Schon beim Eintreten in den kleinen Raum im Kapuzinerkloster gewinnt der Besucher den Eindruck, dass dort eifrig gearbeitet wird. Der Arbeitstisch ist mit einer Zeitung abgedeckt. Darauf stehen verschiedene Farben, liegen Pinsel und mehrere Entwürfe für künftige Ikonen. Die weiße Tageslichtlampe ist an.
Dahinter befindet sich auf einer Staffelei ein gerade vollendetes Werk, das auf goldenem Grund Maria mit Jesus zeigt. Doch selbst an diesem Ort der Ruhe hat der Pater mit weltlichen Problemen zu kämpfen.
"Ikonenmalerei erfordert hohe Konzentration. Wenn ich in meine Arbeit vertieft bin, kommt es schon öfters vor, dass das Telefon klingelt oder jemand an der Pforte läutet. Dass stört gewaltig", sagt der 54-Jährige, der 1985 in den Orden eintrat.
Vor zwei Jahren kam er in das Kapuzinerkloster in Bad Mergentheim und brachte seine Leidenschaft für die Ikonenmalerei mit. "Zuerst wurde ich von den anderen für mein Hobby etwas belächelt, doch mittlerweile haben sie gemerkt, wie ernst mir die Sache ist und erkundigen sich immer wieder neugierig, woran ich gerade arbeite." Vor vier Jahren fing alles an, mit dem Besuch eines Ikonenmalkurses.
Die Begeisterung, die die Ikonenmalerei entfachen würde, konnte sich Franz Beer damals nicht vorstellen. Vier bis sechs Stunden am Tag verbringt er in seiner Malstube, vorausgesetzt, es fällt nichts anderes an. "Wenn große Feste anstehen, muss das Hobby schon mal ruhen, aber zwischendurch findet sich zum Glück immer genügend Zeit." Auf diese Weise entstanden allein im letzten Jahr rund 20 Ikonen. Diese werden nicht gemalt, sondern geschrieben, wie der Fachmann sagt.
Bei dieser Kunst gebe es feste Vorgaben, wie die dargestellten Personen auszusehen haben. "Jede Farbe hat eine bestimmte Symbolik, die die göttliche und menschliche Natur widerspiegelt. So trägt Maria ein blaues Untergewand und ein rotes Obergewand, bei Jesus ist es gerade anders herum." Das hat aber auch seine Vorteile: "So weiß man gleich, mit welchem Heiligen man es zu tun hat", meint Franz Beer schmunzelnd.
Vorbilder für seine Motive, die in der Regel fest vorgegeben sind, findet Franz Beer in Fachbüchern oder in Ikonenkatalogen. Vor dem "Schreiben" steht eine umfangreiche Vorbereitung. Zunächst wählt Franz Beer den Untergrund, auf dem das Bild entstehen soll. "Dazu wird ein weiches Holz benötigt. Es muss astfrei und harzfrei sein. Ich verwende dafür Multiplexplatten aus verschiedenen Schichten aus dem Baumarkt."
Die wichtigsten Linien der ausgewählten Abbildung, wie Umrisse Schattenlinien und Gesichtskonturen überträgt Pater Franz Beer von einem Transparentpapier auf das mit Kreide grundierte Holzbrett. "Danach ziehe ich die Linien mit einer Mischung aus Ei-Emulsion, Wasser und Englischrot nach. Dabei dient das Ei als Bindemittel, das Wasser zur Verdünnung", erläutert der Experte.
Für das Auftragen von Gold muss der Untergrund mit einer speziellen Öltechnik vorbereitet werden. Erst danach beginnt das eigentliche Schreiben. Und auch da gibt es genaue Vorschriften. "Man beginnt bei den großen Flächen wie den Gewändern. Später kommen die Gesichter, Hände und andere kleinere Dinge", macht der Pater die Vorgehensweise deutlich. Angefangen wird mit der dunkelsten Farbe, die dann stufenweise aufgehellt wird. Je heller die Flächen werden sollen, desto kleiner sind sie. Dadurch entsteht am Ende der Eindruck von räumlicher Tiefe.
"Bei jeder Lasur kommt etwas mehr Weiß dazu, dass können am Ende bis zu 15 Schichten sein", erläutert der Kapuziner, der seine Ikonenmalerei als meditative Arbeit versteht. Erst die Betrachtung des fertigen Werkes im Schein von Kerzen verleihe einer Ikone ihre besondere Wirkung
Nach der Fertigstellung müssen die Werke ein Jahr ruhen "weil die Farbe immer noch fließt". Als Lagerplatz für die geistlichen Darstellungen hat er eine ganz weltliche Lösung gefunden. "Die fertigen Ikonen lagere ich in Obstkisten. Da passen sie genau rein und lassen sich gut stapeln."