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MAIN-TAUBER-KREIS: Mit leerem Tank fährt sich's nicht

MAIN-TAUBER-KREIS

Mit leerem Tank fährt sich's nicht

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    Teurer Sprit: Bei der Jet-Tankstelle in Tauberbischofsheim kosten zwei Schokoladen-Brötchen weniger als ein Liter Benzin.
    Teurer Sprit: Bei der Jet-Tankstelle in Tauberbischofsheim kosten zwei Schokoladen-Brötchen weniger als ein Liter Benzin. Foto: Foto: Axel herber

    Einige Nutzer hatten seit mehreren Tagen im sozialen Netzwerk Facebook zum bundesweiten Sprit-Boykott am 1. März aufgerufen. Die Initiatoren wollten damit nach eigenen Angaben niedrigere Benzinpreise erzwingen und den „Öl-Multis die Macht der Konsumenten zeigen“. Insgesamt hatten Medienberichten zufolge 1,3 Millionen Menschen bei der Aktion „Am 01.03.12 in ganz Deutschland nicht Tanken!!!!!!“ zugesagt. Doch im Kreis Main-Tauber blieb die von der Internet-Gemeinde erwartete Protestwelle aus. Ein möglicher Grund: Kaum jemand hat etwas von der Facebook-Aktion mitbekommen.

    Weniger Privatfahrten

    Die meisten Spritpreise bewegten sich am Donnerstagvormittag zwischen 1,53 und 1,55 Euro für Diesel und 1,67 und 1,68 Euro für Super-Benzin. Doch das ist scheinbar nicht hoch genug, um den Protestwillen der Autofahrer im Main-Tauber-Kreis zu wecken. In Königshofen will man jedenfalls nichts von einem Benzinstreik wissen: „Unsere Kunden haben bisher nicht auf den Boykott-Aufruf reagiert. Das liegt daran, dass der Deutsche nicht einfach so auf die Straße geht und demonstriert“, meint der Inhaber der Königshofener Shell-Tankstelle. „Und am Ersten des Monats wird immer getankt. Wenn der Preis im Laufe des Tages runter geht, schlagen sie sich hier die Köpfe ein.“

    Auch bei der FTS-Tankstelle am Ortseingang von Tauberbischofsheim vertraut man darauf, dass die Kunden stets dem günstigsten Preis folgen: „Man merkt zwar, dass es heute ruhiger ist als sonst. Aber das ist vor allem wegen der hohen Preise so“, sagt Tankstellen-Inhaber Roland Hauck. „Und so viele Leute sind gar nicht bei Facebook. Doch selbst wenn: Viele müssen einfach tanken.“ So wie Dieter Giesecke. Der Fahrlehrer wäre dem Boykott-Aufruf zwar gern gefolgt, konnte es aber aus beruflichen Gründen nicht. „Privat versuche ich natürlich schon, weniger zu fahren. Dann geht es eben am Wochenende nicht nach Würzburg“, meint er. In einer ähnlichen Zwickmühle zwischen beruflichen und privaten Interessen ist auch Norbert Klutz: „Ich wohne 40 Kilometer von meinem Arbeitsplatz entfernt und wenn der Tank leer ist, muss ich tanken – egal wie hoch der Preis ist.“ Er sehe jedoch gute Chancen, mit einem bundesweiten Tankstellen-Boykott eine Preissenkung erzwingen zu können. Nur in ländlichen Gegenden sei die Teilnahme an solchen Aktionen wegen der großen Entfernungen generell schwierig, glaubt Klutz.

    Der Rentner Jörg Zeitsmann aus Marbach kann sich ebenfalls für derartige Boykottaktionen begeistern. Grundsätzlich könne er allerdings nicht auf das Tanken verzichten, schließlich habe er private Verpflichtungen, für die er sein Auto dringend benötige. Stattdessen schlägt er vor, dass die Verbraucher aus Protest weniger als bisher tanken sollten. „Wenn alle in Deutschland zusammenhalten, kann man etwas bewegen“, ist sich der 70-Jährige sicher. Auch ein „Sternmarsch nach Berlin“ könne seiner Ansicht nach die Politik zum Handeln bewegen.

    Politik aufrütteln

    Karl-Heinz Tempel ist diesbezüglich eher skeptisch: „Ich habe wenig Hoffnung, dass sich die Lage in nächster Zeit bessert. Schließlich verlangt die Regierung selbst hohe Steuern für das Benzin. Und in Zeiten von Milliardenkrediten für Griechenland ändert sich das bestimmt nicht so schnell“, prognostiziert der Lauda-Königshofener.

    „Ein bisschen Aufrütteln“ täte der Politik ganz gut, meint dagegen Klaus Böxler. „Das ist Wahnsinn, was der Sprit gerade kostet. Privat fahre ich im Moment weniger und bewusster. Außerdem schaue ich ganz genau, welche Tankstelle aktuell am günstigsten ist“, sagt er. Agnes Stauder aus Niklashausen rät überdies zu vorausschauendem Tanken: „Wenn eine längere Reise ansteht, würde ich schlicht an den Tagen tanken, an denen es günstiger ist.“ Sie hoffe aber, dass die Bevölkerung nicht „auf der Brennsuppe dahergeschwommen ist, wie man in Bayern sagt“ und sich folglich nicht alles gefallen lässt.

    Der Pächter der Avia-Tankstelle am Ortseingang von Bad Mergentheim, Rainer Issler, dämpft jedoch zu hohe Erwartungen an die Macht der Verbraucher: „Die Kunden haben sich mittlerweile an das hohe Preisniveau gewöhnt. Wenn es nur fünf Cent billiger ist als jetzt, finden Sie hier keine freie Zapfsäule mehr.“ Er glaubt deshalb nicht, dass sich viele Autofahrer an der Boykott-Aktion beteiligen werden. Zumindest für den Kreis Main-Tauber scheint dies zuzutreffen, denn kaum einer der Befragten hatte überhaupt von dem Facebook-Aufruf gehört.

    Scheinbar einzige Ausnahme war an diesem Tag die Schülerin Ramona Schauer aus Bad Mergentheim, die wegen des Facebook-Appells bewusst auf das Tanken verzichtet hat. „Ich muss regelmäßig nach Tauberbischofsheim zur Schule fahren und spüre den hohen Spritpreis deutlich. Deshalb unterstütze ich derartige Aktionen gerne“, sagt sie – und fährt mit ihrem Auto davon.

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