martin, der im Anschluss die rege Frage- und Diskussionsrunde moderierte, bei der zuerst eine allgemein mögliche Impfpflicht die Gemüter erregte. Während dabei zu bestimmten Berufsgruppen sichtlich Einigkeit herrschte, ergab der folgende Verlauf eine bunte Bandbreite. Die Palette reichte hier von Zukunftsprojekten über die Imagekampagne des Landes, den Fach- und Arbeitskräftemangel, die zurollende Pensionierungswelle sowie den Datenschutz bis hin zu Europa mit der großen Thematik der Zuwanderung plus Migration.
Der Gast aus Stuttgart, nicht zuletzt ja auch für diesen Bereich zuständig, führte dazu klar die derzeitige Situation vor Augen. Registrierte man bisher in diesem Jahr in Baden-Württemberg monatlich etwa 1000 Zugänge, so lauteten die Zahlen jüngst 1714 im September und fast 2900 im Oktober, vorwiegend aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Für 2021 gehe man daher im Bundesland insgesamt von bis zu 20 000 Zuweisungen aus und halte schon händeringend in allen Teilen gezielt Ausschau nach bestehenden oder künftigen Möglichkeiten zur Unterbringung.